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Johannes Blum

Johannes Blum führte die unter seinem Lehrer Heinrich von Speichingen be-gonnene Professionalisierung der städtischen Kanzlei weiter.

Bedeutsam für die weitere Professionalisierung der bernischen Kanzlei (Stadtschreiber und Kanzlei) bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts war, dass Johannes Blum die von Heinrich von Speichingen (Professionalisierung unter Heinrich von Speichingen) eingeleiteten Reformen nach dessen Tod 1439 unvermindert weiterführten. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch die Bemühungen der Kanzlei, die von Bern beanspruchten Herrschaftsrechte im 1415 eroberten Aargau (Eroberung des Aargaus 1415) bis 1450 auf eine neue schriftliche Grundlage zu stellen. Nach der militärischen Niederlage der Herzöge von Österreich im Alten Zürichkrieg liess der Rat in einem einmaligen Verwaltungsakt nicht weniger als 32 Abschriften von Urkunden aus der Zeit zwischen 1365 und 1443 anfertigen, die er durch die Kanzleien je eines weltlichen und geistlichen Herren (Weltliche und geistliche Gerichtsherren) ausserhalb des eigenen Herrschaftsgebiets beglaubigen liess.[1] Als Erstes reiste eine bernische Delegation am 11. Januar 1447 in die schwäbischen Reichsstadt Lindau am Bodensee, wo Bürgermeister und Rat im Namen «unser guten Freunden, Schultheissen und Räten der Stadt zu Bern» insgesamt 14 Urkunden beglaubigten. Am 20. März brachte eine zweite Gesandtschaft 18 weitere, teilweise bereits dem Lindauer Rat vorgelegte Schriftstücke nach Konstanz, deren Echtheit diesmal Bischof Heinrich von Hewen (1436-1462) und der Abt auf der Reichenau Friedrich von Wartenberg (1427-1453) bezeugten.[2] Nach Bern zurückgekehrt liess Johannes Blum die Urkundenabschriften registrieren und zu den übrigen städtischen Privilegien ins Archiv legen. Um den ständig wachsenden

In der Kanzlei entstehen zahlreiche Amtsbücher und Schriftstücke

Johannes Blum stammte aus der oberländischen Kleinstadt Unterseen (Unterseen).[3] Heinrich von Speichingen dürfte deshalb bereits während seiner Amtstätigkeit in Thun auf den jungen Schreiber aufmerksam geworden sein. Nach seiner Berufung 1414 holte der Stadtschreiber diesen wahrscheinlich als Unterschreiber nach Bern. Erstmals erwähnt wird Johannes Blum im Jahr 1430, als er für die Niederschrift einer gross urkund über das Landgericht Ranflüh mit 3 Pfund und 12 Schillingen aus dem Stadtsäckel (Säckelmeister) entschädigt wurde.[4] 1435 führte er die unter Heinrich von Speichingen 1415 begonnene Auflistung der neu gewählten Ratsmitglieder in den so genannten Burgerrodeln weiter und 1436/37 verfasste er im Auftrag der Kanzlei mit dem Stadt- und Satzungenbuch zwei grössere Amtsbücher, was darauf schliessen lässt, dass er das besondere Vertrauen Speichingens genoss.[5] Nach dessen Tod aktualisierte Blum die am Ende des 14. Jahrhunderts begonnenen Listen der ins bernische Burgrecht aufgenommen Ausbürger (Ausbürger) und zeigte sich nach 1448 für die Verschriftlichung der aus der Vermögenssteuer und dem Wochenangster bezogenen Steuereinkünfte in Stadt und Land verantwortlich.[6]

Einen aufschlussreichen Einblick in die anspruchsvolle Schreibtätigkeit der Kanzlei während der Amtszeit Johannes Blums gibt ein Eintrag in der Säckelmeisterrechnung des zweiten Halbjahres 1441: Denne dem stattschriber (Johannes Blum), als der der statt des verlüffnen halben jares geschriben hat, es sin tellbrief, quittbrief, den bund von Basel (vom 2. März 1441), schuldbrief, gelt ufzebrechen, item umb instrument der vereynungen und spruchbriefen zwüschent uns und den von Lutzern, umb zinsbücher von Arberg, umb lechenbucher von Sibental, von Frutingen und umb ander dingen, gebürt, als wir (der Säckelmeister) mit ime gerechnet haben von dem verlüffnen gantzen jare in ein summe, über dz ime vor worden ist, 60 Pfund und 5 Schillinge.[7] Johannes Blum versteuerte 1448 rund 2’000 Gulden, was ihn als wohlhabenden Bürger ausweist (Vermögensentwicklung).[8] Aus der Anwesenheit eines Schafknechts in seinem Wohnhaus an der südlichen Kramgasse kann jedoch geschlossen werden, dass der Wohlstand des Stadtschreibers nicht allein auf seiner Schreibtätigkeit in der Kanzlei beruhte, sondern dass er einen Teil seines Einkommens aus dem lukrativen städtischen Viehhandel (Leder- und Fellverarbeitende Berufe) bezog.

Roland Gerber, 21.07.2018



[1]    Die Beglaubigung (Vidimierung) der Urkunden stand im Zusammenhang mit den Friedensvermittlungen des Pfalzgrafen Ludwig bei Rhein zwischen Herzog Albrecht VI. von Österreich und den eidgenössischen Orten in Ulm vom 2. Mai 1447; Amtliche Sammlung der älteren Eidgenössischen Abschiede, Bd. 2, 217.

[2]    Dazu findet sich folgender Eintrag in den Säckelmeisterrechnungen: «Denne des abtz schriber usser der Richenouwe, als der die vidimus ze Baden versigelt, hiessen im min herren schencken vier guldin»; Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904, hier Stadtrechnung 1447/II, S. 234.

[3]    Staatsarchiv Bern, Beglaubigung (Vidimus) eines eidgenössischen Schiedsspruchs zwischen Bern und Luzern vom 24. August 1420, Fach Luzern, datiert den 19. Oktober 1441. Vgl. dazu auch Urs Martin Zahnd: Die Bildungsverhältnisse in den bernischen Ratsgeschlechtern im ausgehenden Mittelalter. Verbreitung, Charakter und Funktion der Bildung in der politischen Führungsschicht einer spätmittelalterlichen Stadt (Schriften der Berner Burgerbibliothek), Bern 1979, S. 193f.; sowie Barbara Studer Immenhauser: Verwaltung zwischen Innovation und Tradition. Die Stadt Bern und ihr Untertanengebiet 1250-1550 (Mittelalter-Forschungen 19), Ostfildern 2006, S. 81-83.

[4]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904, hier Stadtrechnung 1430/I, S. 9.

[5]    Für die Niederschrift des Satzungenbuchs wurde Johannes Blum mit zehn Gulden aus dem Stadtsäckel entschädigt; Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904, hier Stadtrechnung 1437/I, S. 64

[6]    Ausburgerrodel 1442-1469, Staatsarchiv Bern, B XIII 23.

[7]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904, hier Stadtrechnung 1441/II, S. 144.

[8]    Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Tellbücher der Stadt Bern aus den Jahren 1448 und 1458, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 33 (1936), S. 353-575, hier 356.

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