Udelhäuser der reichen Adels- und Notabelngeschlechter
Im Unterschied zu armen Stadtbewohnern waren die Angehörigen der reichen Geschlechter nicht auf die Erträge des Udelzinses angewiesen.
53 von 86 Personen oder rund 60 Prozent der Steuerpflichtigen, die 1389 (Tellbuch von 1389) ein Vermögen von über 1’000 Gulden auswiesen, verzeichneten mindestens ein Udel (Udel) auf ihren repräsentativen Wohnhäusern an der Junkern- und Kramgasse. Im Unterschied zu den ärmeren Einwohnern, auf deren Häuser gleichzeitig bis zu 20 Udel (Anzahl Udel auf einem Wohnhaus) angelegt sein konnten, wiesen die Liegenschaften der wohlhabenden Bürger in der Regel nur einen einzigen sozial hochgestellten Ausbürger auf. Die vermögenden Hausbesitzer waren im Unterschied zu den einfachen Handwerksmeistern nicht auf die finanzielle Unterstützung zahlreicher Landbewohner angewiesen. Ihre Udelvergaben waren deshalb weniger wirtschaftlich als vielmehr verwandtschaftlich oder politisch-herrschaftlich motiviert (Politische Bedeutung der Ausbürgeraufnahmen). Die Ausbürger, die ihre Udel während des Spätmittelalters auf den Wohnhäusern der reichen Adels- und Notabelngeschlechter anzeigten, waren ebenfalls wohlhabend und besassen in der Regel eigene Gerichtsherrschaften auf dem Land (Weltliche und geistliche Gerichtsherren).
Udelvergaben als finanzielle Bürgschaften
Ein weiterer Grund für die Udelvergabe der reichen Bürger an sozial hochgestellte Ausbürger war die politische Verantwortung, die sie als Mitglieder der kommunalen Ratsgremien trugen. Vor allem die Mitglieder des Kleinen Rats beteiligten sich während des 14. und 15. Jahrhunderts, sei es als Säckelmeister (Säckelmeister) oder als Bauherren (Bauherren), oftmals persönlich an den Darlehensgeschäften mit auswärtigen Personen. Sie erlaubten diesen sozusagen von Amtes wegen den Erwerb des Bürgerrechts (Bürgerrecht) auf ihren Stadthäusern (Udelhausbesitzer und Udelinhaber). Als Gläubiger waren sie in besonderer Weise daran interessiert, ihre ausserhalb der Stadtmauern lebenden Schuldner der Zuständigkeit der bernischen Gerichtsbarkeit zu unterstellen.
Roland Gerber, 30.06.2018