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Gesamtvereidigungen von Stadt- und Landbevölkerung

Zwischen 1437 und 1477 kam es zu mehreren Vereidigungen der auf dem Land lebenden Männer auf Schultheiss und Rat.

Zu ersten Vereidigung von Landleuten kam es im Jahr 1437, als sich nach dem Tod des letzten Grafen von Toggenburg 1436 ein grösserer Konflikt zwischen Zürich und Schwyz abzuzeichnen begann. Diese Huldigung (Neubürger- und Untertaneneid) betraf jedoch vorerst nur die Bevölkerung im Oberland, die nach Meinung des Rats als besonders unruhig galt.[1] 1458 und 1465/66 führte der Rat dann die erste Gesamtvereidigung aller im bernischen Herrschaftsgebiet ansässigen erwachsenen Männer durchführen.[2] Der Rat beauftrage Landvögte und weitere Amtsleute (Ratsämter und Behörden), von allen Personen, die von mannes geschlecht und über die viertzehen jar werend, einen Eid auf die Stadt als oberste Landesherrschaft einzufordern. Zweck der Huldigungen war es, die mit unterschiedlichen Rechten im städtischen Territorium lebenden Einwohner zu gleichem Recht und Eid direkt auf Schultheiss und Rat (Schultheiss und Rat) zu verpflichten. Neben freien Leuten und Ausbürgern (Ausbürger) wurden auch persönlich abhängige Personen wie Eigenleute und Hintersassen gleichermassen eidlich dazu verpflichtet, minen gnedigen herren und der stat Bern als ir obersten herren und herschafft Treue und Wahrheit zu leisten sowie iren vögten und amptlüten und iren gebotten gehorsam zu sein.[3] Zentrale Inhalte der Untertaneneide waren die Versicherung des absoluten Gehorsams gegenüber Ratsbevollmächtigten und das Verbot für die Landleute, auswärtige Burgrechte einzugehen, fremde Gerichte anzurufen oder an unerlaubten Kriegszügen teilzunehmen. Von der Eidesleistung ausgenommen blieben die Herrschaftsleute der geistlichen und weltlichen Twingherren (Twingherren), die bis zum Abschluss des Twingherrenvertrags 1471 nur der mittelbaren Gebotsgewalt der Stadt unterstanden.

Stadt- und Landbevölkerung wird rechtlich gleichgeschaltet

Während der Burgerunderkriege 1473/74 und 1477 unterwarf der Rat die ausserhalb der städtischen Ratsgremien stehenden Einwohner (Haushäbliche Ratsbürger) schliesslich erstmals den gleichen Verpflichtungen wie die Landbewohner.[4] Stadt- wie Landbewohner wurden angehalten, der stat recht, friheiten, guldin bullen und alt harkomenheiten nachzukommen.[5] Alle erwachsenen Männer, die nicht den kommunalen Ratsgremien angehörten, insbesondere handwerksknechte und ein gemein volk, hatten zudem zu schwören, allen gegenwürtigen und künftigen Ordnungen der Stadt gehorsam zu sein und in allem dem tun und hanndlen, als getruw hindersassen und undertanen des schuldig und verbunden sind.[6] Neben der Teilnahme an unerlaubten Kriegszügen war es vor allem die Mitwirkung an Aufständen und Verschwörungen, die der Rat mit der Einforderung des allgemeinen Untereids zu verhindern suchte.[7]

Roland Gerber, 24.06.2018



[1]    SSRQ Bern I/2, Nr. 80, S. 56-58.

[2]    SSRQ Bern I/2, Nr. 49, S. 37f. (23. September 1465); sowie SSRQ Bern V, Nr. 20h, S. 54-57 (25. September 1465 und 8. Oktober 1466).

[3]    1440 beschloss auch der Rat der Stadt Frankfurt, alle erwachsenen Stadtbewohner, Bürger und Einwohner auf einen einheitlichen Gehorsamseid zu verpflichten. Der Rat begründete sein Vorgehen damit, als biszher die burgere und inwonere hie zu Franckenfurd nit glichlich in eyme eide bii ein gesessen han, also das einer anders globt und gesworn hat dan der ander und auch etlicher den burgereyd nye getan hat, davon faste irrung und unstadens kommen und entstanden ist [...]; Eberhard Isenmann: Bürgerrecht und Bürgeraufnahme in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt, in: Neubürger im späten Mittelalter, hg. von Rainer C. Schwinges (Beiheft der Zeitschrift für Historische Forschung 30), Berlin 2002, S. 203-249, hier 206.

[4]    Vgl. dazu Ebda.

[5]    Gustav Tobler (Hg.): Die Berner Chronik des Diebold Schilling 1468-1484, 2 Bde., Bern 1897/1901, Nr. 342, S. 136-139.

[6]    SSRQ Bern I/2, Nr. 195, S. 129f. (9. Mai 1473).

[7]    Einen Überblick über die Berner Politik in der Zeit nach dem Ende der Burgunderkriege bis zum Abschluss des Stanser Verkommnisses gibt Ernst Walder: Das torechte Leben von 1477 in der bernischen Politik 1477 bis 1481, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 45 (1983), S. 73-134.

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