Anzahl Udel auf einem Wohnhaus
Auf rund einem Drittel aller Wohnhäuser in Bern lastete mindestens ein Udel eines Ausbürgers.
Im Jahre 1389 besassen insgesamt 1’834 Ausbürger ein Udel (Udel) auf einer städtischen Liegenschaft.[1] Nach dem Udelbuch (Udelbuch von 1389) verteilten sich diese auf rund 620 Wohnhäuser, Viehställe und Gärten innerhalb des ummauerten Stadtgebiets. Wird die Zahl der Wohnhäuser Berns am Ende des 14. Jahrhunderts auf rund 1’600 Gebäude (Haushaltsgrösse und Familie) geschätzt, so war 1389 ungefähr ein Drittel der bewohnten Stadthäuser mit mindestens einem Udel eines Ausbürgers (Ausbürger) belastet. Bei über 600 stadtsässigen Hausbesitzern lässt sich auf diese Weise eine direkte rechtliche Abhängigkeit zu einem oder mehreren Landbewohnern nachweisen. Während bei 279 Häusern oder 45 Prozent der Udelliegenschaften jeweils nur ein Ausbürger verzeichnet war, bestanden bei 29 Gebäuden gleichzeitig zehn und mehr Udel.
Zahlreiche Udel lasten auf kommunalen Gebäuden
Die grösste Zahl von Udeln lastete 1389 auf einzelnen kommunalen Gebäuden (Kommunale Gebäude) wie dem städtischen Werkhof an der Zeughausgasse (4 Ausbürger), dem burgerhus westlich der Untertorbrücke (12 Ausbürger), dem burger torhus beim Golatenmattgasstor (13 Ausbürger) sowie insbesondere auf der so genannten Helle im untersten Haus des Nydeggstaldens (83 Ausbürger). Die Vielzahl von Bürgern, die auf der Helle ein Udel verzeichneten, sowie die Bezeichnung des von der Stadt verwalteten Gebäudes als der burger hus führten dazu, dass das Wohnhaus am unteren Nydeggstalden (Nydeggstalden) fälschlicherweise auch als erstes Rathaus (Rathaus) der Stadt Bern bezeichnet wurde.[2] Die bescheidene Grösse dieses Hauses sowie dessen Nutzung zu Beginn des 15. Jahrhunderts als der burger kornhus machen es jedoch wahrscheinlich, dass der Rat das Gebäude bereits im 14. Jahrhundert als Warenlager nutzte. Die Bezeichnung helle oder «Hölle» würde sich dann auf einen grösseren Keller beziehen, in dem Kaufleute und Krämer ihre Handelsgüter vor dem Bau des ersten bernischen Kauf- und Zollhauses (Kauf- und Zollhaus) an der Kramgasse 1373 stapelten. Eine ähnliche Funktion wie die Helle besass wahrscheinlich ein anderes am heutigen Läuferplatz stehendes Gebäude, das sich 1389 ebenfalls im Besitz der Stadt befand.[3] Bei beiden Häusern war der Rat offensichtlich bestrebt, auf diesen eine grössere Anzahl von Udeln anzulegen, damit sich die Udelinhaber (Udelhausbesitzer und Udelinhaber) am baulichen Unterhalt dieser Gebäude beteiligten. Deutlich zeigt sich diese Absicht in der Verpflichtung der Ausbürger, dass sie das hus, genempt die helle, in guten eren han und buwe als ir brief wol wiset und saget.[4] Die gleiche Bestimmung findet sich auch bei den Udelinhabern des städtischen Bauwerkhofs (Bauwerkhof) an der Zeughausgasse. Der Rat hielt diese in ihrem Neubürgereid dazu an, das hus in guten eren [zu] han.[5]
Roland Gerber, 30.06.2018
[1] Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28.
[2] Kdm Bern III, S. 6.
[3] domus burgeren; Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 169. Bei diesem Gebäude kann jedoch nicht mit aller Sicherheit gesagt werden, ob sich das Haus im Besitz der Stadt oder einer Frau namens burgerin befand.
[4] Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 181.
[5] der burger tremelhus; Udelbuch von 1389, Staatsarchiv Bern, B XIII 28, S. 385.