Referat Franziska Teuscher anlässlich15. Forum der Migrantinnen und Migranten der Stadt Bern zu «Die Schule unserer Kinder»
Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich15. Forum der Migrantinnen und Migranten der Stadt Bern zu «Die Schule unserer Kinder», 4.November 2016©
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Forumsteilnehmerinnen und -teilnehmer
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Schulwesens
Sehr geehrte Mitglieder der Fachkommission für Integration
«Die Schule unserer Kinder» ist das Thema des diesjährigen Forums. Lassen Sie uns deshalb einen kurzen Moment Schule spielen. Ich werde Ihnen eine kleine Aufgabe geben: Schliessen Sie einen Moment Ihre Augen und stellen Sie sich eine Klasse mit zwanzig Kinder in einem Schulhaus in Ihrem Quartier vor. Die Kinder haben Pause, sie spielen und reden miteinander. Nun überlegen Sie bitte: Wer sind diese Kinder? Wer sind ihre Eltern? Welche Sprachen sprechen sie zu Hause? Wo leben ihre Grosseltern? Wie wachsen sie auf?
Öffnen Sie nun die Augen: Die Statistik sagt, dass von diesen zwanzig Kindern mindestens fünf keinen Schweizer Pass haben. Allerdings sind drei von ihnen schon in der Schweiz geboren. Weitere Kinder haben zwar einen Schweizer Pass, aber beide Eltern oder ein Elternteil ist im Ausland geboren. Und höchstens ein Kind stammt aus der Gruppe der Asylsuchenden. Was sagen uns diese Zahlen? Dass etwa die Hälfte aller Kinder in Bern aus Familien mit einer Migrationserfahrung kommt. Ihre Eltern sind nicht in der Schweiz aufgewachsen, ihre Grosseltern leben woanders, sie sprechen neben Deutsch noch mindestens eine weitere Sprache.
Diese Vielfalt ist Alltag in Bern: Migrationshintergrund und Mehrsprachigkeit, meine Damen und Herren, ist nicht die Ausnahme, sondern die Normalität.
Ich wünsche mir und uns eine offene Stadt, wo sich alle zu Hause fühlen können. Dazu müssen alle Kinder und Jugendlichen in den Schulen die entsprechenden Chancen bekommen.
Dies ist einer der wichtigen Pfeiler der neuen Bildungsstrategie der Stadt Bern. Ich zitiere: «Die Volksschule soll […] nach grösstmöglicher Chancengerechtigkeit für alle Kinder und Jugendlichen streben. Dies unabhängig von Geschlecht, physischer oder psychischer Beeinträchtigung, sozialer Herkunft, Sprache, Religion, Nationalität oder dem Wohnquartier.» Die Schülerinnen und Schüler sollen sich ihren individuellen Möglichkeiten entsprechend auf ein erfülltes, selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Leben vorbereiten können.
Die Bildungsstrategie wurde im März dieses Jahres verabschiedet und gilt bis 2025. Wir werden uns in den kommenden zehn Jahren auf vier Hauptstossrichtungen konzentrieren, die dazu beitragen sollen, die ideale, starke und lebensfrohe Schule zu realisieren. Über zwei dieser Hauptstossrichtungen werden wir heute am Forum diskutieren. Ich stelle Sie Ihnen gerne kurz vor:
- «Integrative Schule»: Wir verstehen die Volksschule als eine Schule der Vielfalt, wo Diskriminierungen generell und insbesondere bei der Selektion keinen Platz haben. Das heisst z.B. beim Übertritt von der Primarstufe in die Sekundarstufe I oder beim Übertritt von der Volksschule in eine weiterführende Ausbildung, gibt es keine Diskriminierung. Die ideale Schule gestaltet deshalb die Übergänge vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe sorgfältig und gerecht. Schülerinnen und Schüler sollen sich ihren Potenzialen entsprechend entwickeln können. Dazu braucht es eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern.
- 2. Hauptstossrichtung: Wir stellen uns die Schule als einen Lern- und Lebensort vor. Deshalb sind für uns gute Lehr- und Lernbeziehungen ein zentrales Thema. Wir wollen dafür auch Ganztagesstrukturen weiterentwickeln, um Bildung und Betreuung als Einheit in Unterricht und Freizeit ausgestalten zu können. Ausserdem wollen wird die Zusammenarbeit zwischen der Schule und ausserschulischen Akteurinnen und Akteuren wie Sportvereinen, Musikschulen, der Pfadi usw. verbessern. So erleichtern wir den Kindern und Jugendlichen den Zugang zu den vielfältigen Bildungsangeboten im Quartier.
Das heutige Forum findet somit in einem idealen Moment statt, da die Bildungsstrategie dieses Jahr lanciert wurde und die Schulleiterinnen und Schulleiter ab nächstem Jahr konkrete Umsetzungsmassnahmen für jede Schule entwickeln werden. Das Kompetenzzentrum Integration (KI) wird mit den Vorschlägen, Rückmeldungen und Anliegen, die Sie uns heute Abend präsentieren, einen Bericht zusammenstellen. Dieser wird den Schulleitungen und Schulkommissionen zugänglich gemacht werden. Ich lade Sie deshalb ein: Nutzen Sie den heutigen Abend für offene und kreative Diskussionen. Ausserdem erhalten Sie heute viele Informationen zu Angeboten in und um die Schule.
Die Ergebnisse des heutigen Forums werden eine wichtige Grundlage für die Umsetzung der Bildungsstrategie sein. Wir wollen die Zeit bis 2025 nutzen, um neue Impulse in die Schulen zu bringen. Wir sehen die Schulen als einen Ort, wo unsere Kinder ihre Potenziale entwickeln können, wo sie (und ihre Eltern!) gerne hingehen.
Ich verstehe die Schulen in Bern als Trampolin für Ihre Kinder: Die Schule ist das Netz, das die Kinder freudig höher und höher springen lässt.
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«Forum der Migrantinnen und Migranten», Referat Franziska Teuscher, 4.11.16 (PDF, 92.4 KB) |