Gemeinderat genehmigt Kredit für Hochwasserschutz
Der Gemeinderat hat das Hochwasserschutzprojekt «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» verabschiedet und den damit verbundenen Realisierungskredit zuhanden des Stadtrats und der Stimmberechtigten genehmigt. Mit den geplanten Massnahmen können die städtischen Quartiere entlang der Aare zuverlässiger vor Überschwemmungsschäden geschützt werden. Der Anteil der Stadt Bern an den Gesamtkosten von 148,86 Millionen Franken beläuft sich auf 55 bis 75 Millionen Franken. Die Volksabstimmung soll im November 2023 stattfinden.
Bei Hochwasser sind die Quartiere an der Aare nicht ausreichend vor Überschwemmungen geschützt. Allein die Ereignisse von 1999 und 2005 verursachten in der Stadt Bern Schäden in der Höhe von rund 90 Millionen Franken. Inzwischen sind zwar zahlreiche Schutzmassnahmen umgesetzt worden (Bau des Entlastungsstollens Thun, Umsetzung von Massnahmen gegen Schwemmholz, Anschaffung von Schlauchdämmen und mobilen Pumpen etc.). Um die Bevölkerung der aarenahen Quartiere aber insbesondere auch vor rasch eintretenden Hochwasserereignissen zu schützen, sind dauerhafte bauliche Massnahmen sowie ergänzende mobile Elemente nötig, welche im Hochwasserfall von der Feuerwehr von Schutz und Rettung Bern installiert werden.
Projekt sieht gebietsspezifischen Schutz vor
2013 sprachen sich die Stimmberechtigten der Stadt Bern für einen umfassenden Hochwasserschutz aus: Mit einer Mehrheit von 88 Prozent genehmigten sie für das Projekt «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» einen Projektierungskredit von 11,8 Millionen Franken und gaben damit grünes Licht für die Ausarbeitung des Bauprojekts. Dieses liegt nun vor. Es sieht für den Perimeter vom Gaswerkareal bis zum Altenberg auf das jeweilige Gebiet und dessen Gefährdung angepasste Schutzmassnahmen vor (vgl. Kasten).
Die baulichen Massnahmen sind darauf ausgerichtet, das Ufer entlang der Aare zu erhöhen. Dies wird durch Sitzmauern, Mauerelemente und Geländemodellierungen erreicht. Ebenfalls vorgesehen sind Vorkehrungen gegen Verstopfungen durch Schwemmholz. Zusätzliche Abdichtungsmassnahmen sollen verhindern, dass im Hochwasserfall Schäden im Siedlungsgebiet durch einen Anstieg des Grundwasserspiegels entstehen. Weiterer Bestandteil des Projekts sind Anpassungen an der Siedlungsentwässerung – damit diese auch bei Hochwasser funktioniert. Ökologische Aufwertungsmassnahmen im Gaswerkareal und am Aareufer vis-à-vis der Matte sind ebenfalls vorgesehen.
Leben und Arbeiten an der Aare auch in Zukunft
«Die Aare ist für viele Bernerinnen und Berner etwas ganz Besonderes. Das Leben direkt am Fluss bringt aber auch besondere Herausforderungen. Es ist wichtig, dass wir die Sicherheit der Anwohnerinnen und Anwohner gewährleisten können», sagte Gemeinderätin Marieke Kruit, Direktorin für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün, vor den Medien. Nach der öffentlichen Auflage 2018 wurde das Projekt «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» punktuell optimiert. Es schaffe nun ein gutes Gleichgewicht zwischen dem nötigen Schutz und möglichst wenigen Eingriffen, so Stadtingenieur Reto Zurbuchen. «Es berücksichtigt auch die denkmalpflegerischen Ansprüche und das Bedürfnis nach einer hohen Aufenthaltsqualität.»
«Durch den Klimawandel müssen wir mit häufigeren und wohl auch stärkeren Hochwasserereignissen rechnen», sagte Gemeinderat Reto Nause, Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie. Auch angesichts dessen sei die Stadt Bern gut beraten, auf die Verlässlichkeit von baulichen Massnahmen zu setzen. Simon Zumstein, Kommandant von Schutz und Rettung Bern ergänzte: «Die Installation des heutigen Schutzdispositivs mit mobilen Massnahmen ist personal- und zeitintensiv. Bei einem rasch ansteigenden Hochwasser besteht die Gefahr, dass dies nicht rechtzeitig gelingt und der Schutz nicht gewährt werden kann.»
Namhafte Beiträge von Bund, Kanton und ewb
Die veranschlagten Kosten für die projektierten Hochwasserschutzmassnahmen betragen insgesamt 148,86 Millionen Franken. Davon entfallen 130,29 Millionen Franken auf den allgemeinen Steuerhaushalt (bauliche Massnahmen am Gewässer und in den Uferbereichen) und 18,57 Millionen Franken auf die gebührenfinanzierte Sonderrechnung Siedlungsentwässerung. Im Kredit enthalten ist auch der von den Stimmberechtigten 2013 bewilligte Projektierungskredit von 11,8 Millionen Franken.
Beim beantragten Kredit handelt es sich um die Bruttokosten, an denen sich Bund und Kanton sowie Energie Wasser Bern (ewb) als Konzessionärin der Wasserkraftwerke Matte und Felsenau mit namhaften, konkret noch zu definierenden Beiträgen beteiligen werden. Nach heutiger Einschätzung dürften sich die Nettokosten für die Stadt Bern auf 55 bis 75 Millionen Franken belaufen.
Der Gemeinderat hat die Abstimmungsvorlage zum «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» mit dem entsprechenden Kredit zuhanden des Stadtrats und der Stimmberechtigten der Stadt Bern genehmigt. Die Volksabstimmung findet voraussichtlich im November 2023 statt.
Sämtliche Unterlagen zum Auflageprojekt finden sich unter www.bern.ch/hochwasserschutz.
Geplante Massnahmen zwischen Dählhölzli und Engehalde
Das Projekt «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» sieht Massnahmen auf einer Uferlänge von insgesamt 6 km vor, mit denen das dicht besiedelte Gebiet der Quartiere Dalmazi, Marzili, Matte und Altenberg vor Hochwasser geschützt werden soll.
Marzili (Gaswerk-Areal, Marzilibad)
Auf dem Gaswerk-Areal erfolgt der Hochwasserschutz weitgehend im rückwärtigen Raum mit landschaftlichen Elementen. Das Aareufer wird oberhalb der Monbijoubrücke abgeflacht und aufgewertet; die parkartige Fläche wird bei hohen Wasserständen überflutet. Beim Marzilibad ist ein Mauerelement geplant, das gleichzeitig als Liegepritsche dient. Damit wird sowohl das Bad als auch das dahinterliegende Quartier vor Überflutung geschützt.
Dalmazi
Hier ist eine Sitzmauer entlang der Aare vorgesehen. Um das Abflussverhalten bei der Dalmazibrücke zu optimieren (Schutz vor sogenannter Verklausung: Verschluss infolge angeschwemmten Treibgutes) wird auf der aareaufwärts liegenden Seite der Brücke ein Verschalungsblech montiert, welches die Strömung günstiger gestaltet.
Matte
Die Mauern um den Tych werden abgedichtet und erhöht. Um den durchgehenden Schutz zu gewährleisten, wird der Tychsteg angehoben. Zum Schutz der Matte ist entlang der Aare eine stadtbildverträgliche Sandsteinmauer geplant, die mit mobilen Dammbalken weiter erhöht werden kann. Eine unterirdische Dichtwand soll zusätzlich dafür sorgen, dass kein Aarewasser durch den durchlässigen Boden in die Häuser eindringt und dort zu Schäden führt. Hangwasser und Regenwasser, das sich innerhalb der Dichtwände ansammeln kann, wird im Hochwasserfall mit Drainageleitungen und Pumpwerken abgeführt.
Altenberg, Langmauer
Viele Liegenschaften an der Altenbergstrasse sind für die Blaulichtorganisationen nur über die Altenbergstrasse erreichbar. Zum Schutz dieser Strasse ist von der Untertorbrücke bis zum Pumpwerk Altenberg eine Ufermauer vorgesehen, diese soll im Hochwasserfall mit mobilen Elementen erhöht werden. Zudem soll der Uferweg durch eine Absenkung des Wegs verbreitert werden. In der Langmauer ist eine Kombination von Abdichtungsmassnahmen, Ufermauern und einem Erddamm vorgesehen. Nach der Lorrainebrücke sind keine Hochwasserschutzmassnahmen geplant.