Jahresbericht Fachstelle Radikalisierung und Gewaltprävention
Die Fachstelle Radikalisierung und Gewaltprävention der Stadt Bern hat im vergangenen Jahr mit 29 vertieften Beratungsgesprächen deutlich mehr Kontakte verzeichnet als im Vorjahr. Dies dürfte unter anderem auf eine vermehrte und gezielte Sensibilisierung für das Angebot zurückzuführen sein. Nach dem Tätigkeitsbericht von 2020 strebt die Fachstelle eine jährliche und systematische Erhebung der Beratungstätigkeit an. Das mit dem Ziel, künftig Tendenzen und Veränderungen im Bedürfnis der Ratsuchenden noch besser zu erkennen und diesen Rechnung zu tragen.
Die Fachstelle Radikalisierung und Gewaltprävention der Stadt Bern ist die Anlaufstelle für Fragen und Beratungen rund um die Themen Radikalisierung, Extremismus und damit verbundene Gewalt. Sie berät, sensibilisiert und vernetzt Betroffene, Fachpersonen und Interessierte. Letztmalig wurde im Jahr 2020 ein Tätigkeitsbericht der Fachstelle Radikalisierung und Gewaltprävention publiziert. Darin wurde auf die Gründung im Jahre 2014 und die Beratungsjahre 2015 bis 2020 zurückgeblickt. Künftig möchte die Fachstelle mit einem jährlichen Bericht detaillierter über ihre drei Tätigkeitsfelder Radikalisierung, Gewaltprävention und Bedrohungsmanagement berichten und legt mit dem Jahresbericht 2023 den ersten solchen Bericht vor. Ziel ist es, künftig Tendenzen und Veränderungen in der Gesellschaft und im Bedürfnis der Ratsuchenden noch besser erkennen und diesen anpassen zu können.
Beratungsangebot zu Radikalisierung wird gut genutzt
Im Jahr 2023 verzeichnete die Fachstelle mit 29 vertieften Beratungsgesprächen zum Thema Radikalisierung einen deutlichen Anstieg von neuen Fällen gegenüber dem Vorjahr (2022: 15). Das Bedürfnis nach Beratung ist seit der Schaffung der Fachstelle im Jahr 2014 starken Schwankungen unterworfen. Der klare Anstieg im Jahr 2023 gegenüber 2022 dürfte aber hauptursächlich auf den verschärften Fokus auf die Bekanntmachung des Angebots durch die Fachstellenmitarbeitenden zurückzuführen sein. «Es freut uns, dass das Angebot der Fachstelle Radikalisierung und Gewaltprävention sowohl innerhalb der Stadtverwaltung Bern wie auch bei Partnerorganisationen, Institutionen und auch Privatpersonen immer bekannter wird», sagt Fachstellenleiter Roland Knöri.
Die 29 neuen Anfragen im Jahr 2023 verteilten sich auf verschiedene Radikalisierungs-Richtungen (religiös, politisch, thematisch), wobei die grosse Mehrheit dem religiösen Spektrum zuzuordnen war. Bei den Personen, welche sich auf dem Weg zur Radikalisierung befanden oder bereits radikalisiert waren, handelte es sich um Männer (63 Prozent), Frauen (27 Prozent) und gemischte Gruppen (10 Prozent). Die betroffenen Personen waren mehrheitlich Jugendliche respektiv junge Erwachsene. In 68 Prozent der Fälle wurden die Verdachtsfälle von Fachpersonen gemeldet beziehungsweise suchten Eltern (18 Prozent) oder nahestehende Personen (14 Prozent) Rat.
Unter der neuen Leitung der Fachstelle wurden im Jahr 2023 ausserdem die verschiedenen Leitfäden zum Thema Radikalisierung aktualisiert und auf der Webseite der Stadt Bern publiziert.
Knapp zwei Dutzend Mentoring-Begleitungen
Im Rahmen des ersten Nationalen Aktionsplans gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus (NAP) wurde 2019 das Mentoring-Programm der Stadt Bern initiiert und aufgebaut. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 führte die Fachstelle 22 Begleitungen durch. Ziel des Mentorings ist es, die betroffenen Personen aus ihrer Isolation hinauszuführen beziehungsweise den Radikalisierungsprozess zu durchbrechen und die Betroffenen in der Gesellschaft zu re-/integrieren.
Schwerpunkt bei Sensibilisierung für Gewaltprävention
Eine grosse Herausforderung in der Gewaltprävention ist die Vielschichtigkeit der Thematik. Um Tendenzen und Brandherde frühzeitig zu erkennen, ist eine gute Vernetzung mit anderen Fachstellen und Interessensgruppen innerhalb aber auch ausserhalb der Stadtverwaltung von grosser Wichtigkeit. «Die regionale und überregionale Vernetzung mit Fachpersonen, Institutionen und Behörden ist zentral für unsere Arbeit», sagt Roland Knöri. «Vor allem aber ist es wichtig, dass Eltern, Lehrpersonen, Vereinsfunktionär*innen, der Freundeskreis oder Familienangehörige sensibilisiert sind und Verdachtsfälle melden.» Hier setzt die Fachstelle zurzeit einen Schwerpunkt und sensibilisiert beispielsweise Schulen, Quartierorganisationen oder Sportvereine für die Thematik und das Beratungsangebot der Fachstelle. So sollen beispielsweise noch mehr Sportvereine für das Projekt «Bärestarch» gewonnen werden. Dieses unterstützt Berner Sportvereine bei der Gewaltprävention und im Umgang mit schwierigen Situationen im Verein, zum Beispiel bei Mobbing.
Dutzende Verwaltungsangestellte im Bedrohungsmanagement geschult
Die Fachstelle führt aber auch Schulungen und Workshops für städtische Mitarbeiter*innen durch. Hier werden beispielsweise der Umgang mit herausfordernden Kund*innen oder Klient*innen sowie der Umgang mit Beschimpfungen und Drohungen thematisiert. Im Jahr 2023 nahmen neben dutzenden internen Mitarbeitenden auch externe Verwaltungsangestellte dieses Angebot in Anspruch.
Dokumente
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Jahresbericht 2023 (PDF, 347.8 KB) |