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Stadtbefestigungen

Die mit 18 Türmen und vier Stadttoren gesicherten Befestigungen im Westen der Stadt waren über einen Kilometer lang.

Das neben dem Bau des neuen Rathauses (Rathaus) 1406 bis 1417 teuerste kommunale Bauvorhaben des späten Mittelalters erwuchs Bürgerschaft und Rat mit der Errichtung der neuen Stadtbefestigungen im Westen der Stadt. Nach der militärischen Bedrohung während des Laupenkriegs von 1339/40 (Laupenkrieg von 1339) beschloss der Rat, die seit dem 13. Jahrhundert zwischen dem ehemaligen Gloggnertor, da nu die kebye ist[1], und dem Heiliggeistspital (Oberes Spital) entstandene Äussere Neustadt (Äussere Neustadt) mit dem Bau eines 1’100 Meter langen, schliesslich mit 18 Türmen und vier Stadttoren befestigten Mauerrings gegen Westen abzusichern.[2] Allein die Bauzeit der neuen Westmauer zog sich mit allen Anpassungen an die aufkommende Geschütztechnik von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis zum Ende des 15. Jahrhunderts hin. Noch 1473 summierte der Stadtschreiber Thüring Fricker einen Betrag von über 5’100 Gulden, der zwischen 1458 und 1473 allein für den Ausbau der Westbefestigungen aufgewendet worden war.[3] Das dominierendste Bauwerk der westlichen Stadtbefestigungen war bis 1865 das Obere Spitaltor. Der Torturm, der mit der Aufrichtung einer knapp zehn Meter hohen Christophorusfigur über dem inneren Torbogen am Ende des 15. Jahrhunderts in Christoffelturm umbenannt wurde, war der westliche Hauptzugang Berns.[4] Während das Obere Marzilitor als südliches Stadttor bereits 1628 den damals errichteten Schanzen weichen musste, fielen das Obere Spitaltor und das nördlich anschliessende Golatenmattgass- oder Aarbergertor im 19. Jahrhundert dem Bau des neuen Berner Hauptbahnhofes zum Opfer.[5]

Bau und Unterhalt der Stadtbefestigungen kosten viel Geld

Die ausserordentlichen, vor allem zu Baubeginn recht hohen Aufwendungen für die neue Westmauer sowie deren lange Bauzeit bedeuteten für Bürgerschaft und Rat eine langfristige Verwaltungsaufgabe, die sich nicht zuletzt auch in den regelmässigen Kosten für den Unterhalt der bereits fertiggestellten Mauerpartien und einem festen Bestand städtischer Bauhandwerker und Taglöhner ausdrückte. Um dieser neuen Verwaltungsaufgabe gerecht zu werden, liess der Rat die bisher noch weitgehend in die Ratsgremien integrierte Baubehörde wahrscheinlich um die Mitte des 14. Jahrhunderts zu einem städtischen Regiebetrieb mit eigener Rechnungsführung und eigenem Personalbestand ausbauen. Die Baubehörde wurde aus der übrigen Stadtverwaltung ausgeschieden und in eine eigenständige Verwaltungseinheit umgewandelt. Als wichtigste Einkünfte erhielten die Bauherren (Bauherren) verschiedene Boden- und Lehenszinse aus dem kommunalen Grundbesitz inner- und ausserhalb der Stadt zugesprochen.[6] Gleichzeitig wurde ihnen die Oberaufsicht über die kommunalen Werk- und Ziegelhöfe (Bauwerkhof), die Wassermühlen in der Matte (Mattenmühlen und Aareschwelle), die Sandsteinbrüche uf der santflu oberhalb der Untertorbrücke und am Gurten.[7] sowie über die an Bern angrenzenden Wälder Forst und Bremgartenwald übertragen. Unter die direkte Verwaltung der Bauherren gestellt wurden ausserdem die beiden Stadtwerkmeister (Stadtwerkmeister), deren Amt wahrscheinlich ebenfalls im Zusammenhang mit dem Bau der neuen Westbefestigungen auf die Ämter eines Holz- und Steinwerkmeisters erweitert worden war. Gleichzeitig erhielten sie einen eigenen Bauherrenschreiber zugeordnet, der den Schriftverkehr des Bauherrenamts erledigte.[8]

Roland Gerber, 10.02.2018



[1]    Heutiger Käfigturm.

[2]    Die erste urkundliche Erwähnung der nüwen stat zem heiligen geist oder ussren nüwenstatt findet sich im Oktober 1344; Paul Hofer: Die Wehrbauten Berns. Burg Nydegg und Stadtbefestigung vom 12. bis zum 13. Jahrhundert, Bern 1953, S. 38; sowie Kdm Bern I, S. 82-87 und 129-174.

[3]    Thüring Fricker nennt folgende Baumassnahmen: Item der turnn zu dem Obern Spital (1000 lb und mehr); Item zu Marsilien tut der buw (ca. 1200 lb); Item so tut der nüwbuw des grossen bollewercs bi der Zilstatt [Befestigungen unterhalb des heutigen Kunstmuseums] (ca. 3000 lb); Item die mur an der Ar bi den Predyern und die nüwe mur bi der Zilstatt, tut ungevärlich mitt allen andern büwen an der ringmur und letzinen beschechen (ca. 3000 lb); Item so tund die letzinen, als die uffgericht beschechen sind mit den bessrungen der türnen (ca. 1000 lb); Karl Howald (Hg.): Dr. Thüring Fricker's Aufzeichnungen über bernische Finanzen und Bauten, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 9 (1877), S. 200-208.

[4]    Vgl. dazu Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 163, S. 110; Kdm Bern I, S. 152-157; sowie Jürg Schweizer: Berns Stadtbefestigung – zwischen Funktion und Repräsentation, in: BGZ, S. 88-95.

[5]    Zum dritten Westabschluss vgl. Paul Hofer: Die Wehrbauten Berns. Burg Nydegg und Stadtbefestigungen vom 12. bis zum 13. Jahrhundert, Bern 1953, S. 38-54; sowie Kdm Bern I, S. 142-161.

[6]    Roland Gerber: Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern. Verwaltungs- und finanzgeschichtliche Untersuchung über das Bauherrenamt der Stadt Bern 1300 bis 1550 (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 77), Bern 1994, S. 26f.

[7]    Die Sandsteinbrüche in der Sandfluh und am Nordhang des Gurten gehörten schon im 13. Jahrhundert zum Grundbesitz der Stadt. Im so genannten Dominikaner Schenkungsbrief vom 20. Juli 1269 wird den nach Bern berufenen Ordensbrüdern das freie Benutzungsrecht der städtischen Steinbrüche ausdrücklich zuerkannt. Erst im 15. Jahrhundert wird im Zusammenhang mit dem Münsterbau der wohl ergiebigste Steinbruch, die so genannte Ostermundiger Grube, erschlossen; . Vgl. dazu Paul Hofer: Bauvorschriften im Alten Bern und die vier Sandsteinbrüche Berns, in: Fundplätze-Bauplätze, Basel/Stuttgart 1970, S. 70-79.

[8]    Der erste namentlich erwähnte Bauherrenschreiber war Konrad Justinger, der seit 1398 als Cunrad der schriber in den Quellen genannt wird. Im Jahr 1400 amtierte er nachweislich als Stadtschreiber und 1406 auch als Bauherrenschreiber; Bilanzenrechnung A, SAB_A_10_1, S. 194-196. Vgl. dazu auch Matthias Sulser: Der Stadtschreiber Peter Cyro und die bernische Kanzlei zur Zeit der Reformation, Bern 1922, Beilage 1, S. 235.

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