Beginen am Pfarrkirchhof
Die Beginengemeinschaft bei der St. Vinzenzkirche wurde 1342 in das Frauenkloster zum Rüwental umgewandelt.
Ursprünglich nicht den Franziskanern sondern den Deutschherren unterstanden die Beginen am Pfarrkirchhof.[1] Ihr Haus fiel 1428 dem Neubau des Deutschordenshauses am Südrand des heutigen Münsterplatzes (Pfarrkirche von St. Vinzenz) zum Opfer. Die Beginen beim Pfarrkirchhof waren die neben den Schwestern an der Brücke (Schwestern an der Brücke) älteste Beginengemeinschaft Berns. Ihre Bewohnerinnen rekrutierten sich seit ihrer ersten Nennung 1301 vornehmlich aus den wohlhabenden Bürgergeschlechtern der Stadt. Im Unterschied zu den Beginenhäusern (Beginenhäuser) an der Junkerngasse, deren Gründung eng mit dem Schultheissen Johannes II. von Bubenberg (Johannes II. von Bubenberg) und dem Deutschordenspriester Diebold Baselwind verbunden war, werden bei der Schwesterngemeinschaft beim Pfarrkirchhof die beiden nichtadligen Schultheissen Konrad und Laurenz Münzer (Münzer) als deren städtische Vögte genannt.
Aufteilung in eine «Obere und Untere Samnung»
Zwischen 1322 und 1333 kam es zu einer kurzfristigen Abspaltung eines zweiten Beginenhauses, das sich nach seinem neuen Standort an der Herrengasse die «Obere Samnung» nannte und wahrscheinlich zu der vom Rat abgelehnten Drittordensregel der Franziskaner überwechselte.[2] Auf Betreiben des Leutpriesters Diebold Baselwind wurde die Obere Samnung schon bald nach ihrer Gründung wieder aufgehoben. Nachdem auch Laurenz Münzer um 1336 als Vogt abgelöst worden war und sich der Besitzstand der Beginen beim Pfarrkirchhof durch Stiftungen und Erwerbungen erheblich vergrössert hatte, wandelte der Rat die Schwesterngemeinschaft 1342 schliesslich in ein eigentliches Frauenkloster um. Die Nonnen unterstellte er direkt dem Leutpriester von St. Vinzenz. Das Frauenkloster im Rüwental, wie die Schwesterngemeinschaft nach ihrer Inkorporation in den Deutschen Orden genannt wurde, fiel 1405 wie die übrigen Beginenhäuser an der Herrengasse dem grossen Stadtbrand (Grosser Stadtbrand von 1405) zum Opfer. Auf einen Wiederaufbau der Klostergebäude scheint in der Folge verzichtet worden zu sein. Denn als 1428 mit dem Neubau des Deutschordenshauses begonnen wurde, musste nur noch eine einzelne Ordensschwester mit einer Leibrente abgefunden werden.[3] Nach dem Stadtbrand dürfte dann auch noch die vierte Gemeinschaft von Beginen hinter dem Chor der Franziskanerkirche (Franziskanerkirche) verschwunden sein. Die Frauen lebten nach dem Tellbuch von 1389 (Telle von 1389) in der nördlichen Häuserzeile der Herrengasse.[4] Die Lage dieses wahrscheinlich spontan entstandenen Beginenhauses lässt vermuten, dass auch diese Schwesterngemeinschaft der Drittordensregel der Franziskaner angehörte.
Roland Gerber, 17.02.2018
[1] Ebda., S. 274-280.
[2] Ebda., S. 280-282.
[3] Heinrich Türler: Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart, Bern 1896, S. 37.
[4] Das Tellbuch nennt mit swester Hemmi, swester Greda und swester Anna drei Beginen, die gemeinsam ein Haus an der Herrengasse bewohnten; Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Tellbücher der Stadt Bern aus dem Jahre 1389, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 14 (1896), S. 505-704, hier 520.