Tränen in blau/gelb
Gedanken zum Krieg in der Ukraine
Krieg ist immer fürchterlich, dieser Krieg ist unfassbar. Es ist ein Angriffskrieg, losgetreten von einer Einzelperson, einem autokratischen Despoten, und sie trifft ein Land, eine Gesellschaft, die im Aufbruch ist zu gesellschaftlicher Öffnung und Demokratie. Unsere Herzen und unsere Gedanken sind mit allen Menschen in der Ukraine.
Der Krieg Putins ist auch ein Krieg gegen Russland und gegen die russische Bevölkerung. Denn dieser Krieg wird, das steht bereits heute fest, Russland auf Jahre hinaus isolieren und schwächen. Erst wenn Russland Putin und seine Getreuen gestürzt haben wird, wird der Weg zurück in die Staatengemeinschaft wieder offen sein. Und Putin persönlich wird diese verwerfliche Tat verfolgen bis ans Ende seiner Tage.
Zu allererst betrifft dieser Krieg aber die Menschen der Ukraine. Die Stadt Bern pflegt seit einigen Jahren einen engen Kontakt mit der Ukraine und vor allem mit der Hauptstadt Kyiv (ukrainische Schreibweise von Kiew). Die Freundschaft basiert auf persönlicher Verbundenheit. Viel dazu beigetragen haben die Boxkämpfe von Vitalyi und Wladimir Klitschko, die beide in der Stadt Bern in der Postfinance-Arena mehrere Weltmeisterboxkämpfe ausgetragen haben (und alle gewonnen haben) und sich seither freundschaftlich mit Bern verbunden fühlen.
Ich habe selber vor drei Jahren die Stadt Kyiv und Bürgermeister Klitschko besucht. Für mich ist Kyiv eine der schönsten und bezauberndsten Städte Europas mit einer offenen und lebenslustigen, kultivierten Bevölkerung. Und seit meinem Besuch 2019 möchte ich eine Reise in die Ukraine machen, um das Land und die Städte Lwiw (Lemberg), Kyiv und Odessa besser kennenzulernen. Leider hat die Pandemie dies seither verhindert - und nun dieser Krieg.
Bürgermeister Vitalyi Klitschko und ich haben 2019 eine Freundschafts- und Zusammenarbeitsvereinbarung unterzeichnet. Seither und schon zuvor haben ukrainische Delegationen mehrfach Bern besucht, zuletzt war eine Delegation des Stadtparlaments von Kyiv vom 27. November bis am 1. Dezember 2021 in Bern, um sich über unsere Systeme zur Abfalltrennung, Wasser- und Stromversorgung und Abwasserreinigung zu informieren. Kontakte bestanden auch zu den Bürgermeistern von Odessa und Charkiv, mit denen wir über die Verbesserung der Situation der Drogenszene und der damit verbundenen HIV Ansteckungen in Osteuropa zusammengearbeitet haben. Alle Kontakte mit den Menschen aus der Ukraine und der Stadt Kyiv waren geprägt vom grossen Willen dieser Menschen, die Ukraine nach Europa zu öffnen und damit einen Weg in eine offene und freie Gesellschaft zu ebnen.
Alle diese Bemühungen sind nun durch diesen Krieg brutal unterdrückt worden. Es schmerzt mich zu sehen, wie die wundervolle Stadt Kyiv zum Schauplatz von furchtbaren Strassenkämpfen geworden ist, die ich in dieser Form nie für möglich gehalten hätte. Wir verurteilen die schändliche Tat Putins, wir trauern und die unschuldigen Opfer auf allen Seiten und wir sichern der Ukraine und dem ukrainischen Volk unsere unbedingte Solidarität und Unterstützung zu. Dies können wir tun, indem wir Putin zusammen mit der europäischen und internationalen Gemeinschaft verurteilen und isolieren, indem wir der Ukraine unsere Hilfe zusichern und indem wir solidarisch sein werden und Menschen auf der Flucht vor diesem Krieg aufnehmen werden.
Dafür gehen wir heute Mittag in Bern auf die Strasse.