Gemeinderat schickt Transparenzvorlage in die Vernehmlassung
Der Gemeinderat hat eine Vorlage zur Offenlegung der Finanzierung von politischen Parteien und Kampagnen zur Vernehmlassung bei den im Stadtrat vertretenen Parteien verabschiedet. Er stellt zwei Varianten zur Diskussion mit Schwellenwerten ab 1000 Franken oder 5000 Franken. Mit den Transparenzbestimmungen sollen die freie Willensbildung der Stimmberechtigen und das Vertrauen in die Politik gestärkt werden. Die Forderung zur Offenlegung der Parteifinanzierung geht auf einen Stadtratsvorstoss zurück.
Verdeckte Zahlungen an politische Akteure können die Abstimmungs- und Wahlfreiheit beeinträchtigen und der Reputation der Politik schaden. Hauptzweck von entsprechenden Transparenzbestimmungen ist es daher, die freie Willensbildung der Stimmberechtigten zu gewährleisten und das Vertrauen in die Politik zu stärken. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder in Europa, das bisher auf eine Regelung über die Offenlegung der Geldmittel verzichtet, die in Wahl- und Abstimmungskampagnen fliessen, und wird dafür auf internationaler Ebene immer wieder kritisiert. Bislang kennen in der Schweiz lediglich die Kantone Tessin, Genf, Neuenburg und Schwyz Vorschriften zur Transparenz der Politikfinanzierung. Wann die auf Bundesebene eingereichte Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung» zur Abstimmung kommt, ist derzeit noch offen.
Die Stadt Bern soll mit gutem Beispiel vorangehen
Eine Regelung auf eidgenössischer oder kantonaler Ebene wäre grundsätzlich besser geeignet, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Der Stadtrat will aber gemäss der Forderung der Motion «Offenlegung der Finanzierung von Partei-, Wahl- und Abstimmungskampagnen» Transparenzbestimmungen auf städtischer Ebene einführen und so mit gutem Beispiel vorangehen. Mit der vorliegenden Teilrevision über das Reglement über die politischen Rechte, die bei den Stadtratsparteien in die Vernehmlassung geschickt wird, soll die Motion umgesetzt werden.
Zwei Varianten zu Schwellenwerten
Der Entwurf der entsprechenden Teilrevision des Reglements über die politischen Rechte sieht Offenlegungspflichten für die im Stadtrat vertretenen Parteien sowie für städtische Wahl- und Abstimmungskampagnen vor. Bei Kampagnen ist die Mittelherkunft indes nur bei Erreichen eines Schwellenwerts auszuweisen; auch für die Offenlegung der Identität von Spenderinnen und Spender gilt ein Schwellenwert. Der Gemeinderat stellt für diese Schwellenwerte zwei Varianten zur Diskussion: 1000 Franken und 5000 Franken.
Stadtratsparteien und städtische Wahl- und Abstimmungskampagnen erfasst
Die im Stadtrat vertretenen Parteien sollen jährlich ihre Finanzierung offenlegen müssen. Dabei haben sie namentlich über die Herkunft ihrer Mittel und die mitfinanzierten politischen Kampagnen auf städtischer Ebene Bericht zu erstatten. Weiter müssen Personen oder Organisationen, die Wahlvorschläge für städtische Wahlen einreichen, sowie Kandidierende für den Stadtrat, den Gemeinderat oder das Stadtpräsidium die Budgets für ihre Wahlkampagnen offenlegen. Beträgt das Budget mehr als 1000 bzw. 5000 Franken, muss zudem angegeben werden, woher die Mittel stammen. Weiter sollen Personen oder Organisationen, die im Vorfeld von städtischen Abstimmungen öffentlich Position beziehen und dafür ein Budget von 1000 bzw. 5000 Franken oder mehr vorsehen, ebenfalls die Herkunft dieser Mittel offenlegen müssen.
Anonyme Zuwendungen nicht mehr erlaubt
Bei der Offenlegung der Mittelherkunft sind auch Geld- und Sachzuwendungen Dritter auszuweisen, wobei bei Spenden ab 1000 bzw. 5000 Franken pro Person und Jahr auch die Identität der jeweiligen Spenderin oder des jeweiligen Spenders offenzulegen ist. Die Annahme anonymer Geld- oder Sachzuwendungen ist untersagt. Die offengelegten Informationen sollen im Internet publiziert werden. Widerhandlungen gegen die Offenlegungspflichten sollen mit Bussen von bis zu 5000 Franken bestraft werden.
Stimmberechtigte entscheiden
Mit der Durchführung der Vernehmlassung wurde die Stadtkanzlei beauftragt. Diese wird die Stadtratsparteien nach den Festtagen zur Stellungnahme einladen. Nach Abschluss des Vernehmlassungsverfahrens wird die finalisierte Vorlage vom Gemeinderat verabschiedet und dem Stadtrat unterbreitet. Das letzte Wort haben die Stimmberechtigten. Damit die neuen Bestimmungen im Hinblick auf die nächsten Gemeindewahlen im Jahr 2020 in Kraft treten können, sollte die Volksabstimmung spätestens im November 2019 stattfinden können.