Seit 2019 ist das Schulhaus Wylergut im Gespräch wegen eines Wandbildes, das zur originalen Ausstattung von 1949 gehört hatte. Ein Wandalphabet verwendete kolonial-rassistische Stereotypen zur Illustration der Buchstaben C, I und N. Im Frühjahr 2024 wurde das Wandbild restauratorisch entfernt und dem Bernischen Historischen Museum BHM als Schenkung übergeben, wo es noch bis zum 1. Juni 2025 in der Ausstellung «Widerstände. Vom Umgang mit Rassismus in Bern» neu kontextualisiert wird.

Die Entnahme aus dem Schulhaus und die Ausstellung im BHM verantwortet der Verein «Das Wandbild muss weg», der 2021 einen Wettbewerb der Stadt Bern zum Thema des kolonialen Erbes am Beispiel des Wandbildes für sich entscheiden konnte. Nach der Dislozierung des Wandbilds hat der Verein in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Shirana Shahbazi im Frühling 2024 an der Leerstelle im Schulhaus den Umriss des Wandbilds in einem hellen Grauton nachgezeichnet. Ein ebenfalls an der Wand angebrachter QR-Code verweist auf die Projektwebseite des Vereins. Dieser temporäre Zustand leitet einen Erinnerungs- und Vergessensprozess im Schulhaus ein und versteht sich als Verbindung zwischen dem historischen Wandbild, dem Projekt des Vereins und der neuen Installation.

Ein neues Werk von Shirana Shahbazi

Auf Anregung des Vereins hat die Kommission für Kunst im öffentlichen Raum der Künstlerin Shirana Shahbazi den Auftrag für ein neues Werk gegeben. Die international erfolgreiche, von Zürich aus tätige Künstlerin hat in Konsultation mit der Schule und dem Verein eine neue künstlerische Arbeit für das Wylergut Schulhaus entworfen. Diese wird voraussichtlich im Frühling 2025 in der Schule installiert.

Das Werk von Shirana Shahbazi fügt sich gekonnt in die bestehende Architektur ein. Es nimmt die Aussenform des entfernten Wandbildes auf und bespielt entlang von dessen Leerstelle die Wände vom Untergeschoss bis in den ersten Stock. Die neue Installation besteht aus Keramikplatten, die spielerisch in Farbgruppen angeordnet sind und zusammen ein neues, veränderbares und ausdrucksstarkes Bild ergeben. Erst über die kommenden drei Jahre wird die Arbeit vervollständigt: Die Leerstelle des alten Wandbildes wächst mit der Zeit zu.

Workshops mit den Kindern

Die vorerst noch freigelassene Leerstelle des historischen Wandbildes wird in den Jahren 2025 bis 2027 im Rahmen von antirassistischen Workshops gemeinsam mit den Abschlussklassen des Wylergut prozesshaft aufgefüllt. 2027 werden die letzten Kinder, die das Wandbild von Jordi und Zbinden noch vor Ort erlebt haben, das Auffüllen abschliessen und im Schulhaus ein neues Bild hinterlassen. Diese partizipative Komponente, die von Shirana Shahbazi in Zusammenarbeit mit dem Verein «Das Wandbild muss weg!» umgesetzt wird, unterstreicht die Notwendigkeit einer fortlaufenden Auseinandersetzung mit Rassismus im Schulalltag und ermöglicht eine zeitgenössische, dynamische Erinnerungskultur.