Josè Mosqueira: «Der grosse Spass ist die kleine Grösse»
In einer neuen Reportage-Reihe werden Mitarbeitende der Stadtverwaltung in unregelmässigen Abständen vorgestellt, deren Arbeitsalltag die Digitalisierung prägt. Dieses Mal mit: Josè Mosqueira, Fahrer eines Spül- und Saugfahrzeugs beim Tiefbauamt der Stadt Bern.
Gespannt laufe ich zur Haltestelle Gewerbeschule, von der ich über die Lorrainebrücke auf die Stadt sehe. Ich setze mich auf die Bank unter das kleine Vordach und lasse Bus um Bus an mir vorbeifahren – denn ich warte nicht auf die richtige Linie, sondern auf Josè. Auf Josè Mosqueira, um genauer zu sein. Er zeigt mir heute, wie er arbeitet. Nämlich ganz modern mit Tablets. Viel mehr weiss ich noch nicht.
Josè würde um 13 Uhr dort sein, lässt mir Hanspeter Loosli, Geoinformationssystem-Koordinator – kurz GIS-Koordinator – beim Tiefbauamt der Stadt Bern (auch TAB genannt) per Mail ausrichten. Denn Josè Mosqueira hat keinen eigenen Arbeitsplatz mit PC oder Laptop. Er ist Fahrer eines Spül- und Saugfahrzeugs – und einer von 350 Mitarbeitenden des TAB.
Es ist dann auch Punkt 13 Uhr, als der grosse Lastwagen mit dem Stadt-Emblem an der gegenüberliegenden Haltestelle stoppt. Später erfahre ich, das ist der 10 Meter lange, 3,6 Meter hohe und 26 Tonnen schwere Saugwagen – das grösste Fahrzeug des Tiefbauamts und Josès täglicher Begleiter.
Ich laufe hinüber und stelle mich vor. Hanspeter Loosli ist auch dabei – er war an der Umsetzung der mobilen Anwendung beteiligt, mit der Josè bereits seit 2016 arbeitet. Nach der kurzen Vorstellungsrunde geht es los – denn Josè und sein heutiger Kollege Markus Känel müssen bis 15.45 Uhr alle Schächte von der Gewerbeschule bis zum Nordring hoch und wieder zurück kontrolliert und gereinigt haben. Danach haben sie Feierabend – wohlverdient. Schliesslich sind sie schon seit 7 Uhr morgens unterwegs.
Mit dem Tablet von Schacht zu Schacht
Gleich an der Haltestelle wird der erste Entwässerungsschacht geöffnet und gereinigt. Es ist nur einer von weit über 10'000 auf städtischem Boden. Interessiert schaue ich zu, wie sie zu zweit den Deckel abnehmen und dann zuerst mit einem grossen Schlauch und dann noch mit einem kleineren Hochdruckreiniger den Schacht säubern.
Als ich mit Josè in der Fahrerkabine sitze und wir die Strasse hoch Richtung Nordring fahren, erklärt er mir, dass er eigentlich seinem Kollegen nicht helfen muss beim Reinigen. «Aber ich springe natürlich auch mal ein, wenn etwas nicht alleine geht.» Doch Josè Mosqueira ist hauptsächlich Fahrer. Er schaut, an welchem Schacht sie als nächstes halten müssen. Seit gut zehn Jahren kann er das auf einem mobilen Gerät überprüfen. Damals waren diese noch offline, seit 2016 liefern die Tablets die benötigten Daten in Echtzeit. So kann Josè live darauf zugreifen.
Nachdem er das Tablet gestartet hat, muss er sich einloggen. Dann könne man den gewünschten Schacht anwählen. «Wir schauen auf dem Gerät, was das für ein Schacht ist, ob Schlammsammler oder Einlaufschacht, welche Nummer und welche spezifische Deckelform der Schacht hat. Und dann können wir die Daten eingeben, wo wir putzen und ob es einen Schaden am Schacht hat. Gleichzeitig reinigt der Kollege diesen. Und so geht das Schacht um Schacht», erzählt Josè Mosqueira gut gelaunt.
«Die Digitalisierung bringt uns zusammen»
Man merkt, die Lösung mit den Tablets gefällt dem Lastwagenfahrer. «Früher haben wir immer mit Plänen in der Kabine gearbeitet», sagt Josè. Das sei ein richtiger Papierkrieg gewesen. «Heute ist es nur noch ein 20x20-Tablet, bei dem man mit dem Finger die Daten ˈeintöggelenˈ kann.» In einer Minute sei alles erfasst. «Der grosse Spass ist die kleine Grösse», strahlt Josè.
Für GIS-Koordinator Hanspeter Loosli liegt der Vorteil noch wo anders: «Durch die neue Lösung, die seit 2016 im Einsatz ist, entfallen langwierige und fehleranfällige Synchronisationsschritte der Datensätze», erklärt er mir. Währenddessen sind Josè und sein Arbeitskollege dabei, ein Rohr, das schwimmende Stoffe (Laub oder ähnliches) zurückhält – wieder gemeinsam im Schacht einzusetzen. Tauchbogen nennt sich das Rohr treffend.
Um kurz vor 15 Uhr verabschiede ich mich – ich will die Herren ja nicht unnötig von der Arbeit abhalten. Als ich ihm die Hand gebe, sagt Hanspeter Loosli noch: «Die Digitalisierung drängt das Menschliche nicht in den Hintergrund, sondern bringt die Mitarbeitenden draussen und uns Bürogummis zusammen.» Dabei lacht er – und setzt diesem spannenden Nachmittag einen schönen Schlusspunkt.