Gemeinderat will städtische Renten langfristig sichern
Mit der Totalrevision des städtischen Personalvorsorgereglements will der Gemeinderat systembedingte Finanzierungslücken schliessen und die städtischen Renten langfristig sichern. Die dafür nötigen Massnahmen werden durch Arbeitgebende und Arbeitnehmende solidarisch getragen. Die Revision berücksichtigt revidierte Vorschriften auf Bundesebene und schafft Mög-lichkeiten für eine Rentenflexibilisierung. Den Entwurf schickt der Gemeinderat nun in die Vernehmlassung.
Das heutige Reglement über die Personalvorsorgekasse der Stadt Bern ist seit dem 26. April 1990 in Kraft. Seither war die berufliche Vorsorge in der Schweiz einem steten Wandel unterworfen. Um die Finanzierung der städtischen Renten längerfristig zu sichern und verschiedene Gesetzesänderungen auf eidgenössischer Ebene umzusetzen, hat der Gemeinderat eine Totalrevision des städtischen Personalvorsorgereglements erarbeitet, die er nun bei politischen Parteien und Personalverbänden in die Vernehmlassung schickt.
Rentenfinanzierung sicherstellen
Ein zentrales Anliegen der Totalrevision ist die Schliessung von systembedingten Finanzierungslücken. Sämtliche Leistungen der Personalvorsorgekasse sollen neu solidarisch durch Arbeitgebende und Arbeitnehmende vollständig finanziert werden. Mit geeigneten Massnahmen wird die längerfristige finanzielle Stabilität der städtischen Vorsorgeeinrichtung gewährleistet. Dies erfordert auch einen entsprechenden Beitrag der städtischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. So werden unter anderem die grosszügigen und nicht vollständig finanzierten Leistungen bei einem vorzeitigen Altersrücktritt vor dem 63. Altersjahr kostengerecht reduziert. Die kollektiv vorfinanzierte AHV-Überbrückungsrente kann nicht mehr ab Alter 58, sondern maximal drei Jahre vor dem ordentlichen AHV-Alter bezogen werden. Liegt die Beitragsdauer unter zehn Jahren, wird die Überbrückungsrente proportional gekürzt. Im Gegenzug beteiligen sich die Arbeitgebenden künftig neu über die ordentlichen Beiträge an der Finanzierung der vorfinanzierten AHV-Überbrückungsrente. Neu sollen nicht nur bei individuellen oder generellen Lohnanpassungen, sondern auch bei teuerungsbedingten Lohnerhöhungen Lohnerhöhungsnachzahlungen geleistet werden. Die Arbeitgebenden übernehmen rund drei Viertel, die Arbeitnehmenden ein Viertel der Einkaufskosten.
Beibehaltung des Leistungsprimats und Umsetzung der BVG Revision
Bereits im Herbst 2008 hatte der Gemeinderat entschieden, einen Wechsel ins Beitragsprimat nicht weiterzuverfolgen. Um die fortschrittlichen Pensionskassenleistungen beizubehalten und gewisse Besitzstandsgarantien sicherzustellen, müsste die Stadt voraussichtlich einen dreistelligen Millionenbetrag aufwenden. Wie bisher soll für die städtischen Renten daher das Leistungsprimat gelten. Auch das Leistungsziel, dass die Versicherten ab dem 63. Lebensjahr 61,2 Prozent des zuletzt versicherten Lohnes erhalten, bleibt bestehen. Neu wird jedoch dieses Ziel nach 38 Versicherungsjahren erreicht, weil der Sparprozess für Altersleistungen bereits im Alter von 25 und nicht wie bisher im Alter von 27 Altersjahren beginnt. Dem BVG entsprechend werden die Beiträge an die berufliche Vorsorge zukünftig altersabhängig gestaffelt, was zu einer Entlastung jüngerer Versicherter führt. Soweit dies die jeweiligen Anstellungsreglemente oder Arbeitsvertragsbestimmungen vorsehen, können Versicherte die berufliche Vorsorge bis zum 65. Lebensjahr im Leistungsprimat weiterführen. Neu ist mit Einverständnis der Arbeitgebenden ein Weiterführen der Versicherung – und zwar im Beitragsprimat – bis zum 70. Lebensjahr möglich.
Gemäss der neusten Revision des BVG müssen öffentlich-rechtliche Vorsorgekassen eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweisen, wozu rechtliche, organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit nötig ist. Die Personalvorsorgekasse wird deshalb auch organisatorisch aus der Stadtverwaltung herausgelöst. Das heutige Reglement kann mit der Revision schlanker gefasst werden.
Kosten für die Stadt
Die Gesamtbelastung für die Stadt, die übrigen Arbeitgebenden, aber auch die Versicherten wird künftig verstärkt von der Lohnentwicklung bei den Versicherten abhängen. Bei einem Reallohnwachstum von einem Prozent fällt für die Stadt Bern eine jährliche Mehrbelastung gegenüber heute von mindestens 560 000 Franken an. Eine teuerungsbedingte Lohnerhöhung von einem Prozent löst neu für die Stadt zusätzliche Kosten von 2,7 Millionen Franken aus. Den höheren Beiträgen durch die Stadt als Arbeitgeberin steht der Wegfall der Defizitgarantie des Fonds zur Deckung der AHV-Überbrückungsrenten gegenüber. Wird die Defizitdeckungsgarantie als feste Leistung betrachtet, ergibt sich für die Stadt bei der in den letzten Jahren tiefen Teuerungsentwicklung sogar eine jährliche Entlastung bei den Kosten für die Personalvorsorge von über einer halben Million Franken.
Stadtratsentscheid und fakultatives Referendum
Der Gemeinderat gibt die Totalrevision des Pensionskassenreglements bei den politischen Parteien und bei den Personalverbänden in die Vernehmlassung. Die Vernehmlassungsfrist wird rund drei Monate betragen. Nach Auswertung der Stellungnahmen und Beschlussfassung durch den Gemeinderat wird das Geschäft dem Stadtparlament vorgelegt werden. Der Entscheid des Stadtrats unterliegt dem fakultativen Referendum.
Die Personalvorsorgekasse der Stadt Bern
Die Personalvorsorgekasse der Stadt Bern ist eine selbständige öffentlich-rechtliche Anstalt. Sie versichert sämtliche Angestellten der Stadtverwaltung und das Personal stadtnaher Organisationen wie Energie Wasser Bern, Bernmobil und Stadtbauten Bern im Rahmen der beruflichen Vorsorge (2. Säule). Per 31. Dezember 2010 wies die Personalvorsorgekasse bei einem Vermögen von 1,77 Milliarden Franken einen Deckungsbeitrag (Verhältnis von vorhandenem Vorsorgevermögen zu den Verpflichtungen) von 95,3 Prozent auf. Sie umfasst total rund 5100 aktive Versicherte und 3700 Rentenberechtigte.
Gemeinderat verzichtet auf Weiterzug der Beschwerde
Der Gemeinderat verzichtet darauf, die gutgeheissene Beschwerde der Personalverbände sowie weiterer Personen gegen die Aufhebung der Altergrenze von 63 Jahren für städtische Angestellte weiterzuziehen. Das Urteil des Regierungsstatthalters vom 17. Februar 2011 sei stringent, rechtlich sorgfältig begründet und entspreche auch der Haltung der Stadtregierung. Es sei davon auszugehen, dass der Entscheid auch von den höheren Instanzen geschützt würde, so der Gemeinderat. Die Aufhebung der Altersgrenze war im Sommer 2010 gegen den Willen der Personalverbände und des Gemeinderates vom Stadtrat beschlossen worden. Der Regierungsstatthalter begründete seinen Entscheid zur Beschwerde damit, dass der Stadtrat das Geschäft nicht ordentlich traktandiert hatte und die Personalverbände vorher nicht einbezogen worden waren. Zudem widerspreche das vom Stadtrat festgelegte unterschiedliche Rücktrittsalter für Männer und Frauen der Bundesverfassung. Der Gemeinderat, der die Beschwerde im Namen des Stadtrats geführt hatte, ist gemäss Gemeindeordnung zuständig für den Beschluss über den Weiterzugs des Beschwerdeentscheids.
Downloads
Titel | Bearbeitet | Grösse |
---|---|---|
Urteil Regierungsstatthalter (PDF, 1.4 MB) | 07.12.2017 | 1.4 MB |