Stadthäuser auswärtiger Klöster
Die Stadthöfe auswärtiger Klöster besassen für Stadtbevölkerung und geistliche Orden eine wichtige ökonomische Bedeutung.
Die in der Umgebung von Bern begüterten Klöster unterhielten im 15. Jahrhundert insgesamt 13 Stadthäuser (Udelbesitz der Ausbürger). Diese nutzten sie als Herbergen und Verwaltungsmittelpunkte ihrer ausgedehnten Grundbesitzungen in der Nachbarschaft der Stadt.[1] Die Klosterhöfe waren gleichzeitig Residenz wie Herrschaftszentrum. In den Stadthöfen residierten die Ordensgeistlichen, wenn sie nach Bern kamen, um mit Bürgern und Einwohnern Geschäfte abzuwickeln oder wenn sie als Ausbürger (Ausbürger) den Rechtsschutz des kommunalen Gerichts beanspruchten. Die Stadthöfe waren aber auch Zufluchtsorte für die Klostergemeinschaften, die sich in Kriegszeiten hinter die Stadtmauern flüchteten und ihre Reliquien in der Stadt in Sicherheit brachten.[2] Neben Schlaf- und Wohnräumen befanden sich in den Klosterhöfen häufig auch Vorratsspeicher, in denen die von den Mönchen erwirtschafteten landwirtschaftlichen Erzeugnisse wie Korn oder Wein gelagert wurden.
Während die Klöster ihre landwirtschaftlichen Produkte auf diese Weise gewinnbringend auf dem städtischen Markt (Märkte) anbieten konnten, erhielten Schultheiss und Rat die Möglichkeit, in Not- und Kriegszeiten auf die reichen Korn- und Weinvorräte der geistlichen Niederlassungen zurückzugreifen, um dadurch Hunger und soziale Unruhen innerhalb der Bürgerschaft zu verhindern. Diese wichtige ökonomische Bedeutung der Klosterhöfe zeigte sich auch darin, dass der Rat deren weltliche Verwalter, die so genannten Klosterschaffner, wahrscheinlich bereits im 13. Jahrhundert dazu ermächtigte, ihr Korn ausser auf den kommunalen Märkten auch direkt in ihren Häusern an die Stadtbevölkerung zu verkaufen.[3] Zudem verwalteten einzelne Ratsmitglieder als so genannte Kastvögte die wirtschaftlichen Angelegenheiten der in der Umgebung Berns begüterten geistlichen Niederlassungen.[4]
Roland Gerber, 17.02.2018
[1] Zu Funktion und Bedeutung mittelalterlicher Klosterhöfe vgl. Reinhard Schneider, Stadthöfe der Zisterzienser. Zu ihrer Funktion und Bedeutung, in: Zisterzienser-Studien IV (Studien zur europäischen Geschichte 14), Berlin 1979, S. 11-28.
[2] Im Jahre 1303 sahen sich beispielsweise die Benediktinermönche von Trub im Emmental dazu genötigt, ihre Reliquien vor den Übergriffen Thüring von Brandis nach Bern in Sicherheit zu bringen; FRB/4, Nr. 106, S. 118 (15. Januar 1303).
[3] Noch im 15. Jahrhundert räumte der Rat den städtischen Klosterhöfen das Recht ein, ir korn in irn hüsern zu verkaufen. Sie durften mit ihren Getreidevorräten jedoch nicht spekulieren; SSRQ Bern VIII/1, Nr. 8, S. 10f.
[4] Urs Martin Zahnd: Bern im Spätmittelalter. Das städtische Umfeld des Münsters, in: «Machs na». Materialien zum Berner Münster, Bd. 2, Bern 1993, S. 203-220, hier 214f.