175 Jahre Bern als Bundesstadt
Kein politischer Entscheid in der jüngsten Geschichte hat die bauliche und gesellschaftliche Entwicklung Berns so nachhaltig geprägt: Am 28. November 1848 wählten der National- und Ständerat die Stadt zum neuen Bundessitz. Als Gegenleistung musste der Gemeinderat die Räumlichkeiten für Bundesrat, Parlament und Bundesbehörden unentgeltlich zur Verfügung stellen. Entsprechend verhalten bewilligte die Einwohnerversammlung die Wahl am 18. Dezember mit 419 gegen 313 Stimmen.
Die Herausforderungen waren beträchtlich: Innerhalb von nur gerade eineinhalb Jahren stellte der Gemeinderat den Bundesbehörden mehrere Gebäude in der heutigen Berner Altstadt zur provisorischen Unterbringung zur Verfügung, unterbreitete sieben Standortvorschläge für den Bau des neuen Bundesratshauses (heutiges Bundeshaus West) und führte einen nationalen Architekturwettbewerb durch. Von den insgesamt 37 eingereichten Projekten entschied er sich schlussendlich für jenes des Berner Architekten Friedrich Studer. Dessen Vorschlag beurteile er nicht nur als zweckmässig, sondern auch als finanzierbar.
Die grösste Herausforderung bestand darin, die für den Neubau notwendigen Geldmittel zu beschaffen. Da die 1832 entstandene Einwohnergemeinde noch über kein eigenes Kapital verfügte, musste sie mit der Burgergemeinde zuerst eine Vermögensausscheidung aushandeln. Im Februar 1852 konnte der entsprechende Vertrag unterzeichnet werden. Weitere Einkünfte brachten die Erhebung einer Sondersteuer und der Verkauf eines Grundstücks. Der Hotelier Jean Kraft liess darauf das Nobelhotel Berner Hof errichten. Am 5. Juni 1857 konnten die Schlüssel für das neue Bundesratshaus dem Bundesrat schliesslich feierlich übergeben werden.
Warum das Bundeshaus nicht auf den heutigen Bahnhofplatz zu stehen kam, weiss das Stadtarchiv
Was heute als selbstverständlich erscheint, war vor 175 Jahren noch völlig offen. Der Gemeinderat hatte sich 1850 noch für die Errichtung des neuen Bundesratshauses anstelle des heutigen Hauptbahnhofs ausgesprochen. Der Bundesrat lehnte jedoch ab und verlangte als Bauplatz das Gelände oberhalb des gegen die Aare abfallenden Geländes mit freiem Blick Richtung Marzili und Gurten.
Diese und andere spannende Geschichten rund um die Wahl Berns zum Bundessitz beziehungsweise um den Bau des heutigen Bundeshauses West finden sich in Dokumenten und Plänen des Berner Stadtarchivs:
- 1848: Beschluss der Tagsatzung betreffend die Einführung der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. September 1848 (SAB_1012_13_37)
- 1849: Schriftliche Zusammenstellung der für das Bundesratshaus vorgeschlagenen sieben Bauplätze (SAB_1012_13_50)
- 1850: Bericht des Gemeinderats über die Bundessitzangelegenheiten, nebst Anträgen betreffend die Errichtung eines Bundesratshauses (SAB_1012_13_37_1)
- 1851: Befinden der Experten des Einwohnergemeinderats über die Bundesratshauspläne (SAB_1012_13_37_2)
- 1860: Bericht des Gemeinderats der Stadt Bern an die Einwohnergemeinde über den Bau des Bundesratshauses 1852 bis 1857 (SAB_GR_0_6)
Situations- und Baupläne
Standortabklärungen und Architekturwettbewerb 1849-1851 (SAB_SP_5_30)