Brunnmeister
Das Amt des Brunnmeisters entstand nach der Anlage der neuen Stockbrunnen 1393.
Die systematische Anlage der neuen Stockbrunnen (Sod- und Stockbrunnen) seit 1393 erforderte den Bau von langen Zubringerleitungen, welche die Baukosten der Brunnen erheblich vergrösserten. Da die hölzernen Wasserleitungen regelmässig inspiziert und defekte Röhren laufend durch neue ersetzt werden mussten, bestellte der Rat gegen Ende des 14. Jahrhunderts neben dem Bachmeister (Bachmeister) noch einen speziellen Brunnmeister. Dieser wurde ebenfalls unter die Aufsicht der Bauherren (Bauherren) gestellt. Erstmals urkundlich erwähnt wird der Brunnmeister im Jahre 1406.[1] Namentlich genannt wird der Brunnmeister erstmals 1429, als Bongartner der brunnmeister von einem Gut in der Kellen einen jährlichen Bodenzins von 2 Mütt Dinkel an die Stadt entrichtete.[2] Der Brunnmeister hatte all jene Personen beim Schultheissen oder Gerichtsschreiber anzuzeigen, die unerlaubterweise rören boren, zapfen und hanen umbtriben oder brächer oder slösser abryssen.[3] Verstösse gegen die obengenannten Bestimmungen beschloss der Rat mit einem Bussgeld von 5 Pfund zu bestrafen, wobei säumige Zahler bis zur vollständigen Bezahlung der Summe aus der Stadt gewiesen werden sollten.[4] Gleichzeitig wurde dem Brunnmeister die Bau- und Unterhaltspflicht über die zahlreichen Holzstege und Brücken über den Stadtbach (Stadtbach) sowie über einzelne Grabenbrücken vor den Stadtmauern übertragen.[5] Als Entlöhnung erhielt er das Einzugsrecht des so genannten Brücksommers zugesprochen, was ihm eine gewisse Sonderstellung unter den städtischen Dienstleuten eintrug. Der Brücksommer[6] war eine Getreideabgabe, die von den Bewohnern der vier bernischen Landgerichte für die Benutzung der städtischen Brücken jährlich an die Stadt zu entrichten war und die vom Brunnmeister auf eigene Kosten in den Landgemeinden eingezogen wurde.
Der Rat legt Aufgaben und Lohn des Brunnmeisters fest
Laut einer in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts niedergeschriebenen Amtsordnung war der Brunnmeister verpflichtet, jedes Jahr nach dem 16. Oktober (St. Gallustag) in den städtischen Wäldern ausreichend Holzröhren und Kännel zu hauen, die für das nächste Jahr zum Unterhalt der Brunnleitungen ausreichten. Gleichzeitig musste er sich um die Beschaffung der für den Unterhalt der städtischen Brücken benötigten Holzlatten und Pfosten kümmern. Das Zuschneiden und der Transport des Holzes aus dem Bremgartenwald zu den Sägemühlen an der Aare (Säge- und Schleifmühlen) wurden ihm jeweils durch die Bauherren vergütet.[7] Im Jahre 1558 kam es schliesslich insofern zu einer Neudefinition der Aufgabenbereiche des Brunnmeisters, als der Rat seine Pflichten auf den Unterhalt und die Reinhaltung der Stadtbrunnen und ihrer Zubringerleitungen beschränkte. Die aufwendige Unterhaltspflicht über die Holzbrücken über den Stadtbach und die Grabenbrücken vor der Stadt, die zunehmend aus Stein errichtet und deshalb bereits seit längerer Zeit auch vom Bauherrenamt unterhalten wurden, kam endgültig an die Bauherren. Diese erhielten dafür das Einzugsrecht des gesamten der Stadt Bern zustehenden Brücksommers zugesprochen. Gleichzeitig wurde das wöchentliche Auswaschen und Säubern der Brunnen, das bisher zu den Aufgaben des Bachmeisters gehört hatte, gänzlich an den Brunnmeister übertragen.[8] Sein Taglohn wurde vom Rat, solange er an den Stadtbrunnen arbeitete, auf 8 Schillinge festgesetzt. War er jedoch mit der Axt im Stadtbach oder an den Holzbrücken beschäftigt, erhielt er im Sommer und Winter täglich gleichviel ausbezahlt wie ein Zimmermeister. Seit dem beginnenden 16. Jahrhundert erhielt er ausserdem jährlich 4 Mütt Dinkel an seinen ordentlichen Naturallohn aus dem Bauherrenkornhaus[9] ausgehändigt.[10] Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts wird in den Quellen noch ein zweiter Brunnmeister genannt, der anscheinend speziell für den Unterhalt der Brunnen und Brunnstuben in der näheren Umgebung der Stadt verantwortlich war und deshalb wahrscheinlich auch teilweise durch die an Bern angrenzenden Landgemeinden entlöhnt wurde.[11]
Roland Gerber, 17.07.2018
[1] SSRQ Bern Stadt I/2, Nr. 255, S. 116.
[2] Zinsrodel 1429, Staatsarchiv Bern, B VII 2311, S. 96.
[3] SSRQ Bern Stadt V, Artikel 55, S. 123; sowie Hans Morgenthaler: Bilder aus der älteren Geschichte der Stadt Bern, Bern 1935 (2. Auflage), S. 86.
[4] SSRO Bern Stadt I/2, Nr. 85, S. 41; sowie SSRQ Bern Stadt I/1, Nr. 288, S. 178 und Nr. 244, S. 351f. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Satzung auf alle städtischen Brunnstuben ausgedehnt; SSRQ Bern Stadt I/1, Nr. 245, S. 352.
[5] Zu diesen Brücken gehörten neben verschiedenen kleineren Holzbrücken wie jenen im Sulgenbach, beim Badhaus im Marzili und beim Oberen Ziegelhof auch die beiden wichtigen Torbrücken beim Spital- und Golatenmattgasstor, was vermuten lässt, dass diese bis zum 16. Jahrhundert wenigstens teilweise noch aus Holz bestanden.
[6] In den Quellen erscheint neben «Brücksommer» häufig auch die Bezeichnung «Brückmäss».
[7] Bauamtsurbar I, Stadtarchiv Bern, SAB_A_1_34, fol. 13v.
[8] Bauamtsurbar I, Stadtarchiv Bern, SAB_A_1_34, fol. 14r/v.
[9] Aus dem benutzten Quellenmaterial geht leider nicht hervor, wo sich das Amtsgebäude der Bauherren und deren Kornhaus befunden haben. Ob das bereits im Jahre 1405 genannte städtische Kornhaus an der Hormannsgasse (heutige Rathaus- und Postgasse) auch von den Bauherren genutzt wurde, kann nur vermutet werden; Zinsrodel 1405, Staatsarchiv Bern, B VII 2311, S. 73. Die Reihe der städtischen Kornmeister beginnt erst im Jahre 1497; Paul Hofer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Bd. 3: Die Staatsbauten der Stadt Bern (Die Kunstdenkmäler der Schweiz), Basel 1947, S. 354.
[10] Vgl. dazu Bauamtsrechnungen 1534-1550, Staatsarchiv Bern, B X 10.
[11] SSRQ Bern Stadt V, Artikel 55, S. 123; sowie SSRQ Bern Stadt IV, Nr. 65, S. 115.