Rathauswirt und Rathausweibel
Der Rathauswirt oder Rathausweibel kümmerte sich um das leibliche Wohl der Ratsherren und deren Gäste.
Der Rathauswirt oder Rathausweibel genoss das besondere Vertrauen von Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat). Er und seine Familie lebten nicht nur in einer eigenen Dienstwohnung im zweiten Obergeschoss des Rathauses (Rathaus), sondern er reinigte auch die verschiedenen Räume und Zimmer, schenkte den Ratsherren und deren Gästen Wein aus, sorgte für Ruhe und Ordnung während Ratssitzungen und überbrachte bei Bedarf vertrauliche Nachrichten an benachbarte Städte und Herren. Zwischen 1440 und 1454 übte Ludwig Krummenacher dieses verantwortungsvolle Amt aus. Für seine Tätigkeit erhielt er einen Jahreslohn von 10 Pfund an den vier Fronfasten ausbezahlt.[1] Dieser Betrag entsprach ungefähr 40 Taglöhnen eines gewöhnlichen Maurer- oder Zimmermeisters. Darüber hinaus erhielt er Brotgetreide, die freie Benutzung der Dienstwohnung und das Brennholz für das Heizen des Rathauses in den Wintermonaten. Zusätzliche Einkünfte erbrachte der Bezug der so genannten Udelzinse (Udelzins und Burgermäss). Diese mussten die auf dem Land lebenden Berner Bürger für die Ausübung ihres Bürgerrechts jährlich an den Lohn des Rathauswirts entrichten.[2]
Obwohl auf dem neuen Rathaus zwischen 1409 und 1436 über 500 Udel (Udel) angelegt wurden, schienen diese Einkünfte jedoch nur sehr spärlich geflossen zu sein. Der Rat sah sich deshalb genötigt, ernstlich zu befehlen, dass die säumigen Ausbürger (Ausbürger) ihre Zinsschulden mit barem Geld oder Pfändern umgehend bezahlen sollten, ansonsten sie ihr Bürgerrecht (Bürgerrecht) verlieren würden. Nach Aufwand verrechnet wurden hingegen die Auslagen Ludwig Krummenachers für die Verköstigung der Ratsherren und deren Gäste. Allein 1454 erhielt er als min herr schultheis und rat mit fromden herren und stetten, Botten und andern erbern lüten in disem verlouffnen halben jar in dem rathus getaget hant, einen Betrag von 10 Pfund ausbezahlt.[3] Das besondere Vertrauensverhältnis, das der Rat Krummenacher entgegenbrachte, scheint sich für diesen durchaus gelohnt zu haben. So vergrösserte sich das steuerbare Vermögen des Rathauswirts zwischen 1448 und 1458 von bescheidenen 28.5 auf 100 Gulden (Vermögensentwicklung).[4] Zu einem abrupten Ende des langjährigen Dienstverhältnisses kam es jedoch, als sich Ludwig Krummenacher im Sold eines auswärtigen Herren am Krieg gegen die habsburgische Stadt Rheinfelden beteiligte. Schultheiss und Rat verurteilten ihn deshalb am 8. März 1465 zur Bezahlung der hohen Busse von 17 Gulden. Zugleich wurde er zusammen mit drei anderen Bürgern für drei Jahre aus der Stadt verbannt.[5]
Roland Gerber, 17.02.2018
[1] Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904.
[2] Roland Gerber: Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern. Verwaltungs- und finanzgeschichtliche Untersuchung über das Bauherrenamt der Stadt Bern 1300 bis 1550 (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 77), Bern 1994, S. 107.
[3] Friedrich Emil Welti (Hg.): Stadtrechnungen von Bern 1454/I und 1492/II, in. Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 20 (1910), S. 1-44, hier Stadtrechnungen 1454/I, S. 6.
[4] Friedrich Emil Welti (Hg.): Das Tellbuch der Stadt Bern aus dem Jahre 1448, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 33 (1936), S. 353-486, hier 422; sowie ders.: Das Tellbuch der Stadt Bern aus dem Jahre 1458, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 33 (1936), S. 487-575, hier 531.
[5] SSRQ Bern Stadt I/II, S. 549f.