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Bauaufsicht in Stadt und Land

Die Bauaufsicht auf dem Land teilten sich die Bauherren mit den Landvögten und Tschachtlanen.

Während sich der private Häuserbau nachweislich von Anfang an unter der direkten Aufsicht der im Jahre 1310 neugeschaffenen Baubehörde (Bauherren) befand, lassen die Quellen offen, inwieweit den Bauherren damals bereits Aufsichtspflichten beim Bau und Unterhalt einzelner kommunaler Gebäude (Kommunale Gebäude) zukamen. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Bauherren von Anfang an auch die Bauaufsicht über die kommunalen Gebäulichkeiten ausgeübt haben. Im Unterschied zum privaten Häuserbau schlug sich die Bautätigkeit an den öffentlichen Gebäuden jedoch nicht in einer speziellen Satzungstätigkeit des Rats nieder. Als es mit dem Erwerb der Herrschaft Laupen (Laupen) und der Errichtung der dortigen Landvogtei 1324 zur ersten grösseren Ausdehnung der städtischen Bauhoheit auf die Landschaft kam, blieb der Verantwortungsbereich der Baubehörde hingegen weitgehend auf das eigentliche Stadtgebiet beschränkt. Die Bauaufsicht in den Landgebieten übertrug der Rat den einzelnen Landvögten (Landvögte und Tschachtlane), die mit den Einkünften aus ihren Vogteien für den Bau und Unterhalt der Amtsgebäude aufzukommen hatten.[1] Einzig bei grösseren Baumassnahmen beteiligten sich Bauherren und Säckelmeister (Säckelmeister) auch am auswärtigen Bauaufwand, indem sie finanzielle Zuschüsse an die Landvögte leisteten oder einzelne städtische Werkleute und Handwerker zur Verfügung stellten.

Einen einmaligen Einblick in die Finanzierung von Baumassnahmen in einer städtischen Landvogtei erlaubt die nach dem Tod des Thuner Landvogts (Thun) Niklaus Subinger 1436 erstellte Schlussrechnung für dessen Witwe. Darin verpflichtete sich der Säckelmeister Peter (IV) von Wabern nach Abzug von 400 Pfund, die Subinger und seine Frau dem Probst von Interlaken schuldeten, der Witwe 243 Pfund auf die gemachten Ausgaben bei Bauarbeiten auf der Thuner Burg auszubezahlen. Aus der Rechnung erfährt man, dass Niklaus Subinger in seiner Funktion als Landvogt mit eigenen Knechten, Pferden und Wagen gearbeitet hatte, wobei seine Ehefrau die Arbeiten nach dem Tod ihres Gatten zusammen mit ihrem Knecht Rudolf Tütscher weiterführte. Die anfallenden Kosten wurden von den beiden von woche zu woche in einem separaten Rodel festgehalten, mit dem sie schliesslich vor dem Säckelmeister und den Bauherren abrechneten.[2] Weitere Auslagen entstanden der Stadtkasse durch Entschädigungen für Flurschäden, die während der Bauarbeiten an einer Wiese in Thun und den darauf befindlichen Zäunen entstanden waren.[3]

Die Bauherren inspizieren die korrekte Umsetzung der Bauordnungen

Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gehörte es zu den eidlichen Pflichten der Bauherren, mindestens einmal im Jahr zusammen mit den Stadtwerkmeistern durch die Gassen zu gehen und sowohl die kommunalen als auch die privaten Gebäude zu inspizieren. Vor allem bei den Bürgerhäusern[4] galt es, die vom Rat erlassenen Bauordnungen durchzusetzen und Verstösse dem Schultheissen und später dem Gerichtsschreiber anzuzeigen. Wer zum Beispiel ohne die Erlaubnis der Bauherren über die Baulinie in die Gassen hinein baute oder auf den städtischen Allmenden Ställe, Scheunen oder sogar Wohnhäuser errichtete, musste diese abreissen und 10 Schillinge Bussgeld bezahlen. Ausserdem wurde er für einen Monat der Stadt verwiesen.[5] 1403 bekräftigte der Rat seine Bauhoheit, indem er alle Missachtungen von städtischen Bauordnungen, die zu Klagen von Nachbarn führten, mit einer Busse von 6 Pfund belegte. Das Bussgeld war je zur Hälfte an den betroffenen Nachbarn und an die Richter zu bezahlen. Je nach Entscheid von Schultheiss und Bauherren mussten die unerlaubten Baumassnahmen ausserdem wieder rückgängig gemacht werden.[6]

Roland Gerber, 21.07.2018



[1]       Vgl. dazu die Belehnungsurkunde des ehemaligen Grossweibels Heinrich Gruber mit der Landvogtei Wangen im Jahre 1407, in der die baulichen Verpflichtungen des neu eingesetzten Landvogts beschrieben werden; Eduard von Rodt: Bern im fünfzehnten Jahrhundert, Bern 1905, S. 74 f. Vgl. dazu ausserdem die Stadtsatzung über die Bauaufsicht der Amtssitzgebäude vom 22. Dezember 1512 in SSRQ Bern Stadt V, S. 44f.

[2]       Bilanzenrechnung C, Burgerbibliothek Bern, Mss.Hist.Helv.IV. 2, S. 39.

[3]       Friedrich Emil Welti (Hg.): Die Stadtrechnungen von Bern aus den Jahren 1430-1452, Bern 1904, hier Stadtrechnung 1436/II, S. 49.

[4]       Zu den Bürgerhäusern in der Stadt Bern vgl. Paul Hofer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Bern, Bd. 2: Gesellschaftshäuser und Wohnbauten (Die Kunstdenkmäler der Schweiz), Basel 1959.

[5]       SSRQ Bern Stadt I/2, Nr. 162, S. 70; sowie SSRQ Bern Stadt I/1, Nr. 87, S. 72f. und Nr. 110, S. 304.

[6]       SSRQ Bern Stadt I/2, Nr. 232, S. 105.

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