Referat anlässlich der Medienkonferenz «Charta für Arbeitsintegration wird lanciert»
Referat von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich der Medienkonferenz «Charta für Arbeitsintegration wird lanciert», 19. September 2024
(Es gilt das gesprochene Wort)
Geschätzte Medienschaffende
Liebe Anwesende
Frau M. war über einen längeren Zeitraum arbeitslos und auf Sozialhilfe angewiesen. Durch die Unterstützung des Kompetenzzentrum Arbeit erhielt sie die Chance auf einen Integrationseinsatz bei einem Medizinaltechnik-Unternehmen. Dieser Einsatz war für Frau M. ein wichtiger Schritt zurück in die Arbeitswelt. Das Unternehmen seinerseits konnte ohne finanzielles Risiko die Zusammenarbeit mit einer neuen Mitarbeiterin testen, die vielleicht in einem normalen Bewerbungsprozess chancenlos geblieben wäre, und so einem Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt eine echte Chance geben.
Frau M. integrierte sich schnell in die Arbeitsprozesse. Ihr Engagement und ihre effiziente Arbeitsweise beeindruckten das Team. Während des Integrationseinsatzes zeigte Frau M. grosses Interesse an Softwareentwicklung und absolvierte in diesem Bereich eine Weiterbildung. Aufgrund der positiven Erfahrungen entschied sich das Unternehmen, Frau M. eine feste Anstellung anzubieten.
Dieses positive Beispiel – eines unter vielen – zeigt, dass sich Arbeitsintegration lohnt – nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für das Unternehmen, das der Person eine Chance gibt.
Arbeit sichert nicht nur die materielle Existenz. Arbeit ist auch ein wichtiges Mittel zur Verbesserung der beruflichen und sozialen Integration von Menschen. Verschiedene Institutionen des Systems der sozialen Sicherheit wie die Sozialhilfe oder die Invalidenversicherung sind deshalb im Bereich der Arbeitsintegration aktiv. Ziel ist, dass die Klient*innen (wieder oder neu) im ersten Arbeitsmarkt Fuss fassen können.
Arbeitsintegration geschieht aber nicht einfach so von selbst. Es braucht ernsthafte Bemühungen und kompetentes Engagement von allen Seiten.
Für die Sozialhilfe gehört die Förderung der beruflichen und sozialen Integration zu den Kernaufgaben. Eine bezahlte Stelle ist eine der besten Möglichkeiten für die Ablösung von der Sozialhilfe. Entsprechend unterstützt die Sozialhilfe die Sozialhilfebeziehenden bereits heute mit zahlreichen Massnahmen. Trotz schwieriger Ausgangslage ist sie dabei erfolgreich: Gut 40 Prozent der Personen, die an einem Angebot der beruflichen Integration des Kompetenzzentrums Arbeit teilnehmen, finden eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt.
Die kantonalen Rahmenbedingungen für die berufliche Integration werden jedoch seit Jahren schwieriger. Damit die Sozialhilfe in der beruflichen Integration längerfristig erfolgreich bleibt, müssen Ansätze und Angebote stetig weiterentwickelt werden. Angesichts der nach wie vor grossen Zahl an Personen mit fehlenden Kompetenzen für den aktuell guten Arbeitsmarkt braucht es eine verstärkte Investition in die Kompetenzförderung und Qualifizierung.
Neben Sozialhilfebeziehenden werden weitere Zielgruppen in der Arbeitsintegration unterstützt. Anerkannte Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen werden in den ersten Jahren ihres Aufenthalts in der Schweiz im Rahmen der Integrationsagenda Schweiz auf ihre Integration in den Arbeitsmarkt vorbereitet. Auch in dieser Zielgruppe steht für junge Menschen eine Berufsausbildung im Vordergrund. Für Personen, die zu alt sind für eine Lehre, steht eine niederschwellige Qualifizierung mit einem Zertifikat in der Zielbranche im Fokus. Geflüchtete Menschen sind oft besonders motiviert, in der Schweiz Arbeit zu finden – diese Motivation gilt es zu erhalten und ihnen den Zugang zur Arbeitswelt zu ermöglichen.
In den letzten Jahren sind Personen aus der Ukraine mit Schutzstatus S in die Schweiz geflohen. Auch wenn hier eine Rückkehrorientierung besteht, strebt der Bund eine Erwerbsquote von 40 Prozent an. Bei dieser Zielgruppe handelt es sich in vielen Fällen um gut qualifizierte Personen. Die Herausforderung besteht neben den sprachlichen Hürden darin herauszufinden, ob ein Berufseinstieg in der Herkunftsbranche realistisch ist und ob es Sinn macht entsprechende Kontakte herzustellen. Denn oft ist es zielführender, eine Vermittlung in eine Branche mit weniger Fachqualifikationen anzustreben.
Basierend auf dem Masterplan Arbeitsintegration hat die Stadt Bern beschlossen, als weiterführende Massnahme die Charta für Arbeitsintegration zu entwickeln. Dank dieser können wir nun verstärkt bei den Arbeitgebenden ansetzen, auf sie zugehen und die Wirtschaft noch aktiver in die Arbeitsintegration einbinden. Ich freue mich sehr, dass wir diese heute lancieren können.
Mit ihrem Committment zur Charta bekennen sich die Unternehmen zu ihren Bemühungen, Einstiege zu schaffen und Chancen zu ermöglichen. Die Vernetzung mit den Arbeitgebenden und der Wirtschaft wird gefördert und das Engagement sichtbar.
Ich danke allen Unternehmen, Betrieben, Organisationen und Verwaltungsstellen, die Menschen mit einem erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt wie Langzeitarbeitslose und Personen mit Migrationsgeschichte einen Platz geben. Ich danke allen, die Menschen eine Chance geben, die vorübergehend aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind oder noch vor dem Einstieg stehen. Ihre Integration in den Arbeitsmarkt bedeutet nicht nur ein selbstbestimmteres Leben für die betroffene Personen, sondern ist auch ein Gewinn für die ganze Gesellschaft.