Medienmitteilung der Geschäftsprüfungskommission
GPK fordert Konsequenzen nach missglückter Einführung von Citysoftnet
Ein von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) in Auftrag gegebener Bericht bestätigt im Projekt Citysoftnet erhebliche Mängel bei den auftraggebenden Direktionen BSS und SUE. Die missglückte Einführung der neuen Fallführungssoftware führte zu Nachkrediten in Millionenhöhe sowie zu vielen Kündigungen und Krankschreibungen von Mitarbeitenden in den betroffenen Ämtern. Die GPK fordert den Gemeinderat auf, nach einem weiteren misslungenen IT-Projekt endlich Konsequenzen zu ziehen.
Die GPK beschäftigte sich in diesem Jahr wiederholt mit dem Thema Citysoftnet. Sie hat nicht nur den vom Gemeinderat in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht zu den Gründen der misslungenen Einführung in der Stadt Bern im Sommer 2023 zur Kenntnis genommen, sondern auch diesen Bericht sowie das Projekt von einem externen Experten evaluieren lassen.
Die von der GPK in Auftrag gegebene Evaluation bestätigt, dass bei der Auftraggeberschaft – in diesem Fall die beiden involvierten Direktionen BSS und SUE - diverse Fehler begangen wurden: So wurde es versäumt, klare Ziele und messbare Meilensteine im Projekt zu definieren sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten im Projekt zu klären. Der personelle Ressourcenbedarf der verwaltungsinternen Fachexpert*innen für das Projekt wurde massiv unterschätzt. Es wurde ebenso verpasst, die Geschäftsprozesse vorgängig auf den Veränderungsbedarf zu untersuchen, zu standardisieren und neu zu modellieren, bevor sie digitalisiert wurden. Die Zusammenarbeit zwischen der externen IT-Firma und den vom Digitalisierungsprojekt betroffenen Mitarbeitenden war unzulänglich. Ein wirkungsvolles Changemanagement - insbesondere die adäquate Begleitung der von grundlegenden Änderungsprozessen betroffenen Mitarbeitenden – fehlte praktisch ganz. Das für eine erfolgreiche Projektrealisierung zentrale Qualitäts- und Risikomanagement hat vorliegend offensichtlich ebenfalls versagt.
Nach Ansicht der GPK können gerade bei Digitalisierungs- und Informatikprojekten stets Mängel auftreten. Die Häufung der Fehler im vorliegenden Projekt zusammen mit dem Versäumnis, Mängel zu erkennen und rechtzeitig Gegenmassnahmen zu ergreifen, sowie der lange Zeit fehlende Wille, die politische Verantwortung dafür zu übernehmen, erachtet die GPK als bemerkenswert und nicht akzeptabel.
Die Folgen dieser Versäumnisse wiegen schwer: Nachtragskredite in der Höhe von mehreren Millionen Franken, die bis heute nicht vollständig abgebauten Pendenzen sowie die vielen Kündigungen und Krankschreibungen in den betroffenen Ämtern. Die Verunsicherung bei den betroffenen Klient*innen und den Mitarbeitenden ist gross und der Reputationsschaden für die Stadt Bern enorm.
Die GPK erwartet, dass der Gemeinderat nun rasch Konsequenzen aus den festgestellten Mängeln zieht. Damit Digitalisierungsprojekte zukünftig erfolgreicher durchgeführt werden können, wird die GPK im Frühjahr zuhanden des neuen Gemeinderats Empfehlungen formulieren. Die GPK erwartet vom Gemeinderat zudem eine Entschuldigung gegenüber den betroffenen Klient*innen und Mitarbeitenden.
Weitere Auskünfte erteilt Ihnen gerne Matteo Micieli, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, Telefon 076 439 29 12, Email: Matteolorenzo@gmx.ch oder Bernadette Häfliger, Mitglied des GPK-Ausschusses Citysoftnet, Telefon 079 874 46 67 und E-Mail: bernadette01@outlook.de
Beilage:
Bericht von RA Fischer vom 15.10.2024: Evaluation des Berichts von PwC zu Citysoftnet (PDF, 7.2 MB)