Fürsogerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen
Berner Gemeinderat fordert mehr Geld für Betroffene
Der Gemeinderat der Stadt Bern begrüsst den Entwurf des «Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmass-nahmen und Fremdplatzierungen vor 1981». Er hat aber auch einige Vorbehalte. So erachtet er den Zahlungsrahmen von 300 Mio. Franken als ungenügend, wie er im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens zum Gesetz schreibt.
Der Gemeinderat der Stadt Bern unterstützt die im Entwurf zum Bundesgesetz vorge-sehene Anerkennung und Wiedergutmachung des Unrechts und Leides, welches den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 zugefügt wurde. Die vorgeschlagenen Massnahmen zugunsten der Opfer, wie beispielsweise die Ausrichtung eines Solidaritätsbeitrages sowie besondere Regeln zur Akteneinsicht, werden als sinnvoll und wichtig erachtet. Als ungenügend empfindet der Gemeinderat den vorgesehenen Zahlungsrahmen des Solidaritätsbeitrages von 300 Mio. Franken. Er beantragt, diesen gemäss der Forderung der Wiedergutmachungsini-tiative auf 500 Mio. Franken zu erhöhen.
Mehraufwand für städtische Ämter
Der Gemeinderat weist in seiner Stellungnahme aber auch darauf hin, dass die Umsetzung des neuen Bundesgesetzes bei verschiedenen städtischen Dienststellen zu er-heblichem Mehraufwand führen wird. Dies gilt insbesondere für das Stadtarchiv und das Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz. Die Bearbeitung der Gesuche um Akteneinsicht und die Betreuung der Betroffenen ist allgemein sehr zeitintensiv.
Bereits heute engagiert sich die Stadt Bern stark für die Anliegen zur Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen. So hat der Gemeinderat unter anderem das Stadt-archiv 2014 beauftragt, vorhandene Akten aus der ehemaligen Fürsorgedirektion so aufzuarbeiten, damit diese besser aufgefunden und Betroffenen zur Einsicht vorgelegt werden können. Im selben Jahr beteiligte sich die Stadt mit einem Beitrag von 100‘000 Franken am bestehenden Soforthilfefonds für die finanzielle Entschädigung administrativ versorgter Personen. Dieses Frühjahr fand schliesslich die Ausstellung des Stadtarchivs «Auf der Suche nach der eigenen Geschichte – Fremdplatzierungen in Bern 1920-1960» statt.
Zahlreiche Anfragen
Im Stadtarchiv erhalten Betroffene von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und de-ren Angehörige eine rasche und unbürokratische Einsicht in alle archivierten Behör-denakten. Die Zahl der Anfragen für eine Akteneinsicht stieg von 10 Anfragen im Jahr 2012 auf über 100 im Jahr 2015 (Stand August). Auch das Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz betreut pro Monat durchschnittlich zwei Personen, die in ihrer Jugend von fürsorgerischen Massnahmen der städtischen Behörden betroffen waren und Ein-sicht in die über sie angelegten Akten nehmen möchten.
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Titel | Bearbeitet |
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Ausführliche Stellungnahme.pdf (PDF, 301.7 KB) | 10.09.2015 |