600 Jahre Münster
Vor 600 Jahren am 11. März 1421 wurde der Grundstein zum neuen Münster gelegt. Im Stadtarchiv Bern ist mit dem Schuldbuch von St. Vinzenz ein Schlüsseldokument zur Erforschung des mittelalterlichen Baubetriebs archiviert. Es ist als Digitalisat und Transkription verfügbar.
Ungeachtet der angespannten Haushaltslage nach der verheerenden Brandkatastrophe von 1405 beschlossen Schultheiss und Räte der Stadt Bern im Sommer 1420, die baufällige Pfarrkirche von St. Vinzenz durch einen prunkvollen Neubau zu ersetzen. Dieser sollte die Dimensionen des benachbarten Freiburger Münsters übertreffen. Um das ehrgeizige Bauvorhaben umsetzen zu können, beriefen die Ratsherren den unter seinem Vater in der berühmten Strassburger Münsterbauhütte tätigen Steinmetz- und Bildhauermeister Matthäus Ensinger zum neuen Werkmeister.
Die Baukosten betragen über 100'000 Gulden
Das Münster ist das grösste und teuerste mittelalterliche Gebäude in der Stadt Bern. Der Rat schätzte die Baukosten bereits vor der Grundsteinlegung auf über 100'000 Gulden. Dieser Betrag entsprach ungefähr dem Wert von bis zu 1'000 Wohnhäusern, je nachdem, ob diese aus Stein oder Holz errichtet waren. Die Ratsherren zeigten sich entsprechend bestrebt, die Baufinanzierung so weit als möglich auf die in Stadt und Land lebende Bevölkerung abzuwälzen. Um trotzdem die Kontrolle über Qualität und Fortgang der Bauarbeiten zu behalten, bestimmten sie zwei «ehrbare» Bürger, die als Kirchenpfleger die grundherrlichen Einkünfte des Heiligen Vinzenz sowie die frommen Stiftungen aus der Bevölkerung zu verwalten und der Münsterbauhütte zuzuführen hatten.
Das Schuldbuch von St. Vinzenz
Wegen der oftmals schlechten Zahlungsmoral der Stifterinnen und Stifter übertrug der Kirchenpfleger Thüring von Ringoltingen symbolträchtig am Dreikönigstag des Jahres 1448 alle bestehenden Schulden in eine eigens dazu angelegte Papierhandschrift. Dazu fasste er die Ausstände von rund 450 Frauen und Männern in personalisierten Konten zusammen, gab die Zahlungsmodalitäten und -termine an und vermerkte die ausbezahlten Beträge. War eine Schuld abgelöst, strich er das betreffende Konto oder gab an, welche Zahlungen noch ausstanden. Daneben notierte Thüring von Ringoltingen auch jene Ausstände an Geld und Naturalien, die «der heilg» – also der Heilige Vinzenz – einzelnen Baufachleuten wie dem Münsterwerkmeister und weiteren Handwerkern vom Glasmaler und Kannengiesser bis zum Karrer und Tagelöhner schuldete. Dank der Stiftungstätigkeit der Bevölkerung konnten bis 1593 Chor- und Langhausgewölbe eingezogen und der Westturm bis auf die Höhe des Oktogons ausgeführt werden. In den Jahren 1889 bis 1893 entstand schliesslich noch der neugotische Turmhelm, dem das Berner Wahrzeichen sein prägnantes Aussehen verdankt.
Schlüsseldokument ist online einsehbar - inklusive Transkription
Das Stadtarchiv Bern liess das Schuldbuch von St. Vinzenz im Hinblick auf das 600-jährige Jubiläum fachgerecht restaurieren. Zugleich wurde die Handschrift in hoher Auflösung digitalisiert. Der Inhalt kann zusammen mit einer handschriftennahen Lesefassung im Onlinearchivkatalog des Stadtarchivs eingesehen und heruntergeladen werden.
Bilder zum Download für Medienschaffende
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Doppelseite St. Vinzenschuldbuch SAB_A_4_1 (JPG, 1.5 MB) |
Einleitung St. Vinzenzenschuldbuch SAB_A_4_1 (JPG, 1.3 MB) |
Weitere Dokumente zur Geschichte des Berner Münsters
Weitere Beiträge zum Jubiläum 600 Jahre Münster
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Auszug BrunneZytig November 2020 (PDF, 670.4 KB) |
Auszug reformiert März 2021 (PDF, 6.4 MB) |