Förderstipendium für drei Comic-Zeichner*innen
Die Städte Basel (Christoph Merian Stiftung), Bern, Luzern und Zürich haben zum zehnten und letzten Mal die Comic-Stipendien der Deutschschweizer Städte ausgeschrieben. Die drei Förderstipendien gehen an Noémie Fatio (Bern), Nando von Arb (Zürich) und Iris Weidmann (Zürich). Zusätzlich wird zum zehnjährigen Jubiläum ein Sonderstipendium an Martin Oesch (Bern) vergeben.
Die Gewinner*innen hat die Jury aus 34 Eingaben ausgewählt. Die drei Förderstipendien von je 12'500 Franken gehen an: Noémie Fatio (Bern), Nando von Arb (Zürich), Iris Weidmann (Zürich). Das Sonderstipendium in der Höhe von 5000 Franken geht an Marin Oesch (Bern).
Noémie Fatio, Bern «MA»
Noémie Fatio konnte mit ihrem Projekt «MA» die Jury inhaltlich wie auch visuell überzeugen. Ihre eigenwillige und reflektierte Bildsprache macht Lust auf mehr. Mit einem soliden und erfrischenden Zeichenstil schafft sie es, das Thema Mutterschaft kritisch unter die Lupe zu nehmen und das noch heute vorhandene heteronormative Elternmodell zu reflektieren und zu hinterfragen. Entstanden ist daraus eine Satire, die darauf hinweist, wie Frauen durch soziokulturelle Einflüsse an den Kinderwunsch, an die Care¬-Arbeit und an die Mutterschaft gebunden sind.
Nando von Arb, Zürich «Voller Angst (Arbeitstitel)»
Nando von Arb ist in der Schweizer Comic-Szene kein Unbekannter. Bereits sein Erstlingswerk «Drei Väter» wurde mit dem Schweizer Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Mit seinem neuen Projekt «Voller Angst» (Arbeitstitel) legt er aber noch eine Schippe drauf. In serienhaften Episoden erzählt er mit einer intimen Feinfühligkeit von seinen eigenen Ängsten und schafft es den Betrachtenden in seine Bilder hineinzuziehen. Durch die Einnahme verschiedener Perspektiven findet sich jeder und jede in den gezeigten Situationen wieder und teilt das subjektive Gefühl der Angst mit den Protagonisten von Nando von Arb. Dabei ändern nicht nur die Erzählperspektiven: Die ganze Bandbreite der visuellen Erzählkunst lässt sich in Nando von Arbs Projekt wiederfinden. Sein Umgang mit Farben und sein Ideenreichtum eröffnen dem Publikum eindrucksvoll ein visuelles Universum, welches sich in jede erdenkliche Dimension entfaltet.
Iris Weidmann, Zürich
Ein Thema, das die Vergangenheit von uns allen prägt, greift Iris Weidmann in ihrem noch titellosen Projekt auf. Mit dem Protagonisten Hans erkundet sie die kolonialen Verstrickungen der Schweiz und beweist dabei ihre Sensibilität im Umgang damit und ihr Geschick im Verknüpfen von Gesellschaftlichem und Persönlichem. Vergangenheit und Gegenwart werden über einen cleveren Einsatz einer auktorialen Stimme aus dem Off verbunden. Und nicht nur Vergangenheit und Gegenwart werden verknüpft, auch die Möglichkeiten des Mediums Comic werden bei Iris Weidmann ausgelotet. So reihen sich nicht selten zwischenraumslos Panel an Panel, als möchten sie den Lesenden keine Zeit lassen, Luft zu holen. Auch groteske und humoristische Züge werden sichtbar, ebenso eine entschiedene Farbgebung.
Martin Oesch, Bern «Blut an meinen Händen»
Dürfen wir Tiere essen und töten? Dieser Frage geht Martin Oesch in seinem Projekt «Blut an meinen Händen» nach. Als ausgebildeter Metzger verarbeitet Martin Oesch seine ambivalente Haltung seinem erlernten Beruf gegenüber in dem ihm als Zeichner naheliegenden Medium Comic. Mit Erwin hat er dabei einen Protagonisten erschaffen, der so alltäglich wie unalltäglich in der Comicwelt ist. Ein Metzger, der von seiner Arbeit so mitgenommen wird, dass er sich zur Beantwortung der anfangs gestellten Frage aufmacht, begleitet von BDSM-Gruppen, Bio-Bauern, Aus- und Quereinsteigern. Und das alles in sympathischem Berndeutsch. Neben einer spannenden Thematik mit fesselnden Figuren überzeugt Martin Oeschs Projekt auch grafisch. In den Zeichnungen blitzt ein gewisser Schalk auf, zuweilen wirken sie geradezu heiter. Darüber hinaus zeigt sich ein feines Gespür für das Seitenlayout sowie ein reizvolles Spiel mit den Panels.
Weitere Infos: www.comicstipendien.ch
Verleihung
Die Verleihung der Comic-Stipendien findet am 18. März 2023 im Rahmen der Eröffnung des Fumetto Comic-Festival im Kleintheater Luzern statt. Wie jedes Jahr zeigen die letztjährigen Gewinner*innen – Claudio Näf, Julia Trachsel, Melanie Wigger – ihre Arbeiten in einer Satelliten-Ausstellung an Fumetto. Am Samstag, 18. März 2023 um 17.00 Uhr findet in der Galerie Harlekin in Luzern eine Vernissage dieser Ausstellung statt.