Alt-Stadtpräsident Werner Bircher ist verstorben
In tiefer Trauer hat der Gemeinderat der Stadt Bern davon Kenntnis genommen, dass der langjährige Stadtpräsident Werner Bircher am vergangenen Freitag, 10. März, im Alter von 88 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben ist. Die Stadtregierung drückt der Trauerfamilie ihr Beileid aus. Mit Werner Bircher verliert die Stadt Bern einen Mitbürger und Politiker, der seine Stadt nachhaltig geprägt und mitgestaltet hat.
Werner Bircher war von 1975 bis 1979 Gemeinderat und Finanzdirektor. Nach dem Hinschied des amtierenden SP-Stadtpräsidenten Reynold Tschäppät 1979 setzte sich der Freisinnige in einer Ersatzwahl gegen SP-Gemeinderat Heinz Bratschi durch und wurde zum Stadtpräsidenten gewählt. Sein Amt übte er bis 1992 aus. Werner Bircher war der letzte bürgerliche Stadtpräsident vor der Wende hin zur Rot-Grün-Mitte-Mehrheit.
Sachlichkeit und Fairness
Seine politische Karriere begann der Elektroingenieur Werner Bircher im damals sozialdemokratisch geprägten Bümpliz, wo er an der Wintermattstrasse wohnte und als Mitglied der Geschäftsleitung die Geschicke der Elektro-Firma Gfeller AG mitprägte. 1965 wurde er für die FDP in den Stadtrat gewählt, wo die Bürgerlichen über eine Mehrheit verfügten und sich mit den Sozialdemokraten heftige Wortgefechte lieferten. Werner Bircher, der den Stadtrat 1973 präsidierte, gehörte allerdings nicht zu jenen, die durch lautes Poltern auffielen. Seine Stärken waren vielmehr Sachlichkeit und faire Diskussion.
Diese Stärken bewahrte er sich auch, nachdem er in die Exekutive und später als Stadtpräsident gewählt wurde und die Zeit des «Vierer-mit» (vier Bürgerliche plus Stadtpräsidium und drei SP-Gemeinderatsmitglieder) mitprägte. Werner Bircher blieb eine Persönlichkeit ganz ohne Drang nach Publizität und mit einer ausgesprochenen Fähigkeit, ausufernde Diskussionen in sachliche Bahnen zu leiten und zwischen verhärteten Fronten Kompromisse zu erzielen. Dies war oft schwierig – trotz bürgerlicher Mehrheit im Gemeinderat.
Zaffaraya und Reitschule
Werner Birchers Präsidentschaft fiel in eine politisch anspruchsvolle Zeit. Sie war geprägt von Hausbesetzungen, Demonstrationen und Jugendunruhen. Dazu gehörten die Räumung des Zaffarayas 1987 sowie die Besetzung der Reitschule 1981, deren Schliessung 1982 und deren Wiedereröffnung 1987. Immer wieder war Werner Birchers Vermittlung und sachliche Argumentation gefragt. Beeindruckt hat der FDP-Politiker dabei vor allem mit seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
Werner Bircher hatte einen besonderen Ausgleich gefunden, um sich nach anstrengenden und nervenaufreibenden Tagen zu erholen: Er fuhr – manchmal gemeinsam mit dem damaligen Regierungsrat Bernhard Müller – ins Kiental, holte sein Alphorn aus dem Kofferraum hervor und blies seine Sorgen in die Alpenwelt hinaus. Kraft gaben ihm aber auch sein erfülltes Familienleben und die Tage, die er mit seiner Familie in der Spiezerbucht verbrachte.
Kleiner Apéro zum Abschied
So unaufdringlich und bescheiden, wie Werner Bircher sein Amt ausgefüllt hat, war auch sein letzter Arbeitstag 1992: Nach einem kleinen Apéro mit den engsten Mitarbeitenden hat ihn – ausnahmsweise – ein Chauffeur vom Erlacherhof nach Bümpliz gefahren – mit einer Berner Standarte am Kotflügel.