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Kawertschensteuer

Mit der Leistung der Kawertschensteuer erwarben christliche Geldverleiher den Schutz der Stadtgemeinde.

Die besondere Rechtsstellung der oberitalienischen und südfranzösischen Geldverleiher als Gedingbürger (Gedingbürger) zeigt sich darin, dass diese seit dem 13. Jahrhundert dazu verpflichtet waren, an den königlichen Stadtherren eine jährliche Abgabe, die so genannte Kawertschensteuer, zu entrichten.[1] Nachdem diese Steuer von Kaiser Heinrich VII. 1312 an Graf Hugo von Buchegg verpfändet worden war, ging sie 1315 zusammen mit dem Zoll für 120 Mark Silber in den pfandweisen Besitz der Stadt Bern über.[2] 1331 erwarb der Rat dann sämtliche Nutzungsrechte an Zoll und Kawertschen, während Hugo von Buchegg endgültig auf die Wiedereinlösung seiner Pfandschaft verzichtete.[3] Mit dem Kauf der Kawertschensteuer erhielten Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) das Recht, Gewinne aus dem Wechselgeschäft dem eigenen Finanzhaushalt zuzuführen und die Geldkaufleute (Geldhändler und Wechsler) der ausschliesslichen Zuständigkeit des Stadtgerichts (Stadtrecht) zu unterstellen. Gleichzeitig konnte der Rat auswärtige Geldwechsler ins Bürgerrecht (Aufnahme ins Bürgerrecht) aufnehmen, um diese zur Leistung von Steuern und Diensten sowie zur Bezahlung des jährlichen Udelzinses (Udelzins und Burgermäss) zu verpflichten. Im Gegenzug genossen die Geldwechsler den besonderen Rechtsschutz der Bürgerschaft, die ihnen das Monopol ihrer Wechselgeschäfte garantierte.

Die Geldwechsler hatten seit 1331 eine erhebliche fiskalische Bedeutung für die Stadt Bern. Nach den seit 1375 überlieferten Säckelmeisterrechnungen (Säckelmeister) bezahlten sie 1376 einen Zins von 150 Pfund für die Nutzung ihrer Wechselbank.[4] Weitere Einnahmen brachte die Einbürgerung des vermögenden Geldkaufmanns Vinzenz von Troya, der 1379 bis 1382 regelmässig 5 Gulden Udelzins von sinem burgrecht an den Säckelmeister entrichtete.[5] Auch Peter Gutweri (Familie Gutweri) besass 1389 ein Udel (Udel) im Wert von 50 Gulden auf dem Wohnhaus des vermögenden Bürgers Burkhard Stettler an der Kramgasse, wofür er ebenfalls einen jährlichen Udelzins von 5 Gulden bezahlte (Udelhäuser der reichen Adels- und Notabelngeschlechter).[6] Erstmals ausdrücklich als Gedingbürger genannt werden einzelne Lombarden 1383, als der Rat die Aufenthaltsbewilligung der in Bern lebenden italienischen Geldwechsler für weitere 20 Jahre bestätigte.[7] Der Säckelmeister bestätigte, dass ihm die nuwen lampartern einen Betrag von 2’000 Gulden überwiesen und dadurch die Kawertschensteuer für die nächsten zehn Jahre bezahlt hätten.[8] Gleichzeitig gewährten ihm die in der Stadt ansässigen Lombarden einen Kredit von insgesamt 4’710 Gulden, von dem allein Stefan Lamparter 2’710 Gulden zur Verfügung stellte.[9] Auch während des Burgdorferkriegs von 1383 (Burgdorferkrieg von 1383) scheint den Lombarden eine wichtige Rolle als Vermittler zugekommen zu sein. Die Italiener nutzten ihre persönlichen Beziehungen zu ihrer Heimat, um Kredite für die verschuldete Stadt bereitzustellen. 1383 reiste Stefan Lamparter ein erstes Mal mit verschiedenen Bürgern nach Oberitalien, umb daz gelt ze werben von dien lamparten.[10] 1384 waren es dann Peter Ross und Anton Lamparter, die der Rat bat, ze riten gan Lamparten, in Welschland und anderswa, um neue Darlehen zu beschaffen. Anton Lamparter erhielt zugleich den Auftrag, einen neuen Münzmeister (Münzmeister) anzuwerben, damit die anstehende Reform des bernischen Münzwesens durchgeführt werden konnte (Kampf gegen Teuerung und Inflation).[11] Die Geldkaufleute handelten auf ihren Reisen im offiziellen Auftrag von Schultheiss und Rat, die sie gegen Übergriffe anderer Herrschaftsträger schützten. Als Solothurn Anton Lamparter 1379 von den falschen gulden wegen gefangen setzte, übernahm der Rat den Rechtsschutz seines Gedingbürgers und forderte die Nachbarstadt auf, den Gefangenen unverzüglich freizulassen.[12]

Roland Gerber, 14.07.2018



[1]    Im Jahr 1269 verpflichteten sich die in Bern ansässigen italienischen Geldwechsler, dem Stadtherren Graf Philipp von Savoyen eine jährliche Kawertschensteuer von 60 Pfund zu bezahlen; J. J. Amiet: Die französischen und lombardischen Geldwucherer des Mittelalters, namentlich in der Schweiz, Zürich 1877, S. 54.

[2]    FRB/4, Nr. 491, S. 514 (8. Juli 1312) und Nr. 621, S. 639 (15. August 1315). Der Ertrag der Steuer wurde auf jährlich 12 Mark Silber veranschlagt; J. J. Amiet: Die französischen und lombardischen Geldwucherer des Mittelalters, namentlich in der Schweiz, Zürich 1877, S. 56.

[3]    SSRQ Bern III, Nr. 37b, S. 66f. (8. Mai 1331). 1348 bestätigte König Karl IV. der Stadt Bern den Besitz verschiedener königlicher Pfandschaften, wozu auch der zol und di kauwersin zu Bern gehörten; SSRQ Bern III, Nr. 67c, S. 146f. (16. Februar 1348).

[4]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1376/I, S. 38.

[5]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1379/II, S. 128 und 1382/I, S. 204. Vgl. dazu auch den Burgrechtsvertrag Vinzenz von Troyas und Friedrich von Rochas im Udelbuch von 1389: [...] sint burgere mit 50 guldin an dem huse zwischent dem von Burgenstein und Sunnenfro und sullent jerlich den burgern 5 guldin geben fur telle, wacht und ander ding, und geben si das burgrecht uff oder si sich da von liessin klagen und wisen, so sint die 50 guldin dien burgern gevallen, teti es aber eine, so ist das gelt halber gevallen, bedorftin si och den burger uff tagen, dz sol beschechen in irem kosten, wurde ouch ieman uff si klagende oder uff dewedern, dz mugent si verantwurten mit einem botten, dem si vollen gewalt geben ze gewinnen und ze verlieren; Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 145. Vinzenz von Troya besass ein weiteres Haus in der Stadt Solothurn, das er 1404 für 130 Gulden an die dortige Maurer- und Zimmerleutezunft verkaufte; J. J. Amiet: Die französischen und lombardischen Geldwucherer des Mittelalters, namentlich in der Schweiz, Zürich 1877, S. 69. Zur Familie von Rocha vgl. ebda. S. 213-215.

[6]    Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 319. Burkhard Stettler versteuerte 1389 ein Vermögen von 600 Gulden; Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Tellbücher der Stadt Bern aus dem Jahre 1389, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 14 (1896), S. 505-704, hier 548.

[7]    1389 besassen die Lombarden zwei Häuser in exklusiver Wohnlage an der unteren Kramgasse und an der oberen Gerechtigkeitsgasse in nächster Nähe zur Kreuzgasse; Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 117 und 190.

[8]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1383/I, S. 251.

[9]    Stefan Lamparter schien ein sehr vermögender Mann gewesen zu sein. 1383 war es ihm möglich, den Freiherren von Bechburg ein Reitpferd im Wert von 63 Pfund zu verkaufen; Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1383/I, S. 265. 1383 wird ein Kleriker namens Steffann Guttverer als Mitglied des Johanniterordens genannt, der zusammen mit seinem Mitbruder Hessen Slegelholtze dem Berner Rat ein Darlehen von 3’508 Gulden gewährte; FRB/10, Nr. 458, S. 230f. (14. August 1383).

[10] Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1375-1384, Bern 1896, hier Stadtrechnungen 1383/I, S. 268.

[11] Ebda.: Stadtrechnungen 1384/I, S. 329f.

[12] Ebda.: Stadtrechnungen 1379/II, S. 141.

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