Rat der Zweihundert übernimmt Funktion der Bürgerversammlung
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts verschwanden die jährlichen Schwörtage aus dem Verfassungsleben Berns.
In gleichem Masse wie Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) ihre Stellung als städtische Obrigkeit ausbauten (Etablierung der Ratsherrschaft), verlor der Bürgereid (Bürgereid) seine ursprüngliche Bedeutung als konstituierendes Merkmal der bürgerlichen Schwurgenossenschaft (Bürgerliche Schwurgenossenschaft). Nicht mehr die gegenseitige Verpflichtung der Bürger zur Einhaltung der von der Stadtgemeinde getragenen Rechtsnormen (Stadtrecht), sondern die Unterwerfung unter die von Schultheiss und Rat beanspruchte Gebotsgewalt wurde zu den zentralen Inhalten der bürgerlichen Eidesleistung. Zur ersten bedeutenden Einschränkung der politischen Rechte der Bürgerschaft kam es im 14. Jahrhundert, als die jährlichen Schwörtage aus dem Verfassungsleben Berns verschwanden und das Prinzip der Schwurgenossenschaft auf den kleineren Kreis der im Rat der Zweihundert (Rat der Zweihundert) sitzenden Bürger überging. Der 1294 neu geschaffene Grosse Rat übernahm auf diese Weise die Funktion der Bürgergemeinde, dessen Mitglieder sich anstelle der Gesamtbürgerschaft jährlich während der Neubesetzung der kommunalen Ratsgremien zur gegenseitigen Friedenswahrung und zur Einhaltung des geltenden Satzungsrechts verpflichteten.[1] Der regierende Kleine Rat rief die Bürgergemeinde zwar auch im 14. Jahrhundert noch ausnahmsweise bei wichtigen Entscheidungen wie Kriegserklärungen oder Bündnissen mit auswärtigen Fürsten zusammen, diese durfte sich jedoch nur noch mit ausdrücklicher Bewilligung versammeln.[2]
Roland Gerber, 24.06.2018
[1] Karl Geiser: Die Verfassung des alten Bern, in: Festschrift zur VII. Säkularfeier der Gründung Berns 1191-1891, Bern 1891, S. 1-139, S. 95f.
[2] SSRQ Bern V, Nr. 6, S. 5 (23. Juni 1353). Die letzte nachweisbare Versammlung der gesamten Bürgergemeinde fand im Jahre 1402 statt; Richard Feller: Geschichte Berns, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1516, Bern 1946, S. 219.