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Neubürger- und Untertaneneid

Der Neubürgereid entwickelte sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts zu einem Untertaneneid.

Im Unterschied zum Gesamtbürgereid (Bürgereid), der im 14. Jahrhundert aus dem Verfassungsleben Berns verschwand, behielt der Neubürgereid auch nach der Abschaffung der jährlichen Schwörtage seine ursprüngliche Funktion als rechtsverbindlicher Akt für den Eintritt ins Bürgerrecht (Aufnahme ins Bürgerrecht). Während der von den Ratsmitgliedern während der Osterwahlen geleistete Eid weiterhin auf dem genossenschaftlichen Prinzip des Gesamtbürgereids beruhte, entwickelte sich der Neubürgereid im Verlauf des 15. Jahrhunderts zu einem Huldigungseid, in dem sich Neubürger der ausschliesslichen Gebotsgewalt von Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) als oberste Herrschaft zu unterwerfen hatten.[1] Inhaltlich näherte sich der Neubürgereid dadurch dem so genannten Untertaneneid an, in dem sich der Rat während politischer Krisenzeiten der Loyalität der in der Stadt und Landschaft lebenden Bevölkerung versicherte.[2]

Vom Genossenschafts- zum Huldigungseid

Diese Zweiteilung des Bürgereids in einen Genossenschafts- und einen Huldigungseid erfuhr im Verlauf des 14. und 15. Jahrhunderts verschiedene Modifikationen und Erweiterungen, die insgesamt zu einer Verdrängung des Genossenschaftseids aus der Eidesformel führten.[3] Die ursprünglich gleichwertige Gewichtung zwischen Genossenschafts- und Huldigungseid verschob sich zunehmend zugunsten des Huldigungseids, der von den Bürgern nicht mehr gegenüber dem König, sondern gegenüber der Stadtgemeinde respektive seit dem 15. Jahrhundert gegenüber Schultheiss und Rat als alleinige Obrigkeit geschworen wurde. Die Eidesleistung geschah zwar auch im 15. Jahrhundert noch immer in Namen des Heiligen Römischen Reiches, an die Stelle des Königs traten jetzt aber die gnedigen herren von Bern, denen gegenüber sich die Bürger zu Treue und Wahrheit, insbesondere aber auch zu Gehorsam zu verpflichten hatten.

Der fordert Gehorsam von allen Bürgern

Der Rat baute den Huldigungseid (Neubürger- und Untertaneneid) im Verlauf des 15. Jahrhunderts kontinuierlich aus und erweiterte diesen durch konkrete Bestimmungen über die der Stadt zu leistenden Pflichten. Die Bürger mussten seit dem beginnenden 15. Jahrhundert beim Erwerb des Bürgerrechts versprechen, den Nutzen und die Ehre der Stadt Bern zu fördern und diese nach bestem Vermögen vor allen Schäden zu bewahren.[4] Zugleich hatten sie den wichtigsten Bürgerpflichten (Bürgerpflichten) wie Steuerleistung (Steuerpflicht) und Wehrdienst (Wach- und Wehrpflicht) ohne Einschränkungen nachzukommen und auch sonst das ze tunde und ze volbringen, das einem getruwen burger ze tunde gebürt.[5] Einen weiteren Ausbau der Huldigungsformel bedeutete die Aufnahme der so genannten Rüge- oder Anzeigepflicht in den Bürgereid. In diesem wurden die Bürger seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dazu aufgefordert, feindliche Äusserungen gegen Schultheiss und Rat umgehend anzuzeigen und bei städtischen Amtsleuten zu melden.[6]

Roland Gerber, 24.06.2018



[1]    André Holenstein: Die Huldigung der Untertanen. Rechtskultur und Herrschaftsordnung 800-1800 (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte 36), Stuttgart/New York 1991, S. 240-253.

[2]    Ausdruck der zunehmenden rechtlichen Gleichstellung von ländlichen Hintersassen und Ausbürgern ist der vom Berner Rat im 15. Jahrhundert eingeführte Begriff des «Ewigen Erbburgers». Die Ausbürger konnten ihren Rechtsstatus nicht mehr wie im 14. Jahrhundert durch einen einmaligen Rechtsakt erwerben respektive je nach Bedarf wieder aufkündigen, sondern sie und ihre Nachkommen unterstanden wie alle Landbewohner gleichermassen der städtischen Steuer- und Wehrhoheit.

[3]    Wilhelm Ebel: Der Bürgereid als Geltungsgrund und Gestaltungsprinzip des deutschen mittelalterlichen Stadtrechts, Weimar 1958, S. 24-46 und 70-77.

[4]    Vgl. dazu das ewige Burgrecht des Junkers Rudolf von Aarburg und seiner beiden Söhne Thüring und Rudolf mit Bern vom 21. August 1406: [...] har umb so haben och wir alle drije gesworn liplich eide ze got und den heilgen mit ufgehaben henden und mit gelerten worten, dem heiligen Römischen riche, der stat von Berne und allen den, so zu der stat Berne gehörent, truwe und warheit ze halten, iren nutz und ere ze furderen und iren schaden ze wenden, als verre wir vermogent; SSRQ Bern III, Nr. 126, S. 383.

[5]    SSRQ Bern I/2, Nr. 51, S. 38.

[6]    Wilhelm Ebel: Der Bürgereid als Geltungsgrund und Gestaltungsprinzip des deutschen mittelalterlichen Stadtrechts, Weimar 1958, S. 70-77.

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