Referat anlässlich der Medienkonferenz des Gemeinderates «Legislaturrichtlinien 2021-2024: Schlussbericht»
Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Medienkonferenz des Gemeinderates «Legislaturrichtlinien 2021-2024: Schlussbericht», 3. Juli 2024
(Es gilt das gesprochene Wort)
Liebe Medienschaffende
Liebe Gemeinderatskolleg*innen
Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Chancengerechtigkeit fördern sowie die Armut bekämpfen – das sind drei Kernaufgaben, die in meiner Direktion und für mich im Vordergrund standen und weiterhin stehen:
«Der Gemeinderat bekämpft die sozialen Folgen der Corona-Pandemie mit höchster Priorität», lautet ein Legislaturziel. Die Coronapandemie ist zum Glück in den Hintergrund gerückt, sie hat uns aber eindrücklich die Gesichter der Armut gezeigt, auch in der Stadt Bern – da dürfen wir nichts schönreden. Die Stadt Bern hat die Pandemie vergleichsweise gut gemeistert. Gleichwohl sind auch wir nach wie vor gefordert, Massnahmen zu treffen, um Armutsbetroffene und -gefährdete Menschen zu unterstützen und Armut vorzubeugen. Daher wird auch der Austausch mit privaten und kirchlichen Hilfsorganisationen, der während der Corona-Zeit aufgebaut wurde, am «Runden Tisch Armut» weitergeführt.
Ganz konkret konnten wir in dieser Legislatur zwei Angebote zur Armutsbekämpfung aufbauen: Am Runden Tisch Armut entstanden, startete im Januar 2023 das Pilotprojekt «Überbrückungshilfen». Es beinhaltet niederschwellige Hilfen für armutsbetroffene Menschen, die keinen Anspruch auf reguläre sozialstaatliche Leistungen haben oder aus Sorge vor negativen ausländerrechtlichen Konsequenzen darauf verzichten. Die Fach-stelle Sozialarbeit der römisch-katholischen Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung (FASA) führt das Pilotprojekt durch. Die Erfahrungen aus dem ersten Jahr zeigen, dass der Bedarf nach Unterstützung gross ist, dass mit den Überbrückungshilfen wichtige Hilfe geleistet und eine Lücke im sozialen System geschlossen werden kann. Leider blockiert derzeit eine Beschwerde die Weiterführung des Pilotprojekts. Ich hoffe, dass dieses sozialpolitisch eminent wichtige Projekt möglichst bald weitergeführt werden kann.
Im Januar 2024 hat die Stadt das städtische Beratungsangebot «Wohnen und Mietzinsgarantien» lanciert. Mit dem Angebot werden armutsbetroffene und -gefährdete Menschen bei der Wohnungssuche und durch die Vermittlung von Mietzinsgarantien unterstützt – das Angebot wird von der Heilsarmee geführt. Über hundert Personen kamen allein zwischen Februar und Mai vorbei, um Rat zu suchen.
In der laufenden Legislatur haben wir Schwerpunkte zu Gunsten der psychischen Gesundheit der Schüler*innen gesetzt, beispielsweise in den schulärztlichen Untersuchungen in den 8. Klassen oder mit dem neuen flächendeckenden Präventionsangebot «Gesundheitswerkstätten» zum Thema psychische Gesundheit für alle Schüler*innen der 9. Klasse. Dadurch können wir pro Jahrgang rund 700 Schüler*innen erreichen.
Um Armut für die heranwachsenden Generationen vorzubeugen, will der Gemeinderat die Chancengerechtigkeit schon bei den Kleinsten aufgleisen und den chancengerechten und diskriminierungsfreien Zugang zu Bildung für alle sicherstellen.
Dazu gehört, Familien mit tiefen Einkommen bei der Finanzierung der Kitabetreuung zu unterstützen. Die Stadt zahlt deswegen die städtischen Gelder ab August nicht mehr pro Kopf, sondern neu einkommensabhängig aus.
Ebenso zur Förderung der Chancengerechtigkeit gehören das Frühförderangebot primano und die Förderung des Deutscherwerbs bereits vor dem Kindergarten sowie parallel bei den Eltern. Jährlich wird bei gut 200 Kindern ein Förderbedarf in deutscher Sprache festgestellt. Davon besuchten 2024 86 Kinder noch kein Förderangebot und wurden entsprechend vermittelt. Für die Eltern gibt es Muki-Deutschkurse sowie «Eltern lernen Deutsch in der Schule». Letzteres Angebot ist im Rahmen der Bildungslandschaft futurina entstanden. 21 Eltern haben im Schulkreis Bethlehem seit 2022 den Elterndeutschkurs besucht, während ihre Kinder die Schule besucht haben. Auch mit den Deutschbons werden Erwachsene ermutigt, Deutschkurse zu besuchen. Jährlich verteilen wir 600 Gutscheine im Wert von 400 Franken.
Im Wankdorf haben wir eine zweite Bildungslandschaft aufgebaut, in deren Rahmen Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Erwachsenenleben begleitet und dabei unterstützt werden, die für sie bestmögliche Ausbildung zu finden.
Auch die Arbeitsintegration hat zum Ziel, die Chancen der Menschen im ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. In den Jahren 2022 und 2023 konnten jeweils 276 Personen, die am Beschäftigungs- und Integrationsangebot der Sozialhilfe des Kompetenzzentrums Arbeit teilgenommen haben, in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden, das entspricht im Jahr 2023 67 Prozent der Teilnehmenden. Ebenso konnten 82 Prozent der jungen Menschen ohne Lehrstelle oder Ausbildung, die am Motivationssemester teilgenommen haben, erfolgreich vermittelt werden. Jede integrierte Person ist ein sozialpolitischer Erfolg und ist übrigens auch finanzpolitisch sinnvoll.
Einen erleichterten Zugang zu Angeboten schaffen auch die Betreuungsgutsprachen, die in dieser Legislatur zum Regelangebot geworden sind. Senior*innen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen können Unterstützungsbeiträge beantragen, um so lange wie möglich selbstbestimmt im eigenen Zuhause zu bleiben. 2023 haben 102 Personen Betreuungs- und Unterstützungsleistungen bezogen und dafür Kosten rückvergütet erhalten. Die Mehrheit dieser Personen wohnt alleine und hatte vor allem Bedarf nach Notrufsystemen oder einem Mahlzeitendienst.
Die City Card soll allen Menschen, die in Bern leben, unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus, den Zugang zu Angeboten, Dienstleistungen und Vergünstigungen erleichtern respektive ermöglichen. Ende 2023 hat der Gemeinderat das Umsetzungskonzept genehmigt und den Auftrag zur Ausarbeitung eines Reglements gegeben.
Dem Ziel, die
Massnahmen und ihr Beratungsangebot zur Diskriminierungsfreiheit und zur Gewaltprävention zu stärken
widmen sich unter anderem das neue Netzwerk Rassismuskritische Schule und die Schulsozialarbeit. Ausgelöst durch den Gazakrieg rückte die Bekämpfung von Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus in den Fokus. Insbesondere in Bezug auf Antisemitismus und Rassismus an den Schulen wurden und werden hier Schwerpunkte gesetzt.
Auf der Schützenmatte gibt es seit August 2023 einen sicheren Rückzugsraum – das «Schutzmobil». Es dient an Wochenenden als Anlaufstelle, wo sich Personen aus einem Konflikt zurückziehen oder vor Belästigungen und Übergriffen in Schutz bringen können.
Ich bin überzeugt, dass wir es geschafft haben, auf unserem Weg, die Chancengerechtigkeit zu fördern und Armut vorzubeugen, wichtige Pflöcke einzuschlagen. Es gilt jedoch, an diesen Themen auch in den folgenden Legislaturen mit Kraft und Ausdauer dranzubleiben.
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Medienkonferenz Legislaturbilanz, Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, 3. Juli 2024 (PDF, 116.1 KB) |