Wohnbaupolitik der Stadt an der Urne bestätigt
Die Stimmberechtigten der Stadt Bern haben sechs der sieben städtischen Vorlagen angenommen und damit die Wohnbaupolitik der Stadt bestätigt. Der Ja-Stimmen-Anteil lag dabei zwischen 89.2 und 71.5 Prozent. Die Aufhebung der Lohnobergrenze von 200 000 Franken dagegen lehnten sie mit einer Nein-Mehrheit von 55.5 Prozent ab.
Die heute geltende Lohnobergrenze für die Löhne der Gemeinderatsmitglieder und der städtischen Angestellten wird auf den 1. Januar 2013 nicht erhöht. 55.5 Prozent der Stimmberechtigten lehnten die entsprechende Vorlage ab (13‘450 Ja / 16‘763 Nein). Der Gemeinderat bedauert diesen Ausgang, wird den Entscheid des Souveräns aber selbstverständlich akzeptieren. Die Niederlage schmerze den Gemeinderat nicht in erster Linie, weil es bei seiner eigenen Gehaltsabrechnung im kommenden Jahr keine Anpassung nach oben geben werde, sagte Barbara Hayoz, Direktorin für Finanzen, Personal und Informatik: «Viel wichtiger ist, dass mit dem Verdikt die Rekrutierungsschwierigkeiten der Stadt bei der Besetzung offener Verwaltungsstellen nicht behoben werden können.» Der Gemeinderat erwartet ausserdem, dass unter den aktuellen Bedingungen auch in Zukunft vermehrt Mitarbeitende die Stadtverwaltung verlassen, weil sie von der besser zahlenden Konkurrenz wie Bund, Kanton und Privatwirtschaft abgeworben werden.
Gemeinderat und Stadtrat haben es abgelehnt, die Fragen nach dem Lohn für die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte und jenem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu trennen. Ob eine Trennung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, sei schwer zu sagen, so Barbara Hayoz: «Der Gemeinderat steht aber nach wie vor hinter seiner Haltung, dass die Mitglieder des Gemeinderats als oberste Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger etwas mehr verdienen sollten als die am besten bezahlte Mitarbeiterin oder der am besten bezahlte Mitarbeiter. Wer die Verantwortung trägt, soll dafür entschädigt werden.»
Stöckacker Süd: Ja zu einem Pionierprojekt
Der «Kredit Stöckacker Süd» fand eine Zustimmung von 75.8 Prozent (22‘735 Ja / 7258 Nein). Damit wird ein Pionierprojekt bezüglich Energieeffizienz sowie ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nachhaltigkeit ermöglicht. «Der Entscheid der Stimmberechtigten ist eine Bestätigung für die städtische Wohnbaupolitik, die zusätzlichen Wohnraum für alle sozialen Schichten schaffen will», sagte Barbara Hayoz. Geplant ist der Bau einer vorbildlichen urbanen Siedlung mit total 146 Mietwohnungen für Familien, Singles sowie Seniorinnen und Senioren in unterschiedlichen Ausgestaltungen und Preislagen.
Areal Warmbächliweg: Platz für 250 Wohnungen
Die Vorlage «Entwicklung Perimeter ZPP Warmbächliweg-Güterstrasse» erreichte einen Ja-Stimmen-Anteil von 85.1 Prozent (25‘573 Ja / 4491 Nein). Damit können auf dem Areal Warmbächliweg insgesamt 40 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche realisiert werden. Davon sind mindestens 32 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche fürs Wohnen reserviert – Platz für etwa 250 Wohnungen mit rund 600 Bewohnerinnen und Bewohnern. «Der Entscheid der Stimmberechtigten bietet Gewähr, dass auf dem Areal Warmbächliweg eine ökologische Überbauung realisiert wird, die sich an den Zielsetzungen der 2000-Watt Gesellschaft orientiert», sagte Stadtpräsident Alexander Tschäppät. Der Gemeinderat sei zuversichtlich, dass mit dem vorgesehenen Ideenwettbewerb und mit den darauf folgenden Projektwettbewerben eine Überbauung realisiert wird, die städtebauliche Identität schaffen werde.
Fellerstrasse: Vom Industriegebäude zum Dienstleistungszentrum
Mit der Annahme des Zonenplans Fellerstrasse 21 (89.2 Prozent Ja-Stimmen; 26‘841 Ja / 3259 Nein) wird die Voraussetzungen für den Vollausbau der Liegenschaft und die weitere Zentralisierung des Bundesamtes für Bauten und Logistik geschaffen. «Die zweite Ausbauetappe ermöglicht die Schaffung weiterer Arbeitsplätze in der Bundesverwaltung. Damit bleiben sichere Arbeitsplätze in der Stadt erhalten», sagte Stadtpräsident Alexander Tschäppät. Die geplante Umzonung der Parzelle Fellerstrasse liege aber auch im Interesse der Stadt Bern, weil sie grundsätzlich das gesamte Areal rund um den Bahnhof Bümpliz Nord neu ausrichten und aufwerten. Aus diesem Grund strebt sie eine Erweiterung der bereits vorhandenen Dienstleistungszone entlang der Bahnlinie Bern-Neuenburg an. «Die Umzonung der Parzelle Fellerstrasse 21 ist ein weiterer Schritt auf diesem Weg», so der Stadtpräsident.
Klares Ja zur Sanierung der Marktgasse
Die Stimmberechtigten genehmigten den «Gesamtkredit Sanierung Marktgasse» mit 84.2 Prozent Ja-Stimmen (25‘975 Ja / 4872 Nein). «Das deutliche Ja zur Sanierung der Marktgasse zeigt, dass ihr eine schöne Altstadt mit gepflästerten Gassen und ein gut funktionierendes öV-Netz viel bedeuten. Sie ist stolz auf das Uesco-Weltkulturerbe und will zu diesem Sorge tragen», sagte Regula Rytz, Direktorin für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Nach der Fertigstellung der Marktgasse sind in der Oberen und Unteren Altstadt – inklusive Bahnhofplatz – alle neuralgischen Plätze und Strassen saniert. «Einzig der Bären- und der Waisenhausplatz fehlen noch, aber auch da sind wir dran», so Regula Rytz.
Die Stadt werde weiterhin bemüht sein, die Anwohnenden, die Gewerbetreibenden und überhaupt die gesamte Berner Bevölkerung rechtzeitig über alle Schritte in diesem Projekt zu informieren. Noch in diesem Jahr findet eine Infoveranstaltung statt. Im Januar 2013 beginnen die Vorarbeiten. Die Intensivbauphase in der Markt- und der Spitalgasse dauert dann vom 6. April bis zum 14. September 2013. In dieser Zeit fährt das Tram nicht. Die Intensivbauphase in der Waaghausgasse und im Käfiggässchen dauert bis Ende November 2013. «Natürlich ist eine mehrmonatige Grossbaustelle im Herzen Berns etwas Unangenehmes, aber sie ist für eine gute Sache», sagte Regula Rytz. Sie sei sicher, dass die Bernerinnen und Berner mit ihrer ureigenen gelassenen Art diese Bauzeit gut überstehen und sich dann umso mehr an der strahlend neuen Marktgasse erfreuen werden.
Agglomerationspolitik gestärkt
Die beiden Vorlagen des Stadtrats «Agglomerationskommission: Umwandlung in eine ständige Kommission» und «Zuständigkeit Behördenreferendum und -initiativen in der Regionalkonferenz» sind mit 71.5 Prozent Ja-Stimmen (20‘032 Ja / 7974 Nein) bzw. 74.7 Prozent Ja-Stimmen (20‘452 Ja / 6914 Nein) angenommen worden. Stadtratspräsidentin Ursula Marti ist froh über diesen deutlichen Entscheid: «Mit der Bildung einer ständigen Kommission wird die Agglomerationspolitik der Stadt Bern insgesamt gestärkt», sagte sie. Eine wichtige Aufgabe der Agglomerationskommission sei die Kontaktpflege über die Gemeindegrenzen hinweg.
Mit der neu geregelten Zuständigkeit bei Behördenreferendum und -initiativen in der Regionalkonferenz werden dem Stadtrat neue Kompetenzen übertragen. Damit werde der Stadtrat ein Stück weit in die Arbeit der Regionalkonferenz eingebunden, so Ursula Marti: «Das Vetorecht des Stadtrats bedeutet auch eine Verpflichtung, nämlich die Entscheide der Regionalkonferenz genau mitzuverfolgen und zu überprüfen.»
Resultate unter: https://www.bern.ch/stadtverwaltung/stadtkanzlei/abstimmungen