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Juden

Von 1259 bis zu ihrer endgültigen Vertreibung 1427 liessen sich immer wieder jüdische Geldverleiher und Ärzte für eine gewisse Zeit in Bern nieder.

Seit 1259 erscheinen in Urkunden jüdische Geldverleiher, die wie Josef der Jude Kreditgeschäfte (Geldhändler und Wechsler) in Bern abwickelten.[1] Als Schuldner werden neben stadtsässigen Bürgern vor allem adlige Grund- und Gerichtsherren (Weltliche und geistliche Gerichtsherren) genannt. Diese konnten ihren Verpflichtungen jedoch nur selten nachkommen, sodass sie ihre verpfändeten Besitzungen auf dem Land in immer grösser Zahl an die stadtsässigen Geldverleiher abtreten mussten.[2] Zu den in Schuldbriefen erwähnten Personen gehörten auch führende Ratsherren wie Heinrich von Kien, Konrad I. von Bubenberg und Heinrich von Kramburg. Es kam deshalb zu Anfeindungen gegen Juden und norditalienische Geldverleiher, den so genannten Kawertschen (Lombarden und Kawertschen), die als offen wucherer diffamiert wurden.[3] Bereits vor Ausbruch der Feindseligkeiten gegen König Rudolf I. 1288 führte die unsichere finanzielle Lage der Stadt sowie einzelner Bürger zu Anschuldigungen gegen Juden und Lombarden. Bei der Neubesetzung der Ratsgremien an Ostern 1284 erzwangen unzufriedene Bürger die Niederschrift einer Satzung zur Beschränkung des Geldverleihs. In dieser wurden Geldverleiher, judo oder cristan, angewiesen, dass fällige Schulden nur noch bis zu höchstens einem Jahr über den ausgemachten Zahlungstermin hinaus eingefordert werden durften. Danach sollten Bürger von jeglichen Geldforderungen befreit bleiben.[4]

Die restriktiven Bestimmungen dieser zweitältesten in den Stadtrechtsbüchern überlieferten Satzung machen deutlich, dass Geldgeschäfte mit dem Aufschwung von Handel und Gewerbe seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Bern erheblich zunahmen. Eine immer grössere Zahl von Personen geriet auf diese Weise in Abhängigkeit der in der Stadt ansässigen Juden und norditalienischen Geldverleiher.[5] Auch die Stadtkasse bedurfte immer grösserer Geldmittel, um die wachsenden Aufwendungen für Kriege, Verwaltung und Baumassnahmen finanzieren zu können. Schultheiss und Rat waren deshalb ebenfalls auf Kredite bei den Geldverleihern angewiesen. Sie liessen sich die fristgerechte Rückzahlung ihrer Kredite durch die mit Bern verburgrechteten Klöster (Stadthäuser auswärtiger Klöster) und die Bettelorden verbürgen.[6]

Roland Gerber, 14.07.2018



[1]    Vgl. dazu Michael Toch: Zur wirtschaftlichen Lage und Tätigkeit der Juden im deutschen Sprachraum des Spätmittelalters, in: Judengemeinden in Schwaben im Kontext des Alten Reiches, hg. von Rolf Kießling (Colloquia Augustana 2), Berlin 1995, S. 38-50.

[2]    Gustav Tobler: Zur Geschichte der Juden im alten Bern bis 1427, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 12 (1889), S. 336-367, hier 342-344.

[3]    SSRQ Bern I/2, Nr. 101, S. 47 (9. April 1284).

[4]    Ebda.

[5]    Ein Beispiel für eine solche Abhängigkeit zwischen jüdischen respektive christlichen Geldverleihern und Berner Bürgern findet sich in einem Bürgschaftsvertrag aus dem Jahre 1282. In diesem garantierten Juden und Kawertschen die Rückzahlung eines ausstehenden Darlehens von 20 Mark Silber gegen die Leistung eines Wochenzinses von 5 Pfennigen auf eine Mark; FRB/3, Nr. 351, S. 336f. (13. Oktober 1282).

[6]    FRB/3, Nr. 609, S. 600 f. (Dezember 1294) und Nr. 635, S. 625f. (7. August 1295); sowie Rudolf Fetscherin: Die Gemeindeverhältnisse von Bern im 13. und 14. Jahrhundert (Abhandlungen des Historischen Vereins des Kantons Bern 2, Heft 1), Bern/Zürich 1851, S. 63-68.

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