Der Waisenhausplatz wird zum «Sockel»
Absitzen, zuschauen, mitmachen, smalltalken: Der Berner Waisenhausplatz wird bis Ende Oktober 2018 zum Treffpunkt, Spielplatz, Veranstaltungsort – kurz: zum erweiterten Wohnzimmer für die Bevölkerung. Das Projekt heisst «Sockel» und orientiert sich an den Gepflogenheiten in mexikanischen Städten. Gemeinderätin Ursula Wyss hat es heute Vormittag vorgestellt.
Der Name «Sockel» leitet sich von «Zócalo» ab. Das ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den zentralen Platz in mexikanischen Städten: Hier treffen sich Menschen jeden Alters und aller sozialen Schichten zum Chillen, Plaudern, Lesen. Der «Sockel» auf dem Berner Waisenhausplatz nimmt diese Idee auf: Während etwas mehr als zwei Monaten soll er zum offenen Platz werden, wo man sich aufhalten, den Darbietungen anderer Menschen zuschauen oder sich auch selbst einbringen kann: Auf dem «Sockel» können Tanzstunden abgehalten, Chorproben durchgeführt, Diskussionsrunden organisiert werden – der Platz wird zu einem inspirierenden «Wohnzimmer».
Zwischennutzung und Kulturmeile
Der «Sockel» ist ein Zwischennutzungsprojekt. «Weil mit den Arbeiten zur umfassenden Sanierung und Neugestaltung des Bären- und Waisenhausplatzes erst frühestens 2021 begonnen werden kann, wollen wir mit kurzfristen Massnahmen schon heute die Aufenthaltsqualität aufwerten», sagte Gemeinderätin Ursula Wyss heute Vormittag an einem Point de Presse auf dem Waisenhausplatz. Ebenfalls könne damit eine ideale Brücke zu den laufenden und geplanten Projekten auf der Schützenmatte, in der Hodlerstrasse, aber auch zu den Parklets in der Zeughausgasse geschlagen werden: «Alle diese Orte werden im Rahmen von temporären Projekten auf unterschiedliche Weise kulturell genutzt und belebt», so Wyss weiter. «Dies wird uns wichtige Hinweise für die künftige Nutzung und Ausgestaltung dieser Kulturmeile bringen.».
Reinplatzen, Platz nehmen, Platz machen
Der «Sockel» ist ein Pilotversuch. Er bietet auf dem Waisenhausplatz im Sinne eines Tests bis zum 28. Oktober niederschwellige Möglichkeiten für punktuelle, nichtkommerzielle Anlässe – oder schlichten Raum für Aufenthalt und Begegnung. Im Fokus steht einerseits die «Laufkundschaft», die sich spontan auf dem Platz einfindet – andererseits steht er auch Vereinen, Schulen, Institutionen und allen Interessierten offen. So werden etwa die Schülerinnen und Schüler der NMS Bern in der Woche vor den Herbstferien auf dem Waisenhausplatz unterrichtet, wie Gabriela Cotting, Leiterin Betrieb und Verwaltung der NMS Bern, am Point de Presse verriet: «Es wird geforscht, geschrieben, musiziert, und es wird gefeiert werden – all dies unter dem freien Himmel von Bern.» Bewährt sich diese Idee der kulturellen Nutzung, soll sie in gleicher oder ähnlicher Form auch in den kommenden Jahren durchgeführt werden.
Der «Sockel» basiert auf der Idee einer modularen Möblierung. Diese ist verschiebbar, stapelbar und beliebig kombinierbar – die Nutzerinnen und Nutzer des «Sockels» können sie ihren Bedürfnissen entsprechend verstellen und umbauen. Herzstück ist die Tanzbühne mit integrierter Sitzbank. Diese ist multifunktional nutzbar – etwa als Liegefläche, Yogastudio oder Tanzbühne. Der doppelstöckige Container ist frei zugänglich und dient zugleich als Regen- oder Sonnenschutz. Die Möblierung soll über den Pilotversuch hinaus auch künftig auf dem Waisenhausplatz oder an anderen geeigneten Orten zum Einsatz kommen.
Weitere Infos: www.bern.ch/sockel
Bären-/Waisenhausplatz: Langfristige Planung, kurzfristige Massnahmen
Der Bären- und der Waisenhausplatz sollen in den nächsten Jahren neugestaltet und umfassend saniert werden, die Projektierungsarbeiten dafür wurden 2016 aufgenommen. Teil dieser Arbeiten war eine breite Mitwirkung der Bevölkerung, bei der die Bedürfnisse an die Platzgestaltung evaluiert wurden. Um den umfangreichen Partizipationsprozess und eine gestalterische Begleitung zur Qualitätssicherung des Vorprojekts zu finanzieren, hat der Gemeinderat zuhanden des Stadtrats eine Erhöhung des Projektierungskredits um 300’000 Franken auf insgesamt 550’000 Franken verabschiedet. Da mit der baulichen Neugestaltung wegen des aufwändigen Verfahrens frühestens 2021 begonnen werden kann, hat der Gemeinderat kurzfristige Massnahmen zur Attraktivierung der Plätze beschlossen. Insbesondere startet nun ein zweieinhalb Monate dauerndes Pilotprojekt zur kulturellen Nutzung des Waisenhausplatzes (vgl. Haupttext).