Stadtwerkmeister
Der Stadtwerkmeister gehörte zu den ältesten Behörden der Stadt und umfasste auch militärische Aufgaben.
Die fachliche Leitung der kommunalen Baubetriebe lag seit dem beginnenden 14. Jahrhundert bei den städtischen Werkmeistern. Sie bildeten die eigentlichen Baufachleute der Stadt Bern und waren als gelernte Zimmer-, Maurer- oder Steinmetzmeister für die fachgerechte Durchführung der vom Rat und den Bauherren (Bauherren) in Auftrag gegebenen Bauvorhaben verantwortlich. In den Säckelmeisterrechnungen (Säckelmeister) wird zwischen einem Holzwerkmeister und einem Steinwerkmeister, dem eigentlichen Stadtwerkmeister unterschieden. Dabei kommt ihnen neben ihrer Tätigkeit als Baufachleute auch bedeutende militärische Funktionen zu, die sie neben den Büchsenmeistern zu den eigentlichen Belagerungsfachleuten Berns machten. Dieser militärischen Bedeutung ist es zuzuschreiben, dass das Amt des Stadtwerkmeisters, jedenfalls in der Person eines Zimmermeisters, bereits vor der Wahl der ersten Baubehörde entstanden war. Konrad Justinger erwähnt bei der Belagerung von Wimmis im Jahre 1303 einen Meister Burkhard und einen Meister Rieder, die eine holzmetza und einen esel anfertigten.[1] Meister Burkhard erscheint auch in den folgenden Belagerungskriegen Berns immer wieder als Hersteller von Belagerungsmaschinen und Schutzdächern. 1333 wird er vom Rat sogar in die befreundete Stadt Strassburg gesandt, wo er einen böffel und eine katze anfertigte. In Strassburg war man von den technischen Fähigkeiten des bernischen Werkmeisters daraufhin derart begeistert, dass ihm der Strassburger Rat sogar versprochen haben soll, einen lebenslänglichen Jahressold auszurichten.[2] Während des Laupenkriegs von 1339 (Laupenkrieg von 1339) wurde Meister Burkhard schliesslich ein letztes Mal vom Rat mit dem Bau von Wurfmaschinen und Schutzdächern beauftragt.[3]
Aufsicht über Bauhandwerker und Tagelöhner
Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts kontrollierten die Stadtwerkmeister die im Dienste der Stadt arbeitenden Bauhandwerker und Tagelöhner und wiesen ihnen die täglich zu verrichtenden Arbeiten zu. Gleichzeitig oblag ihnen die Aufsicht über den städtischen Holz- und Steinwerkhof (Bauwerkhof), in denen die wichtigsten auf den Baustellen benötigten Arbeitsgeräte sowie diverse Baumaterialien, nach Stein- und Holzbearbeitung getrennt, aufbewahrt wurden. Die Werkmeister mussten den Bauherren bei ihrem Amtsantritt schwören, keine Werkzeuge oder Baumaterialien ohne deren Erlaubnis aus den städtischen Werkhöfen auszuleihen oder zu verkaufen. Sie unterstanden den Bauherren und hatten wie diese dafür zu sorgen, dass die von ihnen ausgegebenen Werkzeuge und Arbeitsgeräte nicht beschädigt wurden oder verloren gingen.[4] Des Weiteren gehörte es zu den Pflichten der Werkmeister, die Werkleute und Tagelöhner auszuwählen und anzustellen. Je nach Baumassnahme konnte ihre Zahl von den Werkmeistern nach Anfrage bei den Bauherren vergrössert und mit auswärtigen Baufachleuten ergänzt werden. Ausserdem hatten sie das Anrecht auf zwei, seit 1522 nur noch auf einen Lehrling.[5] Waren die Bauherren mit den von den Werkmeistern eingestellten Werkleuten jedoch nicht zufrieden, mussten diese umgehend durch andere ersetzt werden.[6]
Die Stadtwerkmeister führten auch private Bauaufträge aus
Die ordentliche Jahresbesoldung des Steinwerkmeisters betrug in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 10 Pfund, die er an den vier Fronfasten aus dem Stadtsäckel ausbezahlt erhielt. Zusätzlich empfing er jährlich einen Naturallohn von 12 Mütt Dinkel aus dem Bauherrenkornhaus. Daneben stellte ihm die Stadt ein Reitpferd zur Verfügung, für dessen Fütterung er jährlich 6 Mütt Futterhafer aus dem städtischen Kornhaus beziehen konnte.[7] Weitere regelmässige Einkünfte von insgesamt 4 Pfund und 16 Schillingen entstanden dem Steinwerkmeister ausserdem aus den jährlichen Rundgängen durch die Stadt, an denen er zusammen mit den Bauherren und anderen Bauhandwerkern den baulichen Zustand der kommunalen (Kommunale Gebäude) und privaten Gebäude inspizierte, sowie bei den von ihm und einem Dachdecker durchgeführten Ziegelschatzungen. Dazu kamen noch diverse Reitlöhne und Auftragslöhne für auswärtige Baumassnahmen (Bauaufsicht in Stadt und Land).[8] Zusätzlich zum verordneten Grundlohn erhielten die Stadtwerkmeister jede grössere Baumassnahme vom Rat einzeln verdingt und ausbezahlt. Bauaufträge von privater Seite durften sie aber nur ausnahmsweise und mit der ausdrücklichen Bewilligung von Bauherren und Rat ausführen.[9]
Roland Gerber, 21.07.2018
[1] Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 66.
[2] Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 128.
[3] Zu Meister Burkhard vgl. ausserdem Gottlieb Studer (Hg.): Die Berner Chronik des Conrad Justinger, Bern 1871, Nr. 102 und 114; sowie die ausführlichen Erläuterungen bei Hans Morgenthaler: Bilder aus der älteren Geschichte der Stadt Bern, Bern 1935 (2. Auflage), S. 139-142. Letztmals erwähnt wird Meister Burkhard im Jahre 1348, als er vom Twingherren Konrad von Scharnachtal ein Mannlehen in Kleinhöchstetten verliehen erhielt; FRB/7, Nr. 354, 7. April 1348. Vgl. ausserdem FRB/6, Nr. 421 (27. April 1338) und Nr. 679 (8. Mai 1342), wo Meister Burkhard der werchmeister als Zeuge aufgeführt wird.
[4] SSRQ Bern Stadt V, Artikel 17, S. 36 (Werkmeistereid um 1473).
[5] SSRQ Bern Stadt V, Anm. 1, S. 39 (23. Mai 1522).
[6] Bauherrenordnung von 1473; SSRQ Bern Stadt V, Artikel 10 und 11, S. 35. Zu den Aufgaben und Pflichten der Stadtwerkmeister seit dem 16. Jahrhundert vgl. ausserdem Benedikt Bietenhard: Verwaltungsgeschichtliches zum bernischen Bauwesen im 18. Jahrhundert, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 36 (1974), S. 65-108, hier 78f.
[7] Dienstvertrag des Steinwerkmeisters Hans Vögeli vom 9. April 1507 in SSRQ Bern Stadt V, S. 39.
[8] Säckelmeisterrechnungen von 1534 bis 1540, Staatsarchiv Bern, B VII 455 und 456.
[9] Aus dem 15. Jahrhundert hat sich nur ein Anstellungsvertrag eines städtischen Werkmeisters erhalten. Am 30. Juni 1479 ernannte der Rat den Bildhauermeister Erhard Küng zum neuen Stadtwerkmeister über das Steinwerk. Schultheiss und Rat verpflichteten sich, dem Werkmeister aller jar, järlichen uff Sannt Andreas tag [30. November], acht tag vor oder nach ungevärlich, zwentzig pfund unnsers müntz zu weren und richten, und darzu sechs mutt haberen [Hafer] und sechs mutt dinckels, und darzu einen guten rock. Zusätzlich sollte er für sin arbeit einen regelmässigen Taglohn ausbezahlt erhalten, solange er für die Stadt arbeitete, zitiert nach Franz-Josef Sladeczek: Erhart Küng. Bildhauer und Baumeister am Münster zu Bern (um 1420-1507), Bern/Stuttgart 1990, S. 15.