Gemeinderat lehnt die revidierte Sozialhilfeverordnung ab
Der Gemeinderat der Stadt Bern lehnt den Entwurf für eine neue Sozialhilfeverordnung aus sozialpolitischen, fachlichen und rechtlichen Gründen ab und fordert eine grundsätzliche Überarbeitung. Er bemängelt in seiner Stellungnahme zudem, dass in der Verordnung keine Bestimmungen für den Ausbau der Arbeitsintegration vorgesehen sind.
Mit einer Totalrevision der Sozialhilfeverordnung will der Kanton Ausführungsbestimmungen zum revidierten Sozialhilfegesetz erlassen. In seiner Stellungnahme lehnt der Gemeinderat der Stadt Bern die Totalrevision der Sozialhilfeverordnung gemäss Konsultationsentwurf der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) ab und fordert eine Überarbeitung der Vorlage. Er bringt eine ganze Reihe von Kritikpunkten vor. Bemängelt wird etwa, dass die Verordnung zu starre Regelungen enthält, zu zusätzlichen Leistungseinschränkungen in der Sozialhilfe führen kann und Regelungskompetenzen unrechtmässig vom Regierungsrat an die GEF delegiert werden sollen. Der Gemeinderat erachtet die vorgeschlagenen Kürzungen von 8 bis 30 Prozent des Grundbedarfs als «sozialpolitisch nicht vertretbar» und fordert den Regierungsrat deshalb auf, weniger weit gehende Regelungen vorzusehen.
Zu starre Regelungen
Der Verordnungsentwurf koppelt die Höhe der Leistungen oft an starre Vorgaben. So sieht er beispielsweise bei jüngeren Personen automatisch Leistungskürzungen vor, wenn diese nicht mit einem Pensum von mindestens 70 Prozent in einem Integrationsprogramm arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Diese Regelung ist nach Auffassung des Gemeinderats «zu starr und realitätsfremd» und lässt eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall nicht mehr zu. Der Gemeinderat kritisiert zudem, die Regelung weise «das Risiko der Arbeitslosigkeit einseitig der unterstützten Person zu».
GEF soll nicht selbst Regelungen erlassen
Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass nicht der Regierungsrat, sondern die GEF selbst verschiedene Bereiche regeln kann. So soll die GEF beispielsweise Bestimmungen über die Höhe der Miete erlassen können oder über den Umfang von besonderen Leistungen, welche zusätzlich zum Grundbedarf ausgerichtet werden. Der Gemeinderat erachtet die Verschiebung von Regelungskompetenzen vom Regierungsrat an die GEF aus demokratiepolitischen und rechtlichen Gründen als unzulässig. Es gehe nicht an, zusätzliche «Leistungseinschränkungen in blossen Direktionsverordnungen zu regeln». Das Sozialhilfegesetz sehe hierfür klar eine Kompetenz des Gesamtregierungsrats vor.
Verbesserungen bei den Anreizleistungen
Grundsätzlich positiv beurteilt der Gemeinderat die Neuregelung der Anreizleistungen in der Sozialhilfe. Insbesondere die Erhöhung der Integrationszulage von heute 100 Franken sei sinnvoll. Auch hier warnt der Gemeinderat jedoch vor zu starren Regelungen, welche einseitig auf den Beschäftigungsgrad abstellen und die subjektiv grossen Bemühungen von Personen mit bedeutenden Leistungseinschränkungen nicht genügend berücksichtigen.
Bestimmungen zur Arbeitsintegration fehlen
Obschon das revidierte Sozialhilfegesetz die berufliche Integration fördern und zu diesem Zweck die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ausbauen will, enthält der Verordnungsentwurf hierzu keine Bestimmungen. Der Gemeinderat bedauert dies, denn so bleibe «unklar wie und mit welchen Mitteln die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gefördert» werden solle. Der Gemeinderat regt deshalb an, diese Aufgabe in der Verordnung ebenfalls zu regeln.
Dokumente
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Stellungnahme des Gemeinderats (PDF, 13.6 MB) |