«Pro Service public» ist contra Bern
Am 5. Juni 2016 wird das eidgenössische Stimmvolk über die Initiative «Pro Service public» befinden. Die Initiative zielt darauf ab, dass der Bund und bundesnahe Betriebe im Bereich der Grundversorgung nicht nach Gewinn streben dürfen. Bei Annahme der Initiative drohen der Stadt Bern gemäss der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik jährliche Steuerausfälle von bis zu zehn Millionen Franken – rund zehn Prozent ihrer Steuereinnahmen von juristischen Personen.
Die eidgenössische Volksinitiative «Pro Service public» will sich für einen guten und bezahlbaren Service public in der Schweiz einsetzen: Im Bereich der Grundversorgung soll das Gewinnstreben für Bund sowie für Unternehmen mit gesetzlichem Auftrag des Bundes oder mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes untersagt werden. Zudem sollen die Löhne der Mitarbeitenden dieser Unternehmen nicht über jenen der Bundesverwaltung liegen. Damit soll der durch die Initiantinnen und Initianten monierte Abbau des Service public in der Schweiz gestoppt werden. Aus zahlreichen Gründen, unter anderem auch wegen erwarteter Steuerausfälle, lehnen National- und Ständerat die Initiative ohne Gegenstimme ab.
Annahme der Initiative führt zu Steuerausfällen in Millionenhöhe
Die Annahme der Initiative «Pro Service public» würde gemäss Berechnungen der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik in der Stadt und Agglomeration Bern zu namhaften Steuerausfällen in Millionenhöhe führen. Abhängig von der gesetzlich zu erfolgenden Definition der Grundversorgung ist ausgehend von den Steuerträgen der letzten Jahre allein in der Stadt Bern mit einer Reduktion der Gemeindesteuern um bis zu zehn Millionen Franken zu rechnen, was rund zehn Prozent der Steuereinnahmen von juristischen Personen entspricht Dies hätte einnahmen- oder ausgabenseitige Kompensationsmassnahmen zur Folge.
Swisscom, Post und SBB haben im Jahr 2014 rund 500 Millionen Franken Gewinnsteuern bezahlt. Stadt und Agglomeration Bern wären somit von den Folgen der Initiative klar überdurchschnittlich betroffen. Seit jeher sind Bund und Kanton von der Besteuerung befreit, womit die Stadtkasse nicht von direkten Beiträgen der grössten Arbeitgeber auf dem Platz Bern profitiert. Erst seit wenigen Jahren gehören die «Spinn-Offs» der Bundesverwaltung wie RUAG, Swisscom oder die Post Finance zu den Steuerzahlenden.
Mehr Transparenz zu Auswirkungen auf Gemeinden nötig
Die Volksinitiative Pro Service Public reiht sich in eine Serie von Abstimmungen auf nationaler Ebene ein, die allesamt mit auf das kommunale Steuersubstrat zielen. Die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer oder die Heiratsstrafe sind weitere solche Beispiele. Auch die Gesetzesrevision Unternehmenssteuerreform III würde zu markanten Steuerausfällen auf kommunaler Ebene führen. Gemein ist all diesen Vorhaben, dass die Auswirkungen auf die Gemeinden in den bundesrätlichen Botschaften nicht aufgearbeitet sind und kaum Erwähnung finden. Die Konferenz der städtischen Finanzdirektoren weist seit ihrer Gründung im letzten Jahr wiederholt auf diesen Mangel an Transparenz hin.