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Grusswort Franziska Teuscher anlässlich des Neupensioniertenanlasses der Stadt Bern

15. Oktober 2019

Grusswort von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich des Neupensioniertenanlasses der Stadt Bern, 15. Oktober 2019©

Es gilt das gesprochene Wort

BITTE HOCHDEUTSCH SPRECHEN

Liebe Neupensionierte, liebe Teilnehmende des Sofagesprächs, liebe Musikerinnen von «Crème brûlée», liebe Anwesende –
guten Abend.

Wer weiss, was eine «Bucketlist» ist? (Bitte Hände hochhalten.) Wer hat schon selber eine gemacht? (Nochmals Hände hochhalten.)

Worum geht es? Auf einer «Bucketlist» schreibt man sich all die Ideen, vielleicht auch Spinnereien, auf, die man noch nie im Leben gemacht hat, aber noch gerne machen möchte. Also eine Lebenstraumwunschliste. Es ist eine Liste von Dingen, die man aus Zeit-, Geldmangel oder mangels Mut bisher nicht angepackt hat. Eine Zeitlang waren «Bucketlisten» in meinem Umfeld viel im Gespräch. Manche fanden sie inspirierend, andere überflüssig oder gar etwas ärgerlich. Ein Modegag halt. Wie auch immer. Es gibt jedoch den einen Punkt, der mich hinsichtlich einer solchen Wunschliste überzeugt: Wer immer eine solche Auflistung erarbeitet, nimmt sich Zeit, über sich nachzudenken und sich auf sich selber zu konzentrieren. Was ist mir wichtig, was ist mir lieb, was interessiert mich? Und zwar ohne Gedanken wie: Was bringt es mir beruflich, was bringt es mir und der Familie finanziell, was verhilft mir zu einem besseren Ansehen oder Image. Wer eine ganz persönliche, ehrliche Wunschliste macht, hat vielleicht seinen inneren Kompass in Betrieb gesetzt und hat etwas in der Hand, das motiviert, herausfordert oder eine Richtung angibt. Ein Hinweis darauf, wohin die Reise oder die Reisen gehen könnten, was immer dann die Finanzen und die Gesundheit zulassen. Aufschreiben erfordert Konzentration, Klarheit und führt zu einem gewissen Mass an Verbindlichkeit.

Ich denke: Mit dem Übertritt in die Pension MUSS man überhaupt keine «Bucketlist» machen, aber man SOLLTE bzw. DARF sich Gedanken machen, wie man die Tage, vielleicht auch die verschiedenen Jahreszeiten oder die kommenden Jahre gestalten möchte. Und das ist, so stelle ich mir vor, gar nicht so einfach. Da ist man ein Leben lang durch den Beruf und oder die Familienarbeit getaktet und darin auch ein Stück weit gefangen. Vor der Pension muss man sich eher weniger Gedanken über Struktur, Sinn und eigene Ziele machen. Vieles kann man an den Arbeitgeber, die anstehenden Aufgaben und Pflichten «delegieren»: Arbeit als Sinnstifterin hat in unserer Gesellschaft einen fast religiösen Status erlangt. Oder anders gesagt: Die Arbeit, das berufliche oder familiäre Eingespannt- und Gefordert-Sein ist zumindest ein probates Mittel, unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen. Wie zum Beispiel: Was macht eigentlich für mich ganz persönlich Sinn im Leben und wofür kann ich mich begeistern, egal, was andere dazu finden?

Diese Unfreiheit vor der Pensionierung kann einem dazu verführen, das Ende dieser langen Lebensphase herbeizusehnen und zu verklären. «Jetzt habe ich mich doch so lange auf die Pensionierung gefreut und jetzt, wo es so weit ist, habe ich Angst, Geldsorgen und fühle mich unwohl.» Solche Gefühle und Gedanken sind gar nicht so selten. Viele fühlen sich in der ersten Zeit leer, überfordert und als eigentliche Nobodys. An diesem Punkt – oder eben besser schon vorher – könnte eine solche «Bucketlist» hilfreich sein.

Denn für die Gestaltung der Zeit, die noch vor einem liegt, ist man selber verantwortlich: Das ist ein Privileg und eine Herausforderung zugleich. Und diese Zeitspanne ist für viele dank der medizinischen Fortschritte eine beachtliche Strecke: 20, 25 oder noch mehr Jahre stehen zu ihrer Verfügung.

Wenn Sie merken, Sie finden sich nicht zurecht oder bei bestimmten Themen fühlen Sie sich überfordert: Warten Sie nicht ab, bis Sie gar nicht mehr frei denken können, sprechen Sie mit der Familie, mit Gleichaltrigen, mit Fachpersonen. In der Stadt Bern gibt es viele Unterstützungsangebote: Das Alters- und Versicherungsamt sowie das Kompetenzzentrum Alter oder die Pro Senectute können weiterhelfen.

Es gibt viele Möglichkeiten in der Freiwilligenarbeit, in Vereinen aktiv zu sein, Veranstaltungen oder Vorlesungen zu besuchen. In Sachen Sport und Kultur bietet die Stadt unglaublich viele Möglichkeiten – viele Angebote sind auch speziell auf ältere Personen ausgerichtet. Ein Beispiel für mögliche Freiwilligenarbeit erhalten Sie in Form eines kleinen Geschenks, das wir Ihnen heute Abend mit auf den Heimweg geben werden: Biologisch produzierter Tee aus dem Stiftsgarten Bern. Der wunderbare Garten zwischen Münsterplattform und Badgasse lädt zum Mitmachen, zum Besuch oder auch zu kulturellen Anlässen ein. Seit der Wiederbelebung des Gartens im Jahr 2013 haben Freiwillige Tausende von Stunden im Garten verbracht und ihn zu neuem Leben erweckt und mitgeholfen, Gemüse, Früchte, Kräuter oder eben Tee zu produzieren.

Stöbern Sie in den Angeboten und Programmen beispielsweise des Berner Generationenhauses, der Grauen Panther, des «Collegium 60plus». Im «Collegium 60plus» organisieren ältere Menschen Kurse für ältere Menschen.

Apropos Spass: Wir werden heute Abend das Vergnügen haben, die Grossmütter-Rockband «Crème brûlée» zu erleben. «Crème brûlée» gehört der «Grossmütterrevolution» an. Das Frauennetzwerk versteht sich als, Zitat: «Soziale Bewegung, die gesellschaftsrelevante Themen und Anliegen zum Alter, Frausein und zu den Generationen aufnimmt, bearbeitet und sich dazu verlauten lässt.» Hierzu ein kleiner Aufruf an die Männer hier im Saal: Suchen auch Sie sich Gleichgesinnte für gemeinsame Aktivitäten. Es ist erwiesen, dass Frauen oft besser vernetzt sind, was sich nicht zuletzt positiv auf ihre Gesundheit auswirkt.

Nach dem musikalischen Teil geht es zum «Sofagespräch» mit Elsbeth Wandeler und Urs Frieden, die von der ehemaligen SRF-Moderatorin Ursula Hürzeler zu den Freuden und vielleicht auch Leiden des RentnerInnenlebens befragt werden. Etwas zu essen und zu trinken und die Gelegenheit miteinander ins Gespräch zu kommen stehen natürlich auch noch auf dem Programm.

Von meiner Seite zum Schluss noch dies: Dieser Abend ist ein herzliches Dankeschön an Sie. Ein Merci auch des Gemeinderats für alles, was Sie beruflich, in der Familien- und Freiwilligenarbeit bisher in Ihrem engeren Umfeld und für die Gesellschaft geleistet haben. Das ist viel und das war eine lange Zeit. Alle zusammen halten wir die Stadt am Laufen und beleben sie. Vielen Dank. Alles Gute und geniessen Sie den Abend!

Grusswort von Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport, anlässlich des Neupensioniertenanlasses der Stadt Bern, 15. Oktober 2019©
Titel
Neupensioniertenanlass der Stadt Bern, Referat Franziska Teuscher, 15.10.2019 (PDF, 123.0 KB)

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