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Station 8: Auswege finden

«Ich komme hier raus!» Der Weg aus einer gewalttätigen Beziehung erfordert Mut und Unterstützung. Doch er ist möglich.

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In der Schweiz gibt es viele Hilfsangebote, die Betroffene und ihr Umfeld auf diesem Weg unterstützen. 

Opferberatungsstellen sind wichtige Anlaufstellen: Sie beraten Betroffene wie auch Angehörigen, Nachbar*innen und weiteren Personen aus dem Umfeld  und vermitteln weitere Hilfe, persönlich oder telefonisch. Die Beratungen sind kostenlos und vertraulichHilfesuchende sind nicht an ihren Wohnkanton gebunden und können die Beratungsstelle frei wählen. 

Fachstelle häusliche Gewalt der Stadt Bern Die Fachstelle bietet Betroffenen aus Bern wie auch Angehörigen, Nachbar*innen und weiteren Personen aus dem Umfeld kostenlose Beratung und Information an – persönlich oder telefonischDazu gehört auch: Krisenintervention, Vermittlung von geeigneten Fachpersonen oder Fachstellen, Begleitung zur Polizei, zu Anwält*innen oder Gerichten.  

Frauenhäuser  bieten Schutz und Unterstützung für Frauen und Kinder, die häusliche Gewalt erleben – unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus. Die Adresse der Frauenhäuser ist geheim und die Mitarbeiter*innen unterstehen der Schweigepflicht. Es gibt auch Schutzunterkünfte für gewaltbetroffene Männer. 

Im Kanton Bern steht die 24-Stunden-Hotline AppElle unter der Nummer 031 533 03 03 rund um die Uhr für Beratung, Schutz und Notunterkunft zur Verfügung. Das nicht nur für Betroffene, sondern auch für Angehörige und Fachpersonen.

Antworten von Fachpersonen

Mehr erfahren? Drei Fachexpertinnen aus einem Frauenhaus, von der Hotline AppElle und der Fachstelle häusliche Gewalt der Stadt Bern beantworten wichtige Fragen. 

Ich arbeite bei AppElle, das ist die Hotline der Frauenhäuser im Kanton Bern.

Die Hotline möchte rund um die Uhr Schutz und Notunterkunft für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder ermöglichen. Wir beraten alle Menschen, welche von Gewalt betroffen sind, ihre Angehörigen, aber auch Fachpersonen, welche Fragen zu diesem Thema haben.

Frauenhäuser und somit auch AppElle sind vom Kanton anerkannte Opferhilfestellen und unterstehen der Schweigepflicht gemäss dem Opferhilfegesetz. Das heisst, wenn du bei uns anrufst, erzählen wir niemandem davon. AppElle ist kostenlos und du hast auch die Möglichkeit, anonym zu bleiben.

Die Beratungen finden auf Deutsch und Französisch statt. Wir haben aber immer die Möglichkeit, eine*n Dolmetscher*in dazu zu schalten.

Wenn du bei AppElle anrufst, hören wir dir zu und versuchen mit dir zusammen herauszufinden, was die nächsten Schritte sein könnten. Wir informieren dich über deine Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen des Opferhilfegesetzes. Wir leiten dich weiter an die Ambulanten Beratungsstellen oder wir organisieren mit dir Schritt für Schritt den Eintritt in ein Frauenhaus.

Eine der Kernaufgaben von Appell ist das Koordinieren und Planen der Eintritte in die Frauenhäuser. Wir schauen, wo hat es Platz, wo ist es sicher genug, wie kommst du dahin, wie kann der Transport organisiert werden und was musst du alles mitnehmen und auf was musst du achten. Im Rahmen der Soforthilfe vom Opferhilfegesetz haben wir die Möglichkeit, Opfern von einer Straftat Erste-Hilfe-Massnahmen zu sprechen wie eine Notunterkunft, Überbrückungsgeld, anwaltschaftliche Hilfe oder auch medizinische und therapeutische Erstversorgung.

Erlebst du Gewalt in der Familie oder in deiner Beziehung, dann ruf an unter 031 533 03 03.

Ich bin als Fachberaterin Opferhilfe im Frauenhaus Thun – Berner Oberland tätig.

Einen Namen nenne ich bewusst nicht, da ich aus Mitarbeiterin des Frauenhauses unter Schweigepflicht stehe. Ein Frauenhaus ist eine kantonal anerkannte Opferhilfeberatungsstelle. Es bietet Frauen und ihren Kindern, die häusliche Gewalt erlebt haben, an einem anonymen Standortschutz, Begleitung, Betreuung, Beratung an. Im Frauenhaus Thun – Berner Oberland beispielsweise, hat es Platz für sechs Frauen und maximal acht Kinder. Es teilen sich jeweils zwei Frauen eine Wohnung, verfügen über ein eigenes Zimmer für sich und ihre Kinder und teilen sich gemeinschaftlich Badezimmer, Wohnzimmer und Küche. Jedes Frauenhaus ist etwas anders aufgebaut.

Damit wir eine Frau bei uns aufnehmen können, müssen folgende Voraussetzungen bestehen:

  • Zum einen muss der Opferstatus gegeben sein. Das heisst, dass die Frau psychische, physische, sexualisierte, ökonomische oder soziale Gewalt erlebt hat.
  • Zum anderen muss ein klares Schutzbedürfnis bestehen. Das heisst, dass es zum Beispiel nicht mehr sicher ist in der gemeinsamen Wohnung mit dem*der Täter*in und sie einer weiteren Gefährdung durch den*die Täter*in ausgesetzt ist.

Unsere kantonale Hotline Appelle übernimmt die Triage für die Platzierungen in einem Frauenhaus. Dabei klären Sie im Voraus zum Beispiel auch ab, ob die Standortsicherheit gegeben ist. Das heisst, ob es jetzt in unserem Beispiel sicher ist für die Frau im Raum Thun und Umgebung. Weitere Aufnahmekriterien sind, dass die Frau genügend psychische Stabilität und keine Substanzabhängigkeit aufweist. Frauen, die betroffen von häuslicher Gewalt sind, haben im Kanton Bern Anspruch auf auf 35 Tage Soforthilfe. Das heisst, dass sie auf jeden Fall 35 Tage in einem Frauenhaus bleiben können und sie haben in dieser Zeit die Möglichkeit Ruhe zu finden und ihre nächsten Schritte zu planen. Bei der Umsetzung ihre Ziele werden sie von den Fachberaterinnen unterstützt und beraten. Die Soforthilfe umfasst soziale, materielle, juristische, medizinische und psychologische Hilfe. Die Frauen haben also zum Beispiel die Möglichkeit, vier Stunden Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel, wenn sie sich scheiden lassen oder eine Anzeige einreichen möchten. Oftmals reichen die 35 Tage nicht aus, um alle Unterstützungsmassnahmen einzuleiten. So kann es zum Beispiel sein, dass auf Grundmangel der Anschlusslösung, wie zum Beispiel eine bezahlbare Wohnung, die Frau noch nicht aus dem Frauenhaus austreten kann. Dann haben wir die Möglichkeit, ein Gesuch um Verlängerung des Aufenthalts für bis zu weiteren 60 Tagen einzureichen. Dieses Gesuch reichen wir bei der Gesundheits-, Sozial - und Integrationsdirektion (GSI) ein.

Die Zustände ist für die Finanzierung der Aufenthalte. Eine wichtige Voraussetzung für die Verlängerung des Aufenthalts ist ein weiterhin bestehendes Schutzbedürfnis der Frau.

Ich bin Natalie Schneider. Ich bin Sozialarbeiterin und arbeite auf der Fachstelle Häusliche Gewalt der Stadt Bern. Das Angebot der Fachstelle Häusliche Gewalt ist für alle erwachsenen Menschen, welche in der Stadt Bern wohnen und Häusliche Gewalt erleben oder erlebt haben. Häusliche Gewalt umfasst unterschiedliche Formen. Sie kann körperlich sein, aber auch psychisch, wie beispielsweise Beschimpfungen, Drohungen oder Kontrolle. Auch zu sexueller Gewalt kann es innerhalb einer Ehe oder Partnerschaft kommen. Die häusliche Gewalt findet meistens innerhalb einer aktuellen oder ehemaligen Ehe oder Partnerschaft statt. Aber auch andere Familienmitglieder wie Kinder, Geschwister, Eltern oder Schwiegereltern können Gewalt ausüben.

Bei uns dürfen sich auch Personen melden, die noch keine Gewalt erlebt haben, aber zu Hause oder in einer Beziehung mit viel Angst leben oder es zu viel Streit kommt. Bei uns können sich auch Angehörige oder Nachbarn melden, welche sich erkundigen möchten, was sie tun können, wenn sie bei einer Person häuslichen Gewalt vermuten oder sogar beobachten. Unsere Beratungen finden meistens persönlich vor Ort in unseren Büros an der Predigergasse10 statt. Um einen Beratungstermin zu vereinbaren, rufen die meisten Personen bei uns an oder melden sich per E -Mail. Auf Wunsch beraten wir aber auch telefonisch oder per E -Mail. Wir Beraterinnen sprechen die Menschen am liebsten mit einem Namen an. Wenn jemand aber lieber anonym bleiben möchte, ist dies für uns völlig in Ordnung. Bei uns muss niemand sagen, wie er heisst oder wo er wohnt. Unsere Beratung ist kostenlos. Uns ist es wichtig, dass die Betroffene Person in ihrer Muttersprache sprechen kann. Bei Bedarf organisieren wir eine Übersetzungsperson und übernehmen auch die Kosten dafür. In den Beratungen sprechen wir über die Themen, die der betroffenen Person wichtig sind. Dies kann beispielsweise sein, dass wir über die erlebte Gewalt sprechen, rechtliche Fragen beantworten und zusammen über Wege aus der Gewalt sprechen.

Wir begleiten Personen auf Wunsch auch zur Polizei oder zu anderen Stellen. Wichtig zu wissen ist, wir unternehmen nichts ohne das Einverständnis der betroffenen Person.

Unsere Beratungen sind sehr vertraulich. Es ist uns sehr wichtig, dass die betroffene Person bei uns einen Ort findet, wo sie sich sicher fühlt und über das Erlebte sprechen kann. Mich freut es sehr, wenn eine Person den Weg aus der häuslichen Gewalt findet. Dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Beratung dann bei uns zu Ende ist. Wir bieten auch gezielte Unterstützung danach. Beispielsweise begleiten wir Personen durch die Trennungs - oder Scheidungsphase oder vermitteln Therapien, damit die erlebte Gewalt verarbeitet werden kann. Ein Leben ohne Gewalt ermöglicht den Personen neue Perspektiven. Es lohnt sich auf jeden Fall als betroffenen Person eine professionelle Beratung auszuprobieren. Jeder Mensch hat ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt und dafür setze ich mich täglich ein.

Schweigen ist keine Option

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Unterwegs in Bern? Die Station 9 findest du auch vor Ort: Werkhof Egelsee, Muristrasse 21E, 3006 Bern. 

  • 7. Dezember 2024 - Raum im 1. Stock - Zugang über die Aussentreppe auf der Strassenseite  
  • Anschliessend: EG, Nähe WC

Weitere Informationen.

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