Bauherren
Die Ratsbehörde entstand bereits 1310 durch formellen Ratsbeschluss und war für sämtliche städtischen Bauvorhaben in Stadt und Landschaft verantwortlich.
Die Ratsbehörde der Bauherren gehörte zu den ältesten Verwaltungseinrichtungen Berns und wurde bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts durch einen formellen Ratsbeschluss ins Leben gerufen.[1] Im Mai des Jahres 1310 wählten schultheis, rät, die zweihundert und alle die gemeinde von Berne vier besondere Ratsherren, denen der Wiederaufbau der durch den letzten Stadtbrand von 1309 zerstörten Wohnhäuser sowie die Aufsicht über sämtliche zukünftig in der Stadt durchgeführten Bauvorhaben übertragen wurde.[2] Eine Hauptaufgabe der vier für eine Amtszeit von vier Jahren aus der Bevölkerung der Stadtviertel (Stadtviertel) gewählten Bauherren bestand deshalb von Anfang an darin, Brandschutzmassnahmen wie den Bau von Brandmauern und Ziegeldächern bei den Bürgern zu fördern und mit Bausubventionen aus der Stadtkasse mitzufinanzieren.[3]
Die Institutionalisierung der Baubehörde während des 14. und 15. Jahrhunderts verlief über mehrere Etappen, die sich aus der kommunalen Verfassungs- und Haushaltsentwicklung sowie aus der von Bürgerschaft und Rat während des Spätmittelalters durchgeführten Grossbauprojekte ergaben. Insbesondere der Bau der neuen Westbefestigungen seit 1343 (Stadtbefestigungen) und der Wiederaufbau der Stadt nach dem verheerenden Stadtbrand von 1405 (Grosser Stadtbrand von 1405) bedeuteten grosse, langfristige und teure Baumassnahmen, die nur mit dem Ausbau der Baubehörde zu einer eigenständigen Verwaltungseinrichtung mit eigenem Personalbestand, Aufgabenbereich und eigener Rechnungsführung bewältigt werden konnten. Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit eigenen zweckgebundenen Einkünften ausgestattet entwickelte sich die Baubehörde bis zum Ende des Mittelalters deshalb von einer anfänglich noch kaum strukturierten Ratskommission zu einem durch spezielle Amtsordnungen und Amtseide klar definierten städtischen Amt.[4]
Die Bauherren beaufsichtigen kommunale Bauvorhaben in Stadt und Landschaft
Am Ende des 15. Jahrhunderts waren die Bauherren für alle von der Stadt in Auftrag gegebenen Baumassnahmen verantwortlich. Sie kümmerten sich im Beisein der Stadtwerkmeister (Stadtwerkmeister) um die Anstellung der auf den kommunalen Baustellen beschäftigten Handwerker und Tagelöhner, sorgten für ihre Verpflegung und Entlöhnung und verwalteten die vom Säckelmeister (Säckelmeister) und anderen städtischen Rechnungsherren zugunsten der Bauverwaltung ausbezahlten Gelder sowie ihre Eigeneinkünfte. Gleichzeitig traten sie als Schiedsrichter bei Baustreitigkeiten auf und kümmerten sich um die Abfallentsorgung sowie die Frischwasserversorgung der Stadt. Sie verwalteten die kommunalen Ziegel- und Werkhöfe, Steinbrüche, Sägemühlen (Säge- und Schleifmühlen), Waldungen, Kalk- und Sandgruben, setzten die vom Rat erlassenen Bau- und Feuerordnungen durch und kontrollierten deren Einhaltung. Ebenfalls zum Aufgabenbereich von Bauherren und Stadtwerkmeistern gehörten die Herstellung und Lagerung von Kriegs- und Belagerungsgeräten in den kommunalen Werkhöfen (Bauwerkhof) sowie die Führung der städtischen Geschütztrosse bei militärischen Auszügen.[5]
Roland Gerber, 17.07.2018
[1] Roland Gerber: Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern. Verwaltungs- und finanzgeschichtliche Untersuchung über das Bauherrenamt der Stadt Bern 1300 bis 1550 (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 77), Bern 1994; sowie ders.: Aspekte. Zu Organisation und Aufgaben kommunaler Bauverwaltungen während des Spätmittelalters vgl. auch Gerhard Fouquet: Bauen für die Stadt. Finanzen, Organisation und Arbeit in kommunalen Baubetrieben des Spätmittelalters. Eine vergleichende Studie vornehmlich zwischen den Städten Basel und Marburg (Städteforschung, Reihe A: Darstellungen 48), Köln 1999.
[2] Zu Entstehung und Aufgaben des städtischen Bauherrenamtes vgl. Roland Gerber: Öffentliches Bauen im mittelalterlichen Bern. Verwaltungs- und finanzgeschichtliche Untersuchung über das Bauherrenamt der Stadt Bern 1300 bis 1550 (Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 77), Bern 1994, S. 23-64.
[3] SSRQ Bern I/2, Nr. 211, S. 88f.
[4] Die erste überlieferte Bauherrenordnung stammt von 1473. Sie enthält eine Zusammenstellung der wichtigsten Aufgaben und Pflichten der Bauherren; SSRQ Bern V, S. 33-37. Bereits 1464 hatte der Rat den seit der Wahl der ersten Baubehörde 1310 bestehenden und seither immer wieder neu formulierten und ausgeweiteten Amtseid revidiert und schriftlich festgehalten; SSRQ Bern I/2, Nr. 125, S. 96-98.
[5] Zur Organisation und Finanzierung der bernischen Geschützzüge während der Mailänderkriege zu Beginn des 16. Jahrhunderts vgl. Roland Gerber: Die Berner Reiskostenrödel aus der Zeit der Mailänderkriege, Seminararbeit maschinenschriftlich, Bern 1988.