Krattingerhaus
Die Beginen in dem 1356 gestifteten Krattingerhaus verlegten ihre Tätigkeit von der Krankenpflege auf die Pflege des Gedächtnisses der Stifterfamilie.
Ins Jahr 1356 fällt die Stiftung Peter Krattingers.[1] Dieser vermachte sein Wohnhaus an der Herrengasse westlich des Michaelstürlis sechs swestren mit namen regelswestren vom dritten orden Barfussen ordens. Nach der Stiftungsurkunde sollten die Beginen bei der Aufnahme ein Gelübde ablegen, in dem sie sich zum gemeinschaftlichen Leben an einem Tisch und in einem Schlafsaal verpflichteten. Das reiche Stiftungsgut des Krattingerhauses gehörte allen sechs Schwestern, deren Seelsorge, wie dies auch bei den anderen Beginenhäusern (Beginenhäuser) der Fall war, den Deutschordenspriestern in der Leutkirche (Pfarrkirche von St. Vinzenz) übertragen wurde. Obwohl das Nutzungsrecht des Krattingerhauses 1356 ebenfalls dem Niederen Spital (Niederes Spital) und dessen Vogt zufiel, verlagerte sich die Tätigkeit dieser Beginen seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von der aktiven Krankenpflege zunehmend auf die liturgische Pflege des Gedächtnisses der Stifterfamilie. So mussten die Schwestern nach dem letzten Willen Peter Krattingers jeden Tag sieben Paternoster und Ave Marias für das Seelenheil seiner Familie sprechen, deren Jahrzeit sie auf seinem Grab zu begehen hatten. Das 1405 abgebrannte Krattingerhaus wurde zu den gleichen Bedingungen wieder aufgebaut wie das Beginenhaus an der Brücke (Schwestern an der Brücke).
Roland Gerber, 17.02.2018
[1] Kathrin Utz Tremp: Die Beginen in der Stadt Bern, in: Die Beginen und Begarden in der Schweiz, hg. von Cécile Sommer-Ramer (Helvetia Sacra, Abt. 9, Bd. 2), Basel/Frankfurt 1995, S. 248-311, hier 304-308.