Endgültige Vertreibung 1427
Die Juden werden 1427 als unliebsame Konkurrenz der christlichen Geldkaufleute endgültig aus der Stadt verwiesen.
Nachdem die schwersten Schäden des Stadtbrands von 1405 (Grosser Stadtbrand von 1405) behoben waren und sich auch die finanzielle Situation Berns wieder allmählich zu erholen begann, kam es zu neuen Anfeindungen gegen die Juden (Juden), die nach der Meinung einer Mehrheit der Bürger endgültig vertrieben werden sollten.[1] Deutlich manifestiert sich diese gegen jüdische Kreditgeschäfte gerichtete Gesinnung in der um 1420 verfassten Stadtchronik Konrad Justingers. Der Chronist, der zu Beginn des 15. Jahrhunderts selbst Darlehen an einzelne Mitbürger gewährte, wandte sich dezidiert gegen die Aufnahme jüdischer Geldhändler ins kommunale Bürgerrecht.[2] Er beklagte sich darüber, daz waz ungefelles die stat Bern sider [seit dem Pogrom von 1293] angangen sye von grossen brünsten oder ander sachen, daz man daz von dien juden hab. Des Weiteren drohte er, die juden sint doch die, die unsrem herren got und herren jesu Christi und marien siner lieben muter fluchent, bosheit laster und schand von in [ihnen] redent; den git man brief und ingesigel, daz si geschirmet söllen werden zu dem unrechten. Der daran schuld het, der sol rach bevinden am jüngsten gerichte, da kein miet hilft noch kein gewalt.[3] Am 10. Mai 1427 entsprach der Rat schliesslich den Forderungen der Bürger und beschloss, zu lob und ere dem almechtigen got, siner lieben muter und allen heiligen zukünftig weder juden noch lamparten, offen wuchrer, in unser stat Bern noch in andren unsern stetten noch lendren mehr als Bürger oder Einwohner aufzunehmen.[4] Nach Meinung des Rats verleugneten zwar Lombarden im Unterschied zu Juden weder Gott noch den christlichen Glauben, diese hätten aber wie jüdische Geldverleiher (Geldhändler und Wechsler) mit irem offennen wucher gemeinem land grossen schaden zugefügt. Die italienischen Geldkaufleute sollten deshalb wie die Juden aus der Stadt gewiesen werden.[5]
Roland Gerber, 14.07.2018
[1] Vgl. dazu Markus J. Wenninger: Man bedarf keiner Juden mehr. Ursachen und Hintergründe ihrer Vertreibung aus den deutschen Reichsstädten im 15. Jahrhundert (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 14), Wien/Köln/Graz 1981.
[2] Gustav Tobler: Zur Geschichte der Juden im alten Bern bis 1427, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 12 (1889), S. 336-367, hier 352-360.
[3] Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 49, S. 29f.
[4] SSRQ Bern I/2, Nr. 51, S. 26f.
[5] 1436 beschloss auch der Zürcher Rat, in Zukunft keine Jüdinnen und Juden mehr in der Stadt zu dulden; Bruno Koch: Neubürger in Zürich. Herkunft und Entwicklung der Bürgerschaft der Stadt Zürich im Spätmittelalter 1350 bis 1550, Weimar 2002.