Hochwasserschutz Stadtbach: Direkter Kanal in den Wohlensee
Der geplante Zuleitungsstollen vom Westen Berns zur ARA Region Bern Neubrück, der das städtische Kanalisationssystem entlasten soll, macht einen neuen Kanal für den Hochwasserschutz nötig. Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat dazu eine Aufstockung des Planungskredits.
Heute fliesst das Abwasser aus dem Westen Berns durch die Innenstadt Richtung ARA, wodurch die Kanäle zunehmend belastet werden. Ein neuer, rund fünf Kilometer langer Stollen, soll das Abwasser aus Bümpliz/Bethlehem künftig direkt zur ARA Region Bern bei der Neubrück leiten und die Kanäle in der Innenstadt entlasten. Im November 2013 bewilligte der Gemeinderat einen Planungskredit für den Abschluss einer Vorstudie für diesen sogenannten ARA-Zuleitungsstollen West. Diese liegt inzwischen vor und zeigt, dass mit dem Bau des Zuleitungsstollens West zusätzlich zwingend ein Entlastungskanal für den Hochwasserschutz am Stadtbach notwendig wird. Da der Wangentalkanal mit der Eröffnung des Stollens zu dessen Zuleitungskanal wird, kann er seine heutige Funktion als provisorischer Hochwasserschutzkanal für den Stadtbach nicht mehr erfüllen. Künftig soll daher bei Hochwasser überschüssiges Stadtbachwasser über einen neu zu bauenden Kanal in den Wohlensee geleitet werden.
Zusätzliche Abklärungen nötig
Damit die Machbarkeit dieses Hochwasser-Entlastungskanals nachgewiesen werden kann, muss der Baugrund untersucht werden. Anschliessend können die Linienführung des Kanals festgelegt und erste Kostenschätzungen erstellt werden. Der Gemeinderat unterstützt das Vorhaben und beantragt dem Stadtrat, den bereits gesprochenen Planungskredit von 150‘000 Franken auf 550‘000 Franken zu erhöhen. Wenn das Stadtparlament dem Begehren zustimmt, dürfte Ende 2017 die Vorstudie zum Hochwasserschutzprojekt Stadtbach vorliegen. Die weitere Grobplanung sieht vor, dass das Stadtberner Stimmvolk 2022 über den Kredit des gesamten Bauprojekts – Zuleitungsstollen und Entlastungskanal – abstimmen und Ende 2024 mit dem Bau begonnen werden kann. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für das Jahr 2027 vorgesehen.
Planung aus den 1970er-Jahren
Dass das Abwasser aus Bern Westen bis heute via Mattenhof, Marzili und Sulgenbachstollen in die ARA Neubrück fliesst, geht auf eine Planung aus den 70er-Jahren zurück. Damals wollte die Stadt Bern in der Eymatt auf dem Gelände des ehemaligen Forsthauses eine neue Abwasserreinigungsanlage bauen: die ARA II. In dieser Anlage sollte das Abwasser aus den stark wachsenden Quartieren Bümpliz und Bethlehem sowie dem Wangental bewirtschaftet werden. Die Abwasserkanäle, die zu jener Zeit im Westen Berns geplant und gebaut wurden, waren konsequent auf dieses Projekt ausgerichtet. Als Hauptzubringerleitung wurde der Wangentalkanal erstellt.
Die ARA II wurde aber nie gebaut: Aus wirtschaftlichen Gründen verschwanden die Pläne Anfang der 1980er-Jahre in der Schublade, und der Wangentalkanal wurde zu einem Provisorium für den Hochwasserschutz des Stadtbachs umfunktioniert. Seither hat Berns Abwassersystem den konzeptionellen Mangel, dass das Abwasser aus dem Westen durch die Innenstadt fliesst.