125 Jahre Kühlewil: Heute ein Ort mit hoher Pflegequalität
Zum Anlass des 125-Jahr-Jubiläums des Alters- und Pflegeheims Kühlewil hat der Historische Verein des Kantons Bern das Buch «Kühlewil 1892–2017. Die Geschichte einer sozialen Institution der Stadt Bern» herausgegeben. Mit dem laufenden Umbau des Hauptgebäudes und einer Öffnung des Alters- und Pflegeheims Kühlewil für Spaziergängerinnen und Ausflügler will die Heimleitung den Betrieb künftig noch besser verankern.
Im Sommer 2017 feiert das Alters- und Pflegeheim Kühlewil sein 125-Jahr-Jubiläum. Zu diesem Anlass hat die Historikerin Anna Bähler im Auftrag des Alters- und Pflegeheims Kühlewil ein Buch über die Geschichte dieser wichtigen Institution verfasst. Der vom Historischen Verein des Kantons Bern beim Verlag hier+jetzt veröffentlichte Band (Anna Bähler, Kühlewil 1892–2017. Die Geschichte einer sozialen Institution der Stadt Bern, Baden 2017) ist in diesen Tagen erschienen. Die attraktiv bebilderte Darstellung folgt einem sozialgeschichtlichen Ansatz und umfasst neben der Geschichte der Institution insbesondere auch Kapitel zur Lage der Bewohnerinnen und der Bewohner sowie zur Entwicklung der Krankenpflege.
Erbaut im «Anstaltsjahrhundert»
Nachdem die städtischen Behörden im Jahr 1889 den Grundsatzentscheid für die Errichtung einer Armenanstalt getroffen hatten, beschloss die Stimmbevölkerung noch im Jahr 1890 den Bau der Institution. Bereits im Sommer 1892 konnte Kühlewil eröffnet werden; die damalige Anstalt bot Platz für 370 Personen. Eindrücklich leuchtet die Autorin aus, wie sich die Errichtung der Armenanstalt in den sozialpolitischen Kontext des späten 19. Jahrhunderts einbettet – eines Jahrhunderts, das angesichts des forcierten Baus von sogenannten Rettungs- und Erziehungsanstalten für Kinder, Irrenanstalten, Korrektionshäusern, Zucht- und Armenverpflegungsanstalten auch als «Anstaltsjahrhundert» bezeichnet wurde. Die Armenanstalten dienten nicht nur der Versorgung von Bedürftigen, sondern in ihnen brachten die Armenbehörden auch Personen unter, die in der Öffentlichkeit störten, weil sie aus Not bettelten, stahlen, sich prostituierten oder alkoholsüchtig waren. Auch in Kühlewil kam es bis in die 1960er Jahre zu Einweisungen durch die städtischen Fürsorgebehörden.
Erfolgreicher Veränderungsprozess
Ab 1960 veränderte sich die Funktion der Anstalt: Die Anzahl der verarmten und in der Öffentlichkeit störenden Bewohnerinnen und Bewohner nahm ab – jene der alten und gebrechlichen Bewohnenden zu. Dieser Wandel widerspiegelt sich auch in der Namensgebung: Ab 1960 hiess die frühere Armenanstalt neu Fürsorgeheim, und ab dem Jahr 1975 Alters- und Pflegeheim. «Durch die Modernisierung und Professionalisierung des Betriebs, vor allem aber auch dank dem grossen Engagement der Heimleitungen und der Mitarbeitenden gelang es Kühlewil im Lauf der letzten dreissig Jahre, das Image der Armenanstalt nach und nach abzustreifen», stellt die Historikerin Bähler fest. Durch seine Geschichte, seine Lage und Grösse besitze Kühlewil ein einzigartiges Profil, das offen für ältere Menschen aus allen Bevölkerungs- und Altersschichten sei.
2017: Kühlewil an der Schwelle zu einer neuen Ära
Pierre Steiner, Leiter des Alters- und Pflegeheims Kühlewil, verhehlte anlässlich der Präsentation des Buches nicht, dass das dem Betrieb während längerer Zeit anhaftende Image als Armenanstalt auch als Last empfunden worden ist. Heute stehen jedoch Freude und Stolz im Zentrum. Stolz einerseits angesichts der herausragenden Rolle von Kühlewil bei der Entwicklung der städtischen Sozialpolitik. Stolz aber auch deshalb, weil das Alters- und Pflegeheim Kühlewil beim Prozess hin zu einem modernen, attraktiven und zukunftsfähigen Betrieb erfolgreich voranschreite.
In diesen Tagen wurde im Alters- und Pflegeheim Kühlewil die Sanierung des Südflügels des Hauptgebäudes abgeschlossen. In den nächsten drei Jahren stehen die Erneuerung des Mitteltrakts und des Nordflügels des Hauptgebäudes an. Neben der baulichen Entwicklung liegt Heimleiter Pierre Steiner auch die Öffnung des Betriebs am Herzen. Die landschaftliche Lage und die günstigen klimatischen Bedingungen mit vielen nebelfreien Tagen im Winterhalbjahr machen Kühlewil zu einem vielbesuchten Ausflugsziel; der Jakobsweg und der Gürbetaler Höhenweg führen direkt am Alters- und Pflegeheim vorbei. «Mit einer Öffnung des Restaurants und einer entsprechenden Umgebungsgestaltung wollen wir Kühlewil für die Allgemeinheit einladend und zugänglich machen», so Pierre Steiner.
Hochwertige Pflegequalität – bereicherndes Zusammenleben
Kühlewil hat eine lange Tradition, auch Menschen zu pflegen, die aufgrund ihrer Biografien oder ihres spezifischen Betreuungsbedarfs von anderen Institutionen nicht aufgenommen werden. Mit seinen integrativen Wohngruppen kommt Kühlewil dieser anspruchsvollen Aufgabe erfolgreich nach. Urs Stoll, Co-Leiter des Pflegedienstes und stellvertretender Heimleiter, ist deshalb glücklich, dass die Qualität des Zusammenlebens im Alters- und Pflegeheim Kühlewil in einer Bewohnerbefragung als weit überdurchschnittlich gut beurteilt wurde. Für Urs Stoll ist klar: «Die hohe Pflegequalität, das breite Beschäftigungs- und Therapieangebot und das bereichernde Zusammenleben mit unterschiedlichsten Menschen in einem Ensemble mit Dorfcharakter ist einer der Erfolgsfaktoren von Kühlewil.»