Zunfthäuser zum Narren und Distelzwang
Ursprünglich zweigeteilt vereinigte sich die Adelsgesellschaft zum Narren und Distelzwang im 15. Jahrhundert in einer einzigen Stube.
Während bei den Handwerkerzünften (Handwerksgesellschaften) neben repräsentativen vor allem funktionale Überlegungen bei der Standortwahl ihrer Zunfthäuser eine Rolle spielten, verdeutlicht die Lage des Versammlungslokals der adligen Zunft zum Narren und Distelzwang, dass bei den Adelsgeschlechtern vor allem herrschaftlich-repräsentative Gründe im Vordergrund standen. Die ursprünglich in zwei separate Stuben geteilte Adelsgesellschaft besitzt noch heute ihre ursprünglichen Zunfthäuser an der oberen Gerechtigkeits- und Junkerngasse. Die Häuser befanden sich in nächster Nähe zur Pfarrkirche (Pfarrkirche von St. Vinzenz) und zum ersten Rathaus (Rathaus). Daneben waren sie vom Gerichtssitz des Schultheissen (Hochgerichtssitz des Schultheissen) und den bevorzugten Wohnlagen der Adelsgeschlechter schnell zu erreichen. Im rückwärtige Gebäude an der Junkerngasse versammelten sich die Stubengesellen zum Narren. Ihr Zunfthaus wird im Udelbuch von 1389 (Udelbuch von 1389) erstmals erwähnt.[1] Im vorderen Haus an der Junkerngasse betrieb Burkhard Spengler in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts eine Gastwirtschaft, dessen Hauszeichen möglicherweise ein Distelfink war.[2] Seit 1406 befand sich das Vorderhaus dann im Besitz der vereinigten Adelsgesellschaft, die sich zum Narren und Distelzwang nannte.[3] Während der Burgunderkriege 1474/75 verrechnete der Stadtschreiber und Stubenschreiber von Distelzwang Diebold Schilling des buwes wegen zum narren Einnahmen in der Höhe von 106 Pfund und 15 Schillingen. Zugleich wurden die Stubengesellen angewiesen, noch einmal einen bis zwei Gulden zu entrichten, damit man den buw könne bezalen.[4] In den offenen Lauben des Hauses zum Distelzwang versammelten sich Ratsherren, die an den Hochgerichtsprozessen in der Kreuzgasse teilnahmen. Das Zunfthaus der Adelsgesellschaft galt seit dem Mittelalter zudem als eine von Schultheiss und Rat anerkannte Freistatt für Schwerverbrecher, wo unschuld tröstende todschläger allda ire freiheit und sicherheit, wie von altershar kommen ist, suchen und haben.[5]
Roland Gerber, 17.02.2018
[1] Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 23.
[2] Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1383/II, S. 289 und 1384/1, S. 322; sowie Paul Hofer: Die Gesellschaftshäuser und Gaststätten in Bern (unveröffentlichtes Manuskript zu Kdm Bern VI in der Bibliothek der kantonalen Denkmalpflege), Bern 1964-1966.
[3] Gustav Tobler (Hg.): Verzeichnis der bernischen Ausbürger im Jahre 1406, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 11 (1886), S. 351-355.
[4] Eduard von Wattenwyl: Die Gesellschaft zum Distelzwang, in: Berner Taschenbuch (1865), S. 174-200, hier 194f.
[5] Urkunde vom 13. Januar 1640 in Paul Hofer: Die Gesellschaftshäuser und Gaststätten in Bern (unveröffentlichtes Manuskript zu Kdm Bern VI in der Bibliothek der kantonalen Denkmalpflege), Bern 1964-1966, Anm. 11 (Kapitel Distelzwang).