Referat Alec von Graffenried anlässlich der Aktion für Medienvielfalt für das Radiostudio Bern
Referat von Alec von Graffenried anlässlich derAktion für Medienvielfalt vom Donnerstag, 30. August 2018, 19 Uhr, Bundesplatz©
Es gilt das gesprochene Wort
Geschätzte Journalistinnen und Journalisten
Sehr geehrte Unterstützerinnen und Unterstützer des Radiostudio Bern
Sie unterstützen die Medienvielfalt in der Schweiz
einen vielfältigen Medienplatz
eine lebendige Medienlandschaft
Manchmal ist es nötig, dass man seinen Protest auf die Strasse trägt und sich exponiert. Das ist allerdings nicht immer leicht – vor allem dann nicht, wenn man gegen die eigene Arbeitgeberin opponieren muss. Es ist nicht leicht, gegen die SRG zu demonstrieren, weil uns die SRG wichtig ist. Deswegen haben wir im letzten Jahr auch alle gekämpft für eine starke SRG! Es braucht viel Mut, öffentlich hinzustehen und zu sagen: «Nein, ich bin nicht einverstanden. Liebe SRG: Das ist ein falscher Entscheid.»
Die Radiomacherinnen und Radiomacher aus dem SRG-Studio haben diesen Mut. Sie beziehen öffentlich Stellung. Sie halten zusammen und machen klar, dass die Verlegung des Radiostudios nach Zürich ein Fehler wäre. Dieser Mut und dieses Engagement verdienen Respekt und Anerkennung.
Respekt und Anerkennung verdienen ebenso die Medienschaffenden der anderen Berner Medien, die sich an dieser Aktion beteiligen und damit ihre Solidarität bekunden. Die Kolleginnen und Kollegen von «Bund» und «Berner Zeitung», von der SDA und den Privatradios setzen damit ein starkes Zeichen für einen starken Medienplatz Bern. Dieses Zeichen ist heute wichtiger denn je. Dafür danke ich Ihnen, liebe Medienschaffende.
Das Engagement der Journalistinnen und Journalisten zeigt, dass es nicht nur um den eigenen Arbeitsplatz oder um Standortwerbung geht. Darum geht es zwar auch, das ist aber eine Nebensache. Es geht darum, dass wir uns Sorgen machen um die Qualität unserer Medien, um die Qualität unserer Medieninformationen, um die Qualität unserer Demokratie, um den Zusammenhalt des Landes und um unseren Föderalismus.
Der Gemeinderat der Stadt Bern solidarisiert sich mit den Medienschaffenden. Wir stehen hinter Ihnen, liebe Medienschaffende, wir teilen die Überzeugung, dass die Pläne der SRG-Spitze in die Sackgasse führen. Diese Pläne schaffen nur Verlierer, und der grösste Verlierer ist die SRG selber!
Es liegt im ureigenen Interesse der SRG, das nationale Radiostudio als ihr zweitwichtigstes publizistisches Standbein in Bern zu behalten. Bern ist der Mittelpunkt der Schweizer Politik. Hier ist der Ort, wo wir unseren «Way of life» definieren und wo Parlament, Regierung und Zivilgesellschaft darüber verhandeln, nach welchen Prinzipien wir leben wollen. Von Bern aus ist eine ganzheitliche Sicht auf die ganze Schweizer Politik, auf alle Landesteile möglich; von Zürich aus ist der Blick auf die Schweiz vor lauter Zürich verstellt.
In die Sackgasse führen die SRG-Pläne auch in medienpolitischer Hinsicht. Die räumliche und organisatorische Distanz zwischen den Redaktionen der SRG-Medien ermöglicht journalistischen Pluralismus und Meinungsvielfalt innerhalb des Medienhauses. Ein starker Medienplatz Bern bürgt für Pluralismus und Meinungsvielfalt innerhalb der Medienlandschaft Schweiz. Das ist wichtig für die Qualität der Demokratie, weil die Bevölkerung für ihre Meinungsbildung auf Medienpluralismus angewiesen ist!
Die Konvergenz hingegen, in der Form der SRG, bringt nur noch mehr journalistischen Einheitsbrei. Auf allen Kanälen würden die gleichen, industriell produzierten Inhalte gesendet – zentral ausgewählt, gewichtet und gesteuert vom Newsroom. Mit Verspätung versucht die SRG damit, die Zentralisierungsstrategie der Privaten zu kopieren. Heute sehen wir: Diese Zentralisierung funktioniert bei den Privaten mehr schlecht als recht.
Es ist nicht korrekt, diese verspätete Konvergenz nun mit der Digitalisierung rechtfertigen zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Dank Digitalisierung kann heute mehr denn je dezentral zusammengearbeitet werden. Die Digitalisierung ist ein Argument, das für das Radiostudio Bern spricht.
In die Sackgasse führen die SRG-Pläne auch, weil damit ein ganzer Landesteil vor den Kopf gestossen wird. Allein die Stadt Bern hat mit 84 Prozent die No-Billag-Initiative wuchtig bachab geschickt. Das war ein Votum für ein starkes, regional verankertes öffentliches Medienhaus. Und jetzt – nur sechs Monate später – soll das Radiostudio mit seiner Informationsabteilung und seinen 170 Arbeitsplätzen abgezogen werden? Das versteht niemand ausser der SRG. Das versteht man nicht einmal in Zürich! Die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr bringt dies in ihrer Video-Botschaft auf den Punkt: «Die Schweiz ist mehr als Zürich. Darum braucht auch Bern sein Radiostudio.»
Das ist es, was Ruedi Matter verkennt: Die SRG ist nicht Ringier oder Tamedia. Die Konzentration der privaten Medienhäuser in Zürich führt bereits heute zu einer Berichterstattung aus Zürcher Perspektive. Doch die SRG ist Service public. Sie hat einen öffentlichen Auftrag. Sie hat mit ihrem medialen Service public der Schweiz zu dienen. Das muss sich auch in den Standorten der SRG wiederspiegeln. Alles andere führt zu einer «Verzürcherung» der SRG.
Nichts gegen Zürich. Ich liebe die Stadt Zürich. Aber die Schweiz hat ein anderes medienpolitisches Rezept nötig: Die Schweizer Politik braucht einen Ausbau des Berner Studios zu einem Kompetenzzentrum für Information und Politik. Bern als politisches Zentrum ist der richtige Ort dafür. Eine solche Reform würde zudem im Einklang stehen mit der neuen SRG-Konzession, die gestern vom Bundesrat verabschiedet wurde.
Dort steht drin, dass die Hälfte der Gebühren in die Information fliessen muss.
Sollte der SRG-Verwaltungsrat der Verlegung des Radiostudios zustimmen, muss ihm klar sein: Dieser Entscheid wäre ein Pyrrhussieg. Die SRG würde damit definitiv die Bodenhaftung verlieren. Unseren Goodwill würde die SRG auf jeden Fall verlieren, und wir lieben und respektieren unsere SRG!
Ironischerweise würde die SRG damit ausgerechnet das erreichen, was ihre Gegner bisher nicht geschafft haben: nämlich den Goodwill der Bevölkerung und vieler Entscheidungsträger gegenüber der SRG zu verspielen. Die SRG riskiert, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu verlieren. Und sie riskiert einen beträchtlichen Imageverlust. Wer würde ihr denn noch bei der nächsten Volksabstimmung helfen – zum Beispiel, wenn es um das neue Mediengesetz geht?
Daher appelliere ich an die Mitglieder des SRG-Verwaltungsrates: Wenn Sie nicht wollen, dass die SRG Schaden nimmt und mit ihr die Medienvielfalt und die Schweiz, dann brechen Sie die Übung ab! Gehen Sie nochmals über die Bücher und lancieren sie eine Reform, die von den Medienschaffenden, den Landesteilen, der Bevölkerung und der Politik mitgetragen wird.
Cher Gilles Marchand, je sais que vous n'êtes non seulement un homme intelligent et intègre, et un manager qualifié et expérimenté. Vous êtes aussi un adepte des chevaux, l'équitation est votre passion et vous êtes vous-même un excellent cavalier. Lors d’un concours de saut d’obstacles, il n'est souvent pas possible de franchir un obstacle dès la première tentative. Pour de telles situations, il existe une devise qui a fait ses
preuves dans les sports équestres. Cher Gilles Marchand, c'est maintenant, c’est le bon moment : il faut reculer pour mieux sauter ! Reculez, et vous allez mieux sauter ! Je ne sais pas si j’étais assez clair dans mes paroles. Alors je le répète d’une façon très claire : touche pas à mon studio !
Oder auf Deutsch:
Hände weg vom Studio Bern!
Hände weg vom Studio Bern!
Hände weg vom Studio Bern!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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«Aktion für Medienvielfalt für das Radiostudio Bern», Referat Alec von Graffenried, 30.08.2018 (PDF, 126.9 KB) |