Klimaschutz versus Baukultur?
Die Klimaerwärmung ist in aller Munde. Gerade im Baubereich wird die Forderung nach energieeffizienten Gegenmassnahmen immer lauter erhoben. Zum Beispiel sollen energetische Verbesserungen wie die Installation von Solaranlagen von der Baubewilligungspflicht befreit werden. Was bedeutet dies für unsere Städte? Wie weit wird dadurch der Anspruch auf architektonische Qualität geschmälert? Geht damit unser Respekt vor Baudenkmälern verloren? Darüber diskutieren die Teilnehmer eines von der Denkmalpflege der Stadt Bern organisierten Podiums im Kornhausforum Bern.
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht weitere Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Hochbau gefordert werden. Dabei rückt einmal mehr die Denkmalpflege in den Fokus von Politik und Öffentlichkeit. Obwohl sich die Denkmalpflege nur mit einem relativ kleinen Teil von inventarisierten Bauten beschäftigt, exponiert sie sich stark mit Auflagen und Forderungen bei der Umsetzung von energetischen Sanierungen. Als Anwältin wertvoller Bausubstanz kann sie einen Wildwuchs bei Aussendämmungen und Solaranlagen nicht gutheissen. In der Diskussion geht oft vergessen, dass unsere Städte und Dörfer vorwiegend aus Bauten bestehen, denen keine denkmalpflegerische Bedeutung zukommt, die aber dennoch das Bild unserer Lebenswelt prägen. Dürfen wir hier weiterhin architektonische Qualität einfordern oder gebietet es die Dringlichkeit der Situation, die Baukultur der Energieeffizienz zu opfern?
Auch Architekten und Städtebauer gefordert
Baukultur ist nicht allein Sache der Denkmalpflege und beschränkt sich nicht auf Altbausubstanz. Auch Architektinnen und Städtebauer sind mit dem zunehmenden Einfluss energietechnischer Überlegungen konfrontiert: Kompakte Gebäudevolumen, geringe Fenstergrössen und der faktische Zwang zur Aussenisolation werden das Bild künftiger Bauten prägen. Gehören grosse Fensterfronten der Vergangenheit an, muss Wohnqualität zusammen mit denkmalpflegerischen Anliegen zwingend hinter der Energieeffizienz zurückstehen?
Komplexe Zusammenhänge
Innovation geschieht indessen nicht ohne Anreize. Nur strenge Auflagen von Seiten des Klimaschutzes und der Denkmalpflege führen zur Entwicklung neuer Techniken und Materialien. Bei der Fokussierung der Förderungsprogramme auf Massnahmen im Altbaubereich geht zudem oft vergessen, dass die Altbausanierung nur ein Mittel von vielen ist, die ehrgeizigen Energiesparziele zu erreichen. Ebenso relevant wäre eine nachhaltige Raumplanung, die auf die Stärkung der Zentrumsfunktionen und auf Verdichtung setzt und damit den Betrieb einer aufwändigen Infrastruktur (Strassen, Gas-, Wasser- und Stromversorgung, öffentlicher Verkehr, Pendlerströme) überflüssig machen würde. Ebenfalls vergessen geht die graue Energie, die teils in beachtlicher Menge genau in baulichen Massnahmen zur energetischen Sanierung steckt.
Trotz aller Differenzen: Umwelt- und Denkmalschutz sind im Grunde verwandte Disziplinen. Beide schützen und erhalten Ressourcen, seien dies wertvolle Bauten oder eine intakte Umwelt. In diesem Sinne ist es der Denkmalpflege der Stadt Bern ein Anliegen, die Diskussion zu versachlichen. Alternative Szenarien müssen erwogen werden, ein differenzierter Umgang mit unserer Baukultur muss weiterhin möglich bleiben.
Diskussion mit der Denkmalpflege
Diese und anderen Fragen will die Denkmalpflege der Stadt Bern im Rahmen einer Podiumsdiskussion diskutieren. Diese findet am Montag, 30. November, um 18:30 Uhr im Stadtsaal des Kornhausforums statt. Eröffnet wird die öffentliche Veranstaltung mit einem Kurzreferat von Stadtpräsident Alexander Tschäppät. An der anschliessenden Diskussion nehmen teil:
- Mark Werren (Architekt ETH/SIA, Partner GWJ Architekten Bern)
- Josef Jenni (Jenni Energietechnik, Solartechnikunternehmung in Oberburg)
- Dr. Michael Aebersold (Stadtrat Bern und Sektionschef Bundesamt für Energie)
- Dr. Jean-Daniel Gross (Denkmalpfleger der Stadt Bern)
Moderation: Bernhard Giger, Leiter Kornhausforum