Glossar
In diesem Glossar werden Begriffe und Stichworte im Zusammenhang mit Themen der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt erklärt. Das Glossar hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird laufend erweitert.
Ally (Straight Ally)
Ein Straight Ally (eng., deutsch: cis-heterosexuelle*r Verbündete*r) ist eine Person, die sich als heterosexuell und cisgender identifiziert, die Anliegen der LGBTIQ-Bewegung unterstützt und sich aktiv für den Abbau von Diskriminierungen gegenüber queeren Menschen und für deren Gleichstellung einsetzt.
asexuelle und aromantische Menschen
Asexuelle Menschen verspüren keine sexuelle Anziehungskraft bzw. kein Bedürfnis nach sexuellen Interaktionen. Aromantische Menschen verspüren keine romantische Anziehungskraft und/oder kein Bedürfnis nach romantischen Interaktionen.
(vgl. auch sexuelle Orientierung)
Antragsdelikt
Antragsdelikte sind Straftaten, die nur dann verfolgt werden, wenn die geschädigte Person dies bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft beantragt. Ein Beispiel für ein Antragsdelikt ist die sexuelle Belästigung (siehe auch rechtliche Informationen).
«Betroffene Person»
«Betroffene Person» kann als Bezeichnung von Personen, die Gewalt erlebt haben, verwendet werden. Der Begriff «betroffene Person» ist neutraler als «Opfer». «Opfer» wird in der Alltagssprache leider manchmal auch als Beleidigung verwendet und wird mit Vorstellungen von Wehr-, Hilfslosigkeit, Passivität und Leiden verbunden. «Betroffene Person» kann deshalb dem unterschiedlichen Erleben von und Reagieren auf Gewalterfahrungen insgesamt gerechter werden. Für manche gewaltbetroffenen Personen ist aber die Bezeichnung «Opfer» als Selbstbezeichnung ebenfalls stimmig (vgl. Brava, 2022)
bisexuell / pansexuell
Bisexuelle Menschen können sich in Personen von mehr als einer Geschlechtsgruppe verlieben und sich von unterschiedlichen Geschlechtern romantisch oder sexuell angezogen fühlen.
Pansexuelle Menschen verlieben sich in einen Menschen unabhängig von dessen Geschlecht und Geschlechtsidentität.
(vgl. auch sexuelle Orientierung)
Bystander
Bystander ist eine Person, die in der Nähe steht und etwas beobachtet, aber nicht am Geschehen teilnimmt. Deutsche Begriffe dafür wären: Zuschauer*in oder Beobachter*in.
Catcalling
Catcalling ist verbale sexuelle Belästigung. Dazu gehören unangebrachte, oft sexistische oder sexualisierte Kommentare, die meist Frauen und weiblich gelesenen Personen zugerufen werden sowie bspw. Nachpfeifen, Kussgeräusche und weitere anzügliche Laute und Gesten. In den meisten Fällen sind es Männer, die Catcalling als Demonstration von Dominanz und Macht im öffentlichen Raum ausüben.
cis / cisgeschlechtlich / cisgender / cis Mensch
Als cis oder cisgeschlechtlich wird eine Person bezeichnet, wenn das Geschlecht, mit dem sie sich identifiziert, mit dem Geschlecht übereinstimmt, welches ihr bei der Geburt zugewiesen wurde.
Beispiel: Ein Kind, das aufgrund seiner äusseren Geschlechtsmerkmale bei der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeteilt wurde, fühlt sich auch als Mädchen.
Eine Person, die nicht cisgeschlechtlich ist, wird als trans Person bezeichnet.
Coming-out (inkl. Fremdouting)
Das Coming-out ist die Erkenntnis, in Bezug auf die sexuelle Orientierung, die Geschlechtsidentität oder die Geschlechtsmerkmale von den heteronormativen Erwartungen der Gesellschaft abzuweichen.
Auf Deutsch «herauskommen», umfasst der Coming-out-Prozess den Weg von der eigenen Erkenntnis und Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtlichkeit bis zum Informieren des Umfelds.
Im Gegensatz zum Coming-out, bei dem eine Person selber bestimmt, wann sie wem von ihrem «Anderssein» erzählen will, bedeutet der Begriff «Fremdouting», dass eine Person gegen ihren Willen als homosexuell, bisexuell, asexuell, trans, intergeschlechtlich oder anders queer geoutet wird. Jemanden ohne Absprache zu outen ist nie ok. Jede Person hat das Recht, zu jedem Zeitpunkt selber zu bestimmen, wem sie sich wann offenbaren will.
Definitionsmacht
Definitionsmacht bedeutet, dass eine betroffene Person selbst definieren kann, welche Situationen von ihr als übergriffig oder gewaltvoll erlebt werden. (Sexualisierte) Gewalt ist alles, was die betroffene Person als solche erlebt und damit nicht verhandelbar. Die strafrechtliche Definition von Gewaltdelikten ist enger gefasst und entspricht womöglich nicht dem subjektiven Erleben der Gewalt. Es ist möglich, dass sich eine Person sexuell belästigt fühlt, der Vorfall aber nicht unter den Straftatbestand «Sexuelle Belästigung» fällt. Entsprechend der Logik der Definitionsmacht gilt es in dem Fall, das Erlebte der betroffenen Person ernst zu nehmen – unabhängig von der strafrechtlichen Definition.
Diskriminierung (intersektionale)
(Intersektionale) Diskriminierung findet statt, wenn eine Ungleichbehandlung in einem direkten Zusammenhang mit der (zugeschriebenen) Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder mit einem sozialen Merkmal der Person wie z.B. Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung, soziale oder ethnische Herkunft, Sprache, Religion, Alter, sichtbare und unsichtbare Behinderungen oder politischen Überzeugungen steht. Jede Person vereint in sich verschiedene soziale Merkmale und Zugehörigkeiten. Intersektionale Diskriminierung wird dieser Tatsache gerecht und beschreibt das Zusammenwirken von verschiedenen Diskriminierungsformen. Beispielsweise ist der Sexismus und der Queerfeindlichkeit, welche eine lesbische, Schwarze Frau in der Schweiz erlebt auch von Rassismus geprägt und deshalb nicht identisch mit dem Sexismus und die Queerfeindlichkeit, mit welchen sich lesbische weisse Frauen in der Schweiz konfrontiert sehen.
Rechtliche Normen gegen Diskriminierung sind in der Schweiz das Gleichheitsgebot in der Bundesverfassung (BV Art. 8), das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG), das Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG) und die im Schweizerischen Strafgesetzbuch verankerte Diskriminierungsstrafnorm (StGB Art. 261), durch welche rassistische und gegen homosexuelle Personen zielende Diskriminierung und Aufruf zu Hass strafrechtlich verboten sind.
(vgl. humanrights.ch, 2020)
endo-geschlechtlich
Eine endogeschlechtliche Person entspricht aufgrund ihrer körperlichen Merkmale den medizinischen Normen von «weiblich» oder «männlich».
Menschen, die nicht endogeschlechtlich sind, werden als intergeschlechtlich bezeichnet.
Exhibitionismus
Exhibitionismus ist das unerwünschte und unerwartete Zeigen von Genitalien gegenüber anderen Personen. Exhibitionistische Handlungen sind nach Artikel 194 des Schweizer Strafgesetzbuches verboten.
Freezing
Freezing ist eine mögliche Reaktion auf sexualisierte Gewalt. Beim Freezing erstarrt der Körper der betroffenen Person. Das führt dazu, dass sie sich weder verbal noch non-verbal wehren kann. Das Freezing wird in Zusammenhang mit der im März 2023 verabschiedeten Revision des Schweizer Sexualstrafgesetzes als Tatbestandelement aufgenommen (vgl. SRF-Beitrag vom 7.3.2023)
Gender
In Abgrenzung zum biologischen Geschlecht (engl. «sex») steht der Begriff «gender» für die soziale Dimension des Geschlechts.
Genderqueer, genderfluid
Genderqueer ist eine Bezeichnung für alle Menschen, die keine klare männliche oder weibliche Geschlechtsidentität haben. Wenn sich die Geschlechtsidentität kontinuierlich verändert, kann sich ein Mensch auch als genderfluid bezeichnen.
Genderzeichen (Genderstern, Gendergap, Genderdoppelpunkt)
Genderzeichen stehen als Platzhalter und öffnen den Raum zwischen den Polen «weiblich» und «männlich». Durch die Schreibweise mit einem Genderzeichen wird darauf hingewiesen, dass Geschlecht als Kontinuum verstanden wird und zwei Kategorien zu kurz greifen. So werden bewusst nicht nur Frauen und Männer, Jungen und Mädchen, sondern explizit auch nicht-binäre Menschen angesprochen und sichtbar gemacht. Die Diskussion rund um die Verwendung von Genderzeichen ist in vollem Gange. Welches der Genderzeichen sich in Zukunft durchsetzen wird, ist noch offen.
Genderstern
Der Genderstern ist das zurzeit am häufigsten verwendete Genderzeichen. Das typografische Zeichen des Gendersterns («Asterisk») kommt aus der Computersprache und wird als Platzhalter für eine beliebige Zeichenkette verwendet. Der Genderstern wurde bereits in den 1990er-Jahren im englischsprachigen Raum erstmals verwendet, um das Wort trans* abzukürzen bzw. mit dem Stern das Ende des Begriffs offenzulassen (transgeschlechtlich, transgender, etc.), weshalb er auch als «trans asterisk» oder «trans star» bezeichnet wurde. In den letzten zehn Jahren wurde der Genderstern zuerst im Kontext der Hochschulen, danach auch zunehmend von zivilgesellschaftlichen Organisationen, politischen Parteien und weiteren Institutionen anstelle eines Schrägstrichs, Binnen-I oder Gender-Gaps zwischen die männliche und weibliche Form von Personenbezeichnungen gesetzt. Damit dient er, ebenso wie der Gender-Gap, als Platzhalter für die geschlechtliche Vielfalt zwischen den Polen männlich und weiblich.
Manchmal wird der Genderstern am Ende eines Worts verwendet. Zum Beispiel: «Alle Mädchen* und jungen Frauen* sind im Jugendtreff willkommen». Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass alle jungen Menschen willkommen sind, unabhängig davon, ob ihre biologischen Geschlechtsmerkmale und ihre Geschlechtsidentität mit dem amtlichen Geschlechtseintrag übereinstimmen oder nicht.
Gendergap
Die Idee zum typografischen Stilmittel des Unterstrichs wurde erstmals 2003 von einem Sprachwissenschaftler vorgestellt. Der Gendergap schiebt graphisch die männliche und die weibliche Form auseinander, um dazwischen Platz für etwas Neues zu machen. Nämlich genau für jene, die sich nicht mit der zweigeschlechtlichen Ordnung identifizieren können oder wollen. Der Unterstrich dient also in erster Linie der Sichtbarmachung. Nach dem Bekanntwerden wurde der Unterstrich als Genderzeichen zunehmend in queeren, und feministischen Zusammenhängen und an Hochschulen eingesetzt, um Geschlechtervielfalt zum Ausdruck zu bringen. Der Gendergap wurde in den letzten Jahren zunehmend durch den Genderstern abgelöst.
Genderdoppelpunkt
Der Genderdoppelpunkt wurde im Zusammenhang mit der rechtlichen Anerkennung der dritten Geschlechtsoption «divers» 2018 in Deutschland und 2019 in Österreich erstmals von einigen Verwaltungen und Behörden zur Inklusion nicht-binärer Menschen verwendet. Wieso gerade der Doppelpunkt als Zeichen ausgewählt wurde, ist nicht bekannt.
Geschlechtsspezifische Gewalt
Geschlechtsspezifische Gewalt ist Gewalt, die sich gegen Frauen und weiblich gelesene Personen sowie gegen nicht-binäre, trans, genderqueere und intergeschlechtliche Personen aufgrund derer (vermuteten) Geschlechtszugehörigkeit richtet.
Geschlechtsidentität
Das innere Wissen, welches Geschlecht ein Mensch selbst hat. Dies kann weiblich oder männlich, aber auch nicht-binär sein (z.B. genderfluid, agender, demigender, etc.).
Grenzüberschreitungen / Grenzverletzungen
Grenzüberschreitungen / Grenzverletzungen beziehen sich auf die subjektive Erfahrung und meinen das Missachten der körperlichen, sexuellen oder psychischen Grenzen einer Person.
Heteronormativität
Die Annahme, dass es zwei (und nur zwei!) Geschlechter gibt, dass die körperlichen Geschlechtsmerkmale in jedem Fall voraussagen, welche Geschlechtsidentität jemand haben wird (Annahme der Cis-Geschlechtlichkeit) und die Annahme, dass Männer Frauen begehren und Frauen Männer (Annahme der Heterosexualität).
Der Begriff «Normativität» verweist auf die soziale Konstruktion dieser Ordnung durch eine gesellschaftliche Norm, welche Heterosexualität als einzig vorstellbare soziale Wirklichkeit institutionalisiert, indem sie andere Realitäten und Lebensweisen aus der Wahrnehmung des gesellschaftlich «Normalen» ausschliesst; dies passiert durch Kriminalisierung, Pathologisierung, statistische Marginalisierung oder Dethematisierung.
heterosexuell / Heterosexualität
Heterosexuelle Frauen sind Frauen, die sich in Männer verlieben und Männer begehren.
Heterosexuelle Männer sind Männer, die sich in Frauen verlieben und Frauen begehren.
(vgl. auch sexuelle Orientierung)
homosexuell (lesbisch, schwul)
Lesbische Frauen sind Frauen, die sich in Frauen verlieben und Frauen begehren.
Schwule Männer sind Männer, die sich in Männer verlieben und Männer begehren.
(vgl. auch sexuelle Orientierung)
IDAHOBIT / IDAHOT
Jeweils am 17. Mai findet der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) statt, an dem weltweit Aktionen durchgeführt werden.
Zurückzuführen ist das Datum des IDAHOBIT auf den 17. Mai 1992. An diesem Tag wurde Homosexualität von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als Krankheit aus dem Klassifikationssystem gestrichen. Seit Anfang 2022 wird auch Transidentität von der WHO nicht mehr unter den psychischen Störungen aufgeführt. Die Pathologisierung intergeschlechtlicher Menschen dauert noch an.
intergeschlechtlich / Intergeschlechtlichkeit
Intergeschlechtlichkeit ist ein Begriff für Menschen, die mit Variationen der Geschlechtsentwicklung geboren werden. Der Körper von intergeschlechtlichen Menschen entspricht aufgrund ihrer genetischen, hormonellen und/oder anatomischen Konstitution nicht den medizinischen Normen von «weiblich» oder «männlich». Bis heute sind neben der «weiblichen» und «männlichen» viele weitere Geschlechtsausprägungen bekannt. Die meisten Variationen bedürfen keiner medizinischen Behandlung und können als Ausdruck der menschlichen Vielfalt wertgeschätzt werden. Die Geschlechtsidentität von intergeschlechtlichen Menschen kann (wie es bei biologischen Frauen und Männern auch der Fall ist) sowohl binär wie auch nicht-binär sein (vgl. nicht-binäre Geschlecher / binäre Geschlechter).
Der Begriff «Intersexualität» wird heute nicht mehr verwendet, weil er missverständlich ist und pathologisiert. Er geht auf das englische Wort «sex» für biologisches Geschlecht zurück. Im Deutschen suggeriert «sex» jedoch, dass der Begriff etwas mit Sexualität zu tun hat, was nicht zutrifft.
Menschen, die nicht intergeschlechtlich sind, werden als endo-geschlechtlich bezeichnet.
Intersektionalität
vgl. intersektionale Diskriminierung unter dem Begriff «Diskriminierung».
Konsens
vgl. sexueller Konsens
LGBTIQ
Die Abkürzung LGBTIQ kommt aus dem Englischen und ist die Abkürzung für lesbisch, schwul (gay), bisexuell, transgeschlechtlich, intergeschlechtlich und queer. Zusammenfassend sind mit LGBTIQ-Menschen all jene Personen gemeint, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, ihrer biologischen Geschlechtsmerkmale oder ihres Geschlechtsausdrucks von der Geschlechternorm abweichen.
Unter dem Buchstaben «Q» werden manchmal nicht nur «queere» Menschen subsumiert, sondern er wird auch als Abkürzung für «questioning» verwendet, also für alle, die noch suchend oder unentschieden sind, wo und wie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität einzuordnen ist. Die Abkürzung kann mit weiteren Buchstaben ergänzt werden z.B. «A» für aromantisch oder asexuell, «P» für pansexuell, etc.
Misogynie
Misogynie kommt aus dem Altgriechischem und bedeutet Frauenfeindlichkeit bis hin zu Hass gegenüber Frauen oder weiblich gelesenen Personen. Unter den Begriff fallen sowohl gesellschaftliche Einstellungsmuster als auch Einstellungen auf persönlicher Ebene, welche eine Abwertung von Frauen und weiblich gelesene Personen vertreten. Misogynie zeigt sich in unterschiedlichen Situationen, wenn beispielsweise Eigenschaften, Symbole oder Gegenstände, die als «typisch weiblich» gelten, herabgesetzt werden. Durch diese Hierarchisierung ist Misogynie Grundlage für die Unterdrückung von Frauen und weiblich gelesenen Personen.
nicht-binäre Geschlechter / binäre Geschlechter
Binär bedeutet, dass etwas in Gegensätzen gedacht wird oder gegensätzlich ist. Auf das Geschlecht bezogen bedeutet dies die Annahme, dass es zwei und nur zwei Geschlechter gibt, nämlich Mann und Frau. Die Existenz von Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität oder nicht ausschliesslich «männlichem» oder «weiblichem» Körper wird damit ausgeblendet vgl. auch Heteronormativität).
Bezogen auf die Geschlechtsidentität bedeutet nicht-binär, dass sich eine Person gar nicht (agender) oder nur teilweise (demigender) mit dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht identifiziert oder sich zwischen diesen Polen bewegt (genderfluid).
Bezogen auf die biologischen Geschlechtsmerkmale bedeutet nicht-binär, dass eine Person aufgrund ihrer Chromosomen, Hormone, inneren und / oder äusseren Geschlechtsmerkmale nicht den medizinischen Normen von «männlich» oder «weiblich» entspricht (vgl. auch intergeschlechtlich).
öffentlicher Raum
Öffentlicher Raum beschreibt Orte, die grundsätzlich für verschiedenste Menschen zugänglich sind. Der öffentliche Raum grenzt sich somit vom privaten Raum – den eigenen vier Wänden – ab. Zum öffentlichen Raum können aber auf Orte dazugehören, die in Privatbesitz sind wie z.B. Bars, Clubs oder Restaurants. Diese können wegen ihrer breiten Zugänglichkeit auch als halböffentliche Räume bezeichnet werden. Die rechtlichen Bestimmungen für die Nutzung von öffentlichem Raum kommen aber in halböffentlichen Räumen nicht zum Tragen (vgl. HSLU Bericht, 2018).
Offizialdelikt
Offizialdelikt ist ein schwerwiegendes Verbrechen, das aufgrund seiner Schwere von Amtes wegen verfolgt wird, sobald die Strafverfolgungsbehörde (Polizei oder Staatsanwaltschaft) davon weiss und zwar unabhängig davon, ob die betroffene Person dies wünscht oder nicht. Die Strafanzeige kann von der betroffenen Person oder von einer anderen Person eingereicht werden (vgl. rechtliche Informationen).
Parteilichkeit
Parteilichkeit stellt die von der Gewalt betroffenen Person, ihr Wohl und ihre Interessen ins Zentrum. Parteilichkeit ist mit der Haltung verbunden, die betroffene Person und ihre Deutungen des Gewaltvorgangs ernst zu nehmen und von deren Glaubwürdigkeit auszugehen.
Pride – Pride Monat
Die Pride, oder auch Christopher Street Day, findet meist im Juni statt. In der Schweiz gibt es zwei offizielle Pride-Demonstrationen (eine in Zürich und eine in der Romandie oder im Tessin). Dabei wird für mehr Offenheit, Toleranz und weniger Gewalt gegenüber LGBTIQ*-Menschen demonstriert.
Progressive-Pride-Regenbogenfahne
Neben den Regenbogenfarben beinhaltet die Progressive-Pride-Regenbogenfahne auch die Farben der trans Flagge (rosa, weiss und hellblau) sowie die Flagge der intergeschlechtlichen Community (violetter Kreis auf gelbem Grund). Der braune und schwarze Streifen steht für die Communities der queeren Menschen of Color (BIPoC), die besonders häufig von Gewalt und Diskriminierung betroffen sind. Die Fahne wurde im Jahr 2021 von Valentino Vecchietti entworfen.
queer
Queer ist ein englisches Wort und bedeutet «seltsam, komisch». Ursprünglich als Schimpfwort angewendet, wurde «queer» von der LGBTIQ*-Community umgedeutet. Heute wird «queer» als Oberbegriff verwendet für ist es ein Begriff für Personen, die in Bezug auf ihre sexuelle Orientierung, ihre Geschlechtsidentität, ihre körperlichen Geschlechtsmerkmale und/oder ihren Geschlechtsausdruck nicht den cis-heterosexuellen Normvorstellungen entsprechen.
- Personen mit nicht heterosexueller Orientierung; z.B. lesbische, schwule, bisexuelle, aromantisch/asexuelle Personen (vgl. sexuelle Orientierung)
- Personen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde; z.B. trans, nicht-binäre, genderfluide, agender Personen (vgl. Geschlechtsidentität / trans Menschen)
- Personen, deren körperlichen Geschlechtsmerkmale nicht den medizinischen Normen von «weiblich» oder «männlich» entsprechen (vgl. intergeschlechtliche Menschen)
- Personen, deren Geschlechtsausdruck nicht den gesellschaftlichen Normvorstellungen entspricht; z.B. wegen dem Kleidungstil, der Frisur, dem Schmuck, der Art und Weise, wie Sie sich Schminken, ihre Fingernägel lackieren, sich bewegen, etc. (vgl. Geschlechtsausdruck)
queere Menschen of color (BIPoC)
«BIPoC» ist die Abkürzung von Black, Indigenous, People of Color und bedeutet auf Deutsch «Schwarze, Indigene und Person of Color». Es ist eine Selbstbezeichnung von Personen mit Rassismuserfahrungen. Bis heute steht der Begriff für die Kämpfe gegen Unterdrückung und für mehr Gleichberechtigung. Wir leben in einer Welt, in der rassistische Ideen und Strukturen nach wie vor weit verbreitet sind, auch wenn die Ideologie längst als unhaltbar erklärt wurde. Queer sein und rassifiziert zu werden, bedeutet oft Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt zu sein.
- Mehr Begriffe unter Glossar «Sprachmächtig - Glossar gegen Rassismus» von Bla*Sh.
- oder im Glossar diskriminierungssensible Sprache von Amnesty International.
- Unterstützung bei Rassismuserfahrungen bietet die Fachstelle für Migrations- und Rassismusfragen der Stadt Bern.
Queerfeindlichkeit
Queerfeindlichkeit bezeichnet Vorurteile, Ablehnung oder diskriminierende Handlungen gegenüber Personen, die sich als queer identifizieren oder die aufgrund von ihrem Geschlechtsausdrucks oder Verhalten als queer wahrgenommen werden.
Queerfeindlichkeit kann in unterschiedlichen Formen auftreten, darunter verbale, psychische oder physische Gewalt, Ausgrenzung, strukturelle Diskriminierung oder die Verweigerung von Rechten.
Queerfeindlichkeit basiert auf gesellschaftlichen Normen, die Heterosexualität und binäre Geschlechterrollen als Standard betrachten, und kann durch Unwissenheit, Vorurteile oder bewusstes feindseliges Verhalten verstärkt werden.
Queerfeindlichkeit ist ein zentrales Thema in der Antidiskriminierungsarbeit und in Diskussionen über Gleichberechtigung und Inklusion.
«Rainbow Europe» Ranking
Im Rainbow Ranking der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association ILGA werden 57 Indikatoren aus sechs Bereichen erfasst und bewertet:
- Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung
- Partnerschaft und Familie
- Hassverbrechen und Hassreden
- Rechtliche Situation bei der Änderung von Name und amtlichem Geschlecht sowie Schutz der körperlichen Integrität
- Meinungsfreiheit und zivilgesellschaftliche Beteiligung
- Asylrecht
Regenbogenfahne
Das Regenbogensymbol mit den sechs Farbstreifen ist seit den 1970er-Jahren ein internationales Zeichen für die schwule und lesbische Gemeinschaft. Auch wenn jede der einzelnen Gruppen der LGBTIQ* Community auch ihre eigenen Fahnen haben, dient die Regenbogenfahne nicht nur als Zeichnen der Schwulen und Lesben, sondern manchmal auch als Symbol für die gesamte LGBTIQ*-Community und deren bunten Vielfalt.
Sexismus
Sexismus umfasst alle Handlungen, Praxen, Darstellungen, Verhaltensweisen und Einstellungen, welche auf der Vorstellung beruhen, dass ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen aufgrund ihres Geschlechts minderwertig sei / seien und welche als Ziele oder als Auswirkung haben, dass…
- dieser Mensch oder diese Gruppe von Menschen in ihrer Würde, ihrer Integrität oder in ihrer Autonomie verletzt oder eingeschränkt wird;
- sozial, ökonomisch oder rechtlich benachteiligt wird oder dass dadurch
- Geschlechterstereotype aufrechterhalten oder verstärkt werden oder
- ein erniedrigendes, beleidigendes, feindseliges Umfeld kreiert wird
vgl. Europarat 2019
Sexuelle Ausbeutung
Sexuelle Ausbeutung ist eine Form der sexualisierten Gewalt, welche in einem Kontext von starker Machtungleichheit ausgeübt wird. Z.B. Erwachsene Person – Kind, Betreuungsperson – Heimbewohner*in, Vorgesetzte*r – Angestellte*r, etc.
Sexuelle / sexualisierte Belästigung
Sexuelle / sexualisierte Belästigung ist eine Form der sexualisierten Gewalt und bezeichnet jedes belästigende Verhalten mit sexuellem Bezug oder Bezug zur Geschlechtsidentität, das von einer Seite unerwünscht ist und die betroffene Person abwertet oder in ihrer Würde verletzt. Beispiele sind unerwünschte Berührungen, anzügliche Kommentare, Nachpfeifen, sexualisierte erniedrigende Sprache oder entwürdigende medizinische Untersuchungen (vgl. EBG und SECO, 2022).
Gewisse Formen von sexueller Belästigung sind durch den Artikel 198 des Schweizer Strafgesetzbuches verboten und können auf Antrag der betroffenen Person strafrechtlich verfolgt werden: «Wer vor jemandem, der dies nicht erwartet, eine sexuelle Handlung vornimmt und dadurch Ärgernis erregt, wer jemanden tätlich oder in grober Weise durch Worte sexuell belästigt, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft (vgl. Art. 198 Schweizer Strafgesetzbuch)».
Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt ist ein Überbegriff für alle Formen sexualisierter Grenzverletzungen. Sexualisierte Gewalt umfasst somit unerwünschte, unangebrachte, beleidigende Äusserungen mit sexuellem Bezug wie auch jede Form von unerwünschten, aufgedrängten oder erzwungenen Handlungen und grenzverletzendem Verhalten mit sexualisiertem Bezug bis hin zu Vergewaltigungen oder sexuellen Nötigungen. Nicht die Sexualität, sondern Macht, Dominanz, Kontrolle und Abwertung stehen dabei im Vordergrund, deshalb wird von sexualisierter und nicht von sexueller Gewalt gesprochen.
Sexuelle Integrität
Sexuelle Integrität kann auch mit sexueller Selbstbestimmung und Recht auf sexuelle Unversehrtheit übersetzt werden. Sexuelle Grenzverletzungen und ungewollte sexualisierte Handlungen verletzen die sexuelle Integrität einer Person.
(vgl. Kinderspital Zürich)
Sexueller Konsens
Sexueller Konsens ist ein Zustand, bei dem alle beteiligten Personen freiwillig, aktiv und in jedem Moment allen sexuellen Handlungen zustimmen.
(vgl. Amnesty International, 2022)
Sexueller Missbrauch
Sexueller Missbrauch impliziert, dass es auch einen zulässigen «Gebrauch» gäbe, was im Kontext von Sexualität unpassend ist (vgl. Brava, 2022). Alternative Begriffe wären (sexuelle) Misshandlung, (sexuelle) Ausbeutung oder sexualisierte Gewalt. Der Begriff des sexuellen Missbrauchs wird aber weiterhin, auch von betroffenen Personen, verwendet.
Sexuelle Orientierung
Die romantische und sexuelle Orientierung sagt aus, von Menschen welcher Geschlechter sich eine Person romantisch und / oder sexuell angezogen fühlt. Es gibt viele verschiedene sexuelle Orientierungen (z.B. heterosexuell, homosexuell, bisexuell/pansexuell, aromantisch/asexuell und weitere).
Transition
Der Prozess einer Person, in dem sie ihr Geschlecht medizinisch, sozial und/oder juristisch an die gefühlte Geschlechtsidentität angleicht.
Eine Transition kann beispielsweise einen oder mehrere der folgenden Schritte beinhalten: Das Coming-Out gegenüber der Familie, bei Freund*innen und Bekannten, sich der Geschlechtsidentität gemäss kleiden, den Vornamen ändern, den Personenstand ändern, eine Hormontherapie beginnen, chirurgische Anpassung am Körper vornehmen.
trans / transgeschlechtlich / transgender / trans Mensch
Trans Menschen fühlen sich nicht (oder nicht nur) demjenigen Geschlecht zugehörig, dem sie aufgrund ihrer körperlichen Merkmale bei der Geburt zugewiesen wurden.
Trans Mädchen und trans Frauen sind Mädchen bzw. Frauen, die mit einem männlichen Körper geboren worden sind.
Trans Jungen und trans Männer sind Jungen bzw. Männer, die mit einem weiblichen Körper geboren worden sind.
Es gibt auch nicht-binäre trans Menschen (vgl. binäre und nicht-binäre Geschlechter).
Menschen, die nicht transgeschlechtlich sind, werden als cis-geschlechtlich bezeichnet).
Victim-Blaming
Victim-Blaming bedeutet, dass die betroffene Person für die erlebte Gewalt (mit)verantwortlich gemacht wird und kann mit «Schuldumkehr» oder «Täter*in – Opfer – Umkehr» übersetzt werden. Beispiele dafür sind, wenn betroffenen Personen direkt oder indirekt vorgeworfen wird, sie hätten die Tat durch ihre Kleidung oder ihr Verhalten provoziert oder sie hätten nicht genügend Schutzvorkehrungen getroffen, um die Tat zu verhindern.
weiblich / männlich gelesene Personen
Weiblich oder männlich gelesene Person wird anstatt «Frau» und «Mann» verwendet, um deutlich zu machen, dass es sich um eine eigene Interpretation des Geschlechts der anderen Person handelt. Denn wir sehen einer Person die Geschlechtsidentität nicht an.
Zugewiesenes Geschlecht
Das zugewiesene Geschlecht ist das biologische Geschlecht, welches bei der Geburt einer Person zugeteilt wird. In immer mehr Ländern gibt es die Möglichkeit, neben «männlich» und «weiblich» eine 3. Option zu wählen, in Deutschland und Österreich zum Beispiel die Option «divers». In manchen Ländern gibt es auch die Möglichkeit, den Geschlechtseintrag (vorerst) offen zu lassen.
Ein wichtiger Begriff fehlt im Glossar? Vorschläge für Ergänzungen nehmen wir gerne entgegen: bernschauthin@bern.ch