Online-Stadtplan: Berns koloniale Geschichte auf einen Klick
An einer Vernissage im Kunstmuseum Bern wird die Stiftung Cooperaxion morgen Samstag einen Online-Stadtplan zu Berns kolonialen Verflechtungen präsentieren. Am Projekt beteiligt ist auch die Stadt Bern, die damit rassistische Darstellungen im öffentlichen Raum aufzeigt, dokumentiert und eine kritische Diskussion darüber ermöglichen will. Der öffentliche Anlass ist leider ausgebucht.
Woher kommen die Berner Geranien? Wie spekulierte Bern während des Sklavenhandels? Können Schönheitsideale rassistisch sein? Der Online-Stadtplan www.bern-kolonial.ch der Stiftung Cooperaxion zeichnet die Spuren von 30 historischen Ereignissen während der Kolonialzeit (Ende 15. bis Mitte 20. Jahrhundert) nach, an welchen die Stadt Bern beteiligt war. Aufgezeigt werden bekannte und kaum bekannte Hintergründe von Berns Verflechtungen mit Kolonialismus und Rassismus.
«Die Webseite ermöglicht neue und einfache Zugänge zu nicht eben rühmlichen Aspekten unserer Geschichte und schlägt einen Bogen bis in die Gegenwart», sagt Gemeinderätin Franziska Teuscher, die den Online-Stadtplan als wichtiges und spannende Bildungsprojekt bezeichnete. Karl Johannes Rechsteiner, Präsident der Stiftung Cooperaxion, erklärt: «Die Webseite erläutert auf verständliche Art viele Forschungserkenntnisse der letzten Jahrzehnte – Bern selber hatte zwar keine Kolonien, aber war weltweit verflochten mit dem Kolonialismus, so zum Beispiel mit dem Sklavenhandel.»
Bildungsprojekt mit Wiedererkennungswert
Als sogenanntes «City-Mapping» ist dieser kulturhistorisch spannende Stadtplan in der Schweiz bisher einzigartig. Dem Berner Illustrator Simon Kiener gelingt es, durch seine Comic-Zeichnungen den verschiedenen Themen einen besonderen Wiedererkennungswert zu geben. Man wird eingeladen, hinter Fassaden zu blicken, wo die kolonialen Verstrickungen und rassistische Hintergründe sichtbar werden – auch an überraschenden Orten: Die virtuelle Reise geht vom Casino übers Bierhübeli und das Berner Rathaus bis zur Ryff-Fabrik im Marzili. Ein ausführliches Glossar und thematische Übersichtsseiten erleichtern den Einstieg ins Thema.
Auseinandersetzung der Stadt mit kolonialer Vergangenheit
Ausgangspunkt für die städtische Beteiligung am Projekt war das Postulat KulturEvolution der Institutionen (2014.SR.000154), welches 2014 die Aufarbeitung mit der städtischen kolonialen Vergangenheit verlangte. Mit dem Online-Stadtplan ist jetzt eine Sammlung verfügbar, welche die rassistischen und kolonialen Aspekte der Geschichte Berns inventarisiert.
Die interaktive Webseite von Cooperaxion geht aber über die eigentliche Inventarisierung hinaus: Sie macht die historischen Spuren für eine breite Öffentlichkeit erfahrbar und trägt zum gesellschaftlichen Dialog über Kolonialismus und Rassismus bei. Mit der Webseite setzt Cooperaxion ihre 15-jährige Bildungsarbeit fort. Die Stadt Bern führt damit ihr jahrelanges Engagement gegen Rassismus weiter.