Länggasse-Felsenau: Pilotprojekt „Quartierpräsenz“ erfolgreich gestartet
Die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie hat im Rahmen der Sicherheitsagenda 2008 im Stadtteil Länggasse-Felsenau das Pilotprojekt "Quartierpräsenz" lanciert. Erste Abklärungen sind bereits erfolgt.
Mit dem Systemwechsel Stadtpolizei/Kantonspolizei wurden die operativen Zuständigkeiten von der Stadt auf den Kanton Bern übertragen. Seither konzentriert sich die Sicherheitspolitik der Stadt Bern auf strategische Vorgaben und die Ausgestaltung von Rahmenbedingungen für eine optimale Sicherheit. In diesem Zusammenhang stellte Gemeinderat Stephan Hügli anfangs Jahr die Sicherheitsagenda 2008 vor, welche unter dem Titel «Quartierpräsenz» gezielte Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in den Quartieren anstrebt.
Ein entsprechendes Pilotprojekt wurde im Stadtteil Länggasse-Felsenau gestartet. Mit diesem Pilotprojekt will die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie die objektive und subjektive Sicherheitslage im Stadtteil Länggasse-Felsenau erfassen und analysieren, um darauf aufbauend geeignete Massnahmen umsetzen zu können.
Kernstück des Projektes ist die enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt, der Kantonspolizei Bern und Vertreterinnen und Vertretern des Quartiers Länggasse-Felsenau. Dank des direkten Kontaktes wird nicht nur der Dialog zwischen Stadt, Sicherheitsbehörden und Bürgerinnen und Bürgern gefördert, sondern es kann auch gezielt auf die spezifischen Sicherheitsanliegen der Quartierbevölkerung eingegangen werden. Die daraus entwickelten Massnahmen werden von allen Beteiligten geprüft und gemeinsam umgesetzt – dies ganz im Sinne des «Community Policing“: Bei diesem Ansatz werden Polizei- und Quartierarbeit miteinander vernetzt und Lösungen für Probleme kooperativ erarbeitet.
Analyse der Sicherheitssituation lässt Trendaussagen zu
Die Situationsanalyse zur subjektiven und objektiven Sicherheit im Quartier Länggasse-Felsenau stützt sich auf eine Auswertung statistischer Daten, eine Befragung der Kantonspolizei im Stadtteil sowie auf die Einschätzung der ins Projekt einbezogenen Vertreter des Quartiers, darunter Mitglieder der Universität Bern sowie von Quartierleisten und -kommissionen. Dabei erheben weder die statistische Datenauswertung noch die Befragung den Anspruch, repräsentativ zu sein - sie erlauben aber generelle Aussagen.
Da bislang keine spezifisch auf die Stadtteile bezogenen Sicherheitsstatistiken bestehen (Analysezeitraum Januar 2006 – Juni 2008), wurden die Daten aus der gesamtstädtischen Kriminalitätsstatistik herausgefiltert. In der Auswertung ergaben sich Einschränkungen bei der Abgrenzung, weil die städtischen Daten im Sommer 2007 neu nach kantonalen Erfassungsrichtlinien erhoben wurden, was teilweise zu unterschiedlichen Begrifflichkeiten führte. Bei der Umfrage der Kantonspolizei am 14. August 2008 wurden insgesamt 326 Personen zur Sicherheit im Quartier befragt.
Raub- und Betäubungsmitteldelikte an erster Stelle
Trotz den aufgezeigten Grenzen der Sicherheitsanalyse werden gewisse Trends sichtbar. So ist die Kriminalitätsbelastung im Stadtteil Länggasse-Felsenau nicht auffällig. Bei den Sexualdelikten weist das Quartier den tiefsten Wert in der Stadt Bern auf. Die Sachbeschädigungen halten sich ebenfalls auf einem vergleichsweise tiefen Niveau. Zu kämpfen hat das Quartier besonders mit Raub- und Betäubungsmitteldelikten. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die meisten dieser Delikte der Grossen Schanze und dem Gebiet der Schützenmatte zuzuordnen sind.
Mehrheitlich gutes Sicherheitsempfinden - mit Ausnahme der Grossen Schanze
Die Mehrheit der Befragten (84 Prozent) fühlt sich im Stadtteil Länggasse-Felsenau «sicher» oder «eher sicher». Am meisten stört die Situation auf der Grossen Schanze (23 Prozent), dicht gefolgt von Belästigungen durch Verkehr und Baustellen (22 Prozent). Am Abend bzw. in der Nacht wird die Grosse Schanze von vielen Befragten (41 Prozent) gemieden. In der Felsenau und auf der Engehalbinsel wird die Grosse Schanze allerdings nicht als Problem genannt. Dies bestätigt die Annahme, dass die lokale Sicherheit bzw. das subjektive Sicherheitsempfinden sehr unterschiedlich sein kann und damit unterschiedliche Lösungen gefragt sind. 58 Prozent der Befragten gaben an, keinen Handlungsbedarf im Bereich Sicherheit zu sehen. Dazu passt, dass 60 Prozent keine Lösungsvorschläge haben und 35 Prozent generell mehr Polizeipräsenz wünschen. Auf die Frage: «Was tragen Sie selbst zu Ihrer persönlichen Sicherheit bei“‚ antworteten 61 Prozent mit «Nichts», 17 Prozent wenden technische Massnahmen an (Einbruchssicherungen, etc.), 16 Prozent sind nicht alleine unterwegs, 15 Prozent meiden bestimmte Orte und 13 Prozent tragen einen Pfefferspray auf sich.
Konkretisierung der Sicherheitsprobleme
Die Einschätzung seitens der Quartiervertretungen machte konkrete Sicherheitsbedürfnisse deutlich und bildete die Grundlage zur Diskussion möglicher Lösungen. Die Palette der wahrgenommenen Probleme reicht von ungenügender Beleuchtung einzelner Quartierabschnitte über gefährliche Verkehrssituationen, Belästigung durch Lärm und Littering bis hin zu Sachbeschädigungen und Einbruchdiebstählen. Die angesprochenen Problemfelder zeigen, dass das subjektive Sicherheitsempfinden nicht allein von der objektiven Gefahrenlage abhängt, sondern durch einen Mix verschiedenster, teilweise emotionaler Faktoren entsteht – wie zum Beispiel eine als zu schwach empfundene Strassenbeleuchtung oder Unordnung durch herumliegenden Müll.
Vertiefte Abklärungen in den Bereichen Beleuchtung, Schulwegsicherung und Verkehrsbelastung wurden bereits vorgenommen. Spezifische Massnahmen sollen bezüglich der Situation auf der Grossen Schanze geprüft werden. Es ist geplant, dass die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie hier im Anschluss an eine vertiefte Analyse im 2009 ein separates Teilprojekt durchführen wird.
Pilotprojekt wird ausgewertet
Das Pilotprojekt «Quartierpräsenz“ wird im Zeitraum 2009/2010 (je nach Stand der Umsetzung der Massnahmen) ausgewertet. Sollte es positive Auswirkungen zeigen, ist vorgesehen, dass entsprechende Projekte in anderen Stadtteilen lanciert werden.
«Quartierpräsenz»: Ein Projekt im Geiste des Community Policing
Vernetzung von Polizei- und Quartierarbeit: Das Projekt «Quartierpräsenz» baut auf der Philosophie des «Community Policing» (Gemeinsam für Sicherheit) auf. Im Vordergrund steht die von Staat und Privaten getragene gemeinsame Lösung von Sicherheitsproblemen und die aktive Beteiligung von Betroffenen an der Verbesserung ihres Sicherheitsempfindens. Im Projekt «Quartierpräsenz“ sollen durch die Vernetzung von Polizei- und Quartierarbeit das Sicherheitsgefühl, die Nachbarschaftshilfe und der Quartiergeist in Fragen der Sicherheit gestärkt werden. Das Projekt baut auf bereits bestehenden Tätigkeiten im Bereich der präventiven und repressiven Sicherheitspolitik der Stadt Bern sowie der Massnahmen der Kantonspolizei auf.
Kriterien für die Auswahl des Pilot-Stadtteils: Für das Pilotprojekt wurde der Stadtteil Länggasse-Felsenau ausgewählt. Dieser Stadtteil umfasst sowohl zentrumsnahe als auch ländliche Teile mit den jeweils spezifischen Sicherheitsproblemen. Deshalb ist er in besonderem Masse für einen Pilotversuch geeignet. Im Zusammenhang mit den anstehenden Verkehrsmassnahmen in der Länggasse können Sicherheitsfragen rechtzeitig und proaktiv angegangen werden. Die Auswahl des Stadtteils Länggasse-Felsenau trägt auch den Schwerpunktproblemen rund um die Grosse Schanze sowie den Ergebnissen aus dem Bericht «Lebensqualität 2007“ Rechnung.
Die Projekt-Partner: Im Projekt arbeitet die Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie eng mit dem Leist der Engehalbinsel, dem Länggass-Leist, der Quartierkommission Länggasse-Felsenau, der Universität Bern sowie der Kantonspolizei zusammen. Weitere stadtinterne und -externe Partnerschaften ergeben sich aufgrund der näheren Analyse und Umsetzung von Sicherheitsmassnahmen.