Ansprache Alec von Graffenried anlässlich der Gedenkfeier Guido Schmezer am 7. November 2019
Für die ganze Schweiz bekannt und berühmt wurde Guido Schmezer als Radiomann, er prägte für uns die frühen Zeiten von Radio Bern. Und dann kennen ihn natürlich alle als Värslischmied im «Nebelspalter», als «Ueli der Schreiber» mit seinen über 600 «Ein-Berner-namens…»-Versen.
Für uns in der Stadtverwaltung Bern ist Guido Schmezer allerdings ein leuchtendes Ideal, als er Verwaltungsbeamter der Stadt Bern wurde – ein Karrierewechsel, von dem Schmezer einmal selbst sagte, dieser habe «vielerorts Staunen hervorgerufen».
Was auf den ersten Blick vielleicht wie ein Karriereknick aussah, war jedoch für das Multi-Talent Guido Schmezer wahrscheinlich eine logische Entwicklung, die ihm erst die Möglichkeit bot, seine breit gefächerten Fähigkeiten und Interessen beruflich zu entfalten. Und für die Stadt Bern war Schmezers Wechsel von der Redaktions- in die Amtsstube schlicht ein grandioser Glücksfall. Er wurde zum Monument.
Guido Schmezer war nämlich kein Beamter wie andere. Und zwar schon deshalb, weil es zu seiner Zeit keinen zweiten wie ihn gab. Der damalige Stadtpräsident Reynold Tschäppät hatte ihn im Jahr 1967 als ersten vollamtlichen Informationschef einer Schweizer Stadt in die Stadtverwaltung geholt. Mit seinen hervorragenden kommunikativen Fähigkeiten, aber auch mit seinem feinsinnigen Gespür für das Wesen und die Eigenheiten Berns und der Bernerinnen und Berner war Schmezer für diesen Job natürlich prädestiniert.
Empfohlen wurde Guido Schmezer übrigens durch seinen Jugendfreund Klaus Schädelin – den Verfasser des legendären «Mein Name ist Eugen». Schädelin stand als Gemeinderat zwischen 1966 und 1973 der städtischen Fürsorgedirektion vor. Und Büro-Nachbar Schmezers war in dieser Zeit Mani Matter, damals Rechtskonsulent der Stadt Bern. Das Triumvirat Schädelin – Schmezer - Matter war ein einmaliges Zusammentreffen von drei Sprachkünstlern in Diensten der Stadt Bern, für die ihre Arbeit in der Verwaltung «keineswegs nach Amtsschimmel roch», denn diese war «abwechslungsreich, interessant und sinnvoll», wie es Guido Schmezer einst zusammenfasste. Matter – Schmezer – Schädelin: das war für unsere Stadtverwaltung Berns Goldene Zeit.
Voller Tatendrang machte sich Schmezer nach seiner Ernennung zum Informationschef der Stadt Bern daran, die Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung zu professionalisieren, aber auch die Beziehungen der Stadtbehörden gegen aussen bis hin zum Bundesrat in die Hand zu nehmen. 1973 rief er mit «Bern intern» das erste Informationsblatt für die gesamte Stadtverwaltung ins Leben. Im gleichen Jahr übernahm er vom abtretenden Stadtschreiber die Organisation der Chefbeamtenzusammenkünfte. Und 1975 trat er die Nachfolge des pensionierten Stadtarchivaren Walter Biber an. Die beiden Bereiche «Stadtarchiv und Informationsdienst» bildeten bis zu seiner Pensionierung 1989 die beruflichen Haupttätigkeiten Schmezers.
Als Stadtarchivar zog Schmezer vom Zunfthaus zum Distelzwang – wo er zunächst sein Büro hatte – in den Erlacherhof, also in nächste Nähe zum Stadtpräsidenten, zu dem er einen engen persönlichen Umgang pflegte.
Guido Schmezer war ein Kulturschaffender. Als «Ueli der Schreiber» war er ein Meister dichterischen Humors und der schwungvollen Reime, das Augenzwinkern ist allgegenwärtig. Als promovierter Philologe verfasste er eine grosse Anzahl von Publikationen aller Art.
Gleichzeitig konnte er aber durchaus auch organisieren, administrieren und akribisch arbeiten. Er verfügte über einen starken Ordnungssinn – alles Charakterzüge, die für einen Stadtarchivar ungemein praktisch sind. Ein kleines Beispiel: Er leitete die Leserschaft von «Bern intern» an, dass – ich zitiere – «die Informationsblätter am besten nach A-Blättern und B-Blättern zu trennen und in Ordner aufzubewahren sind. Die A-Blätter enthalten Aktualitäten und können, sobald sie veraltet sind, entfernt werden. Die B-Blätter dagegen lohnt es sich aufzubewahren. Denn diese vermitteln Informationen, die man immer wieder braucht.»
Und dann zum Schluss äussert sich Schmezer ganz als Archivar: «Zu den B-Blättern werden wir von Zeit zu Zeit ein alphabetisches Stichwortregister liefern.» «Man muss schon ein Tüpflischiisser sein», charakterisierte sich Guido Schmezer einmal selbstironisch.
Jedenfalls nutzte er die Renovierung des Erlacherhofs zwischen 1975 und 1979, um das Stadtarchiv neu zu ordnen und damit besser zugänglich zu machen. Er schuf ein kleines Informationskabinett häufig gebrauchter Unterlagen, baute ein Tonarchiv auf und investierte viel Arbeit in die Inventarisierung der Plansammlung. Nicht zuletzt rettete er in einer speziellen Rettungsaktion rund 10'000 Baubewilligungsakten vor der Vernichtung.
«Wer hat schon am westlichsten Grenzstein unserer Gemeinde, an einem lieblichen Waldbach, ein Glas Wein getrunken? Am 21. Juni, zwischen Zahltag und Sommersonnenwende, werden wir das tun. Um den längsten Tag des Jahres bis zur Neige zu geniessen, begeben wir uns dorthin, wo die Sonne in Bern am spätesten untergeht.»
Mit diesen gefühlvollen und schon fast poetischen Worten lud Guido Schmezer die Chefbeamten der Stadt Bern – Chefbeamtinnen gab es im Jahr 1974 noch nicht – zur traditionellen Chefbeamtenzusammenkunft oder zum «Chefbeamtenbummel» ein, wie dieser Anlass von den städtischen Angestellten bezeichnet wurde. Drei- bis viermal im Jahr trafen sich die führenden Köpfe der Berner Stadtverwaltung, um sich auszutauschen oder befreundete Institutionen zu besuchen.
Die Einladung für die Chefbeamten ist charakteristisch für die Persönlichkeit Guido Schmezers und dessen aussergewöhnlichen Fähigkeiten als brillanter Kommunikator und «Värslibrünzler», wie ihn seine Kollegen liebevoll nannten.
Verwaltungshandeln bedeutete für ihn nicht einfach das blosse Abwickeln eines vordefinierten Geschäftsprozesses. «Guido Schmezer diente der Stadt insbesondere in jenen Bereichen, in denen Amtsdeutsch, Beamtenverhalten und ordentliche Bürozeiten fehl am Platz waren». So hiess es in der Laudatio, als ihm vor 10 Jahren die Berner Public Relations Gesellschaft die «Goldene Schweissperle» verlieh. Vielmehr engagierte er sich mit Herz und Seele für seine Arbeit und belebte diese, indem er auf Menschen zuging und Brücken baute, wo immer er konnte – ob alt oder jung. So betreute er etwa Jugendliche beim Aufbau des Jugendzentrums Gaskessel.
Wichtig war ihm auch das Verhältnis zur Burgergemeinde. So schlug er seinen städtischen Kollegen vor, für die nächste Zusammenkunft die 18 burgerlichen Chefbeamten einzuladen, «denn» – so führt Schmezer aus – «es liegt sicher im Interesse der Stadt, dass Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Einwohner- und Burgergemeinde gepflegt wird». Diese Freundschaft und Zusammenarbeit pflegte Guido Schmezer tatsächlich während seines ganzen Lebens – nicht zuletzt auch als Mitglied der Kommission des Naturhistorischen Museums.
Nach 23 Jahren engagierter Tätigkeit für die Stadt Bern wandte sich Schmezer am 22. Juni 1989 wiederum mit einem Schreiben an die städtischen Chefbeamten und teilte ihnen mit, dass er seine Funktion als Betreuer der Zusammenkünfte nun an die Stadtschreiberin Elsbeth Schaad abtreten werde. Dabei wünschte er allen, «dass eure Zukunft so glücklich sei wie meine Vergangenheit».
Den immer wieder geäusserten Wunsch, Menschen zusammenzubringen und Spuren für die nächsten 500 Jahre zu hinterlassen, hat Guido Schmezer im doppelten Sinn erreicht: Einerseits als humoristischer Dichter, dessen Pointen immer präzis sassen, ohne aber zu verletzen oder zu moralisieren. Guido Schmezer übersetzte das Berner Wesen ins geschriebene Wort.
Und andererseits als Informationschef und Stadtarchivar, der die Anfänge der professionellen Kommunikation der Stadt Bern prägte und gleichzeitig die stadtrelevanten Informationen in Wort und Bild für zukünftige Generationen sicherte.
Wir sind Guido Schmezer für sein Wirken dankbar. Sein Geist wirkt hoffentlich in der Stadtverwaltung noch lange nach. Ich wünsche mir, dass wir uns viel von seinem liebevollen, empathischen Humor bewahren können.
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