5. Suchtforum der Stadt Bern vom 3. November 2014
Liberale Cannabisregulierung – regulierte Cannabisliberalisierung
Dem Verbot des Cannabiskonsums und Cannabisverkaufs stehen 400'000 bis 500'000 Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten in der Schweiz gegenüber. Was ist zu tun? Über diese Frage debattierten am fünften Suchtforum 2014 der Stadt Bern am Montagabend über 70 Fachpersonen und Politikerinnen und Politiker. Mit Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss und Dr. med. Toni Berthel, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen, stellten zwei ausgewiesene Fachpersonen den internationalen beziehungsweise nationalen Stand der Diskussion und die Herausforderungen in Bezug auf Cannabis vor.
In ihrer Begrüssung wies Gemeinderätin Franziska Teuscher darauf hin, dass heute in der Schweiz 400'000 bis 500'000 Leute kiffen und deswegen kriminalisiert werden. «Diese Situation ist äusserst unbefriedigend. Als Politikerin ist es meine Aufgabe, auf gesellschaftliche Phänomene Antworten zu finden.» Der nun angedachte Pilotversuch sei ein erfolgsversprechender Weg, der bezüglich Cannabisregulierung konkrete Erkenntnisse liefern werde. Wie ein solches Pilotprojekt genau ausgestaltet sein müsste, kann sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. «Klar ist, dass im Rahmen eines Pilotprojekts geprüft werden muss, ob und wenn ja welche Auswirkungen eine Cannabis-Regulierung auf das Konsumverhalten der beteiligten Personen hat.» Was immer bei einem Pilotversuch herauskomme, es werde mit Garantie nicht bloss «Schall und Rauch» sein, sondern ein Pilotversuch würde die Fakten liefern, aufgrund derer die weiteren Schritte geplant werden können.
Auch Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss betonte, dass es wichtig sei, nicht in «Regulierungseuphorie» für alle Drogen auszubrechen, aber im Rahmen seriöser wissenschaftlicher Forschung neue Modelle der Drogenregulierung insbesondere bezüglich Cannabis auszuprobieren. «Wir müssen wieder den Weg zu einem rationalen Umgang mit der Drogenthematik finden.» Sie verwies dabei auf die bereits existierenden Regulierungsmodelle in Colorado und Washington, wo nun Erfahrungen gesammelt werden.
Dr. med. Toni Berthel, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen und ärztlicher Co-Direktor der Integrierten Psychiatrie Winterthur, präsentierte den aktuellen Wissensstand der Cannabisforschung. «Cannabiskonsum hat Wirkungen und hat auch Nebenwirkungen.» Die Gefährlichkeit beziehungsweise Schädlichkeit von Cannabis sei jedoch aus wissenschaftlicher Sicht als deutlich niedriger einzustufen als diejenige von Alkohol, Heroin, Kokain und Tabak. Die Eidgenössische Kommission für Drogenfragen würde die Regulierung von Cannabis begrüssen.
Aus dem Publikum wurden in der anschliessenden Podiumsdiskussion Bedenken bezüglich der rechtlichen Umsetzung sowie des Jugendschutzes geäussert. Franziska Teuscher betonte, dass der Gemeinderat festgehalten habe, dass das Pilotprojekt so ausgestaltet sein muss, dass die Prävention verbessert wird und keine Sogwirkung auf Auswärtige stattfindet.